In Liebe und Tod
Getränken ködern ließ. Ihr gegenüber konnte sie vollkommen direkt und ehrlich sein.
Das Büro von Lieutenant Smith war wie fast alle anderen größer als ihr eigenes, merkte Eve, und verfügte nicht nur über zwei halbwegs bequeme Stühle für Besucher, sondern auch über einen, wie es aussah, nagelneuen Schreibtisch aus gebürstetem Stahl.
Auf dem Schreibtisch fanden sich das normale Daten-und Kommunikationszentrum, ein Stapel Akten sowie das gerahmte Foto zweier Teenager - eines Mädchens und eines Jungen -, bei denen es sich um Smiths Kinder zu handeln schien.
Sie trat vor ihren Auto-Chef, bestellte einen Becher Tee, der so dunkel war, dass er wie Kaffee aussah, wies auf einen Stuhl und nahm statt hinter ihrem Schreibtisch selbst in dem zweiten Besuchersessel Platz.
»Also, worum geht’s? Haben Sie jemanden verloren?«
»So sieht es zumindest aus. Und Sie müssen mir in dieser Angelegenheit bitte einen großen Gefallen tun.«
»Wenn Sie wollen, dass ich eine vermisste Person ganz oben auf die Liste setze - kein Problem.« Sie stand auf, zog eine Schublade des Schreibtischs auf und griff nach einem Notizblock und einem Aufnahmegerät, doch Eve schüttelte den Kopf.
»Darum geht es nicht. Lassen Sie mich Ihnen die Situation erklären.« Eve erzählte Smith, was ihrer Meinung nach geschehen war.
»Sie gehen von einer Entführung aus, und das könnte tatsächlich eine sein. Aber Sie haben eine schwangere Frau ohne Partner, ohne bekannte Verwandte, die zudem noch eine Ausländerin ist. Da sind sicher ganz schön viele Emotionen im Spiel. Vielleicht ist sie auch einfach durchgedreht und hat sich aus dem Staub gemacht.«
»Wäre möglich, ja. Nur ist die Sache die, dass niemand, der sie kennt, sich das vorstellen kann.«
»Aber Sie kennen sie nicht. Oder zumindest nicht richtig«, stellte Smith zutreffend fest.
»Nein. Aber ich bin ihr zweimal begegnet und würde sie nicht wie jemanden einschätzen, der einfach verduftet oder auch nur ein paar Tage Urlaub macht, ohne einem Menschen was zu sagen, ohne wenigstens ein paar von seinen Sachen mitzunehmen. Zumal sie ohne abzusagen eine Einladung versäumt hat, auf die sie sich total gefreut zu haben scheint.«
»Sie sagen, Sie hätten ihr Link und ihren Computer überprüft und hätten nichts gefunden, das darauf hingedeutet hätte, dass sie die Absicht hatte zu verreisen oder abzuhauen.« Smith spitzte nachdenklich die Lippen. »Eine Verabredung, die sie nicht eingehalten hat, eine Party, auf der sie nicht erschienen ist - obwohl das Geschenk fertig verpackt auf ihrem Couchtisch liegt. Okay, es sieht tatsächlich so aus, als wäre das ein Fall für uns.«
»Der Zeitpunkt und die Umstände ihres Verschwindens deuten darauf hin, dass am Donnerstag etwas geschehen ist, nachdem sie ihren Arbeitsplatz verlassen hat, bevor sie zu Hause angekommen ist.«
»Darin stimme ich mit Ihnen überein.« Smith lehnte sich zurück und nippte vorsichtig an ihrem dunklen, starken Tee. »Aber Sie wollen nicht, dass ich eine Akte anlege und die Sache weiterverfolge?«
»Diese Freundin von mir, die zweite Schwangere - sie ist völlig fertig, weil Tandy verschwunden ist, und sie ...« Eve atmete hörbar aus. »Okay, sie hat mir das Versprechen abgenommen, der Sache persönlich nachzugehen. Deshalb möchte ich Sie bitten, mir den Fall zu überlassen.«
»Ich habe ganz bestimmt nicht vor, Sie dabei außen vor zu lassen«, meinte sie, als sie Smiths Stirnrunzeln sah. »Und ich wäre für jede Hilfe, die Sie mir geben können, dankbar, aber Mavis ist vollkommen durch den Wind, und sie baut darauf, dass ich mich um die Sache kümmere.«
»Weil sie Sie kennt, während ich und alle anderen aus meiner Abteilung völlig Fremde für sie sind.«
»Ja, genau. Mavis und ich kennen uns schon eine halbe Ewigkeit, und ich will nicht, dass sie sich noch mehr aufregt, als sie es ohnehin schon tut.«
»Wie weit ist sie?«
»Mavis?« Eve raufte sich das Haar. »In zwei Wochen hat sie Termin. Ich habe ihr gesagt, dass ich ihre Freundin suche, und ich bitte Sie, mir dabei zu helfen, dass ich dieses Versprechen halten kann.«
»Diese Mavis ist nicht zufällig Mavis Freestone, die sensationelle Sängerin?«
»Doch.«
»Ich habe eine achtzehnjährige Tochter, die ein Riesenfan von Mavis Freestone ist.«
Eve spürte, wie die Anspannung zwischen ihren Schulterblättern etwas abnahm. »Vielleicht hätte sie ja gerne einen Backstage-Ausweis, wenn Mavis ihren nächsten Auftritt hat. Entweder hier in
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