In Liebe verführt
Giverny.« Er verbeugte sich, dann richtete er sich auf und sah der Kutsche mit gerunzelter Stirn hinterher. Hatte die Dame mehr vor als nur die Befriedigung einer großen Eroberung? Es gab viele Frauen, die glücklich gewesen wären, Napoleon Bonaparte ihrer Trophäensammlung hinzufügen zu können. Der Ruhm war kurz, aber der Triumph nachhaltig. An Madame Giverny war jedoch etwas, das ihn nachdenklich machte. Er konnte nur nicht genau sagen was.
Meg zog den Umhang fest um sich, denn vom Wasser her wehte ein ziemlich frischer Wind. Jetzt war sie sich nur noch eines Gefühls bewusst, einer starken Erregung, die alle Müdigkeit, alle Sorgen verbannte. Sie hatte ihre Rolle perfekt gespielt. Wie die beste Spionin. Ein triumphierendes Lachen kullerte wie eine Sammlung von Bläschen in ihrer Brust, und sie musste sich große Mühe geben, es zu unterdrücken. Sie hatte in den Wochen mit dem Freibeuter gelernt, was die Gefahr bei ihr bewirkte, wie sie sie mit leidenschaftlicher Energie erfüllte, einer brodelnden Begeisterung. Und diesmal war es nicht anders. Sie betrachtete Cosimos Rücken und wünschte, er würde etwas sagen, das ihr erlaubte, wenigstens etwas von ihrem Triumph zum Ausdruck zu bringen. Aber sie wusste, dass er das nicht tun würde, nicht auf einer öffentlichen Straße, selbst wenn niemand in der Nähe war, der sie hätte hören können.
Seit ihrer Ankunft in Toulon hatten sie nur wenig persönlichen Kontakt gehabt. An jenem ersten Abend hatte er ihr einen Stapel kunstvoll gestalteter Visitenkarten zum Unterschreiben mit der Erklärung gegeben, er werde sie bei den prominenten Haushalten der Stadt verteilen. Sie konnte damit rechnen, am nächsten Morgen schon Besuch zu erhalten, denn dank seiner Vorbereitungen und während sie bei Lucille gewartet hatte, waren alle begierig, die mysteriöse Gräfin kennen zu lernen.
Er hatte gewusst, wovon er sprach. Seit dem ersten Tag hatte der Türklopfer kaum noch stillgestanden unter dem Ansturm der zahlreichen Marine- und Armeeoffiziere, deren Frauen und Töchtern und der Frauen der wichtigsten Mitglieder der feinen Gesellschaft von Toulon. Meg hatte zu ihrer Überraschung das Spiel genossen, mit den Männern geflirtet, war freundlich wenn auch etwas distanziert mit ihren Frauen umgegangen und hatte ganz allgemein daran gearbeitet, den Gerüchten von einem leicht zweifelhaften Ruf zuzuarbeiten, die ihrer Ankunft vorausgegangen waren.
Die Einladung von Major Guillaume, ihn zur Soiree seines Brigademajors zu begleiten, war ihre erste wirkliche gesellschaftliche Unternehmung gewesen – und gleichzeitig ihre erste Gelegenheit, Bonaparte zu treffen. Der Abend war ein Erfolg geworden. Nur war sie sich nicht sicher, ob die sehr privaten Fragen des Adjutanten ein gutes Zeichen waren oder nicht. Möglicherweise war es einfach Routine, Nachforschungen anzustellen, wenn Bonaparte Interesse an einer Frau zum Ausdruck brachte. Es war aber ebenfalls möglich, dass etwas an ihrem Verhalten den Verdacht des Colonels erregt hatte. Doch Meg konnte sich nicht vorstellen, wie das möglich sein sollte. Sie hatte absolut nichts falsch gemacht.
Sie hielten vor dem Haus bei der Kirche St. Maria, und Cosimo sprang vom Bock, um mit Schwung den Schlag für seine Herrin zu öffnen. Sie murmelte ein Dankeschön und schaute für einen Moment zu ihm auf, ihre Augen glänzend vor Erregung und Triumph. Und für einen Moment verschwand der sonst so ernste und nüchterne Gesichtsausdruck des Haushofmeisters.
»Später«, flüsterte er und trat zur Seite, so dass er die Haustür für sie öffnen konnte.
Sie rauschte an ihm vorüber zur Treppe, wobei sie ein Grinsen unterdrückte. Es fiel ihr immer noch schwer, den grauhaarigen, diskreten Gentleman, der ihren Haushalt wie geölt in Schwung hielt, in Verbindung zu bringen mit dem Kapitän eines Kriegsschiffes, dem Freibeuter, dem Kurier, der manchmal Spion war… dem Attentäter.
Estelle erwartete sie in ihrem Schlafzimmer, hatte ihr Nachthemd herausgelegt, und heißes Wasser dampfte auf dem Toilettentisch. »Wie war Euer Abend, Madame?«
»Ganz angenehm, danke«, sagte sie und gähnte hinter vorgehaltener Hand. »Aber ich habe Kopfschmerzen. Ich möchte gern bald ins Bett.« Sie konnte an nichts anderes denken als daran, dass Cosimo heute Nacht zu ihr kommen würde. Sie setzte sich an den Toilettentisch, um ihren Schmuck abzulegen, wobei vor Hast ihre Finger etwas ungeschickt waren.
»Ja, natürlich, Madame.« Estelle beeilte sich, ihrer
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