In Liebe verführt
waschen, die Ihr letzte Nacht getragen habt, Madam. Aber da es heute ein schöner warmer Tag wird, denke ich, Ihr werdet Euch auch in normaler Kleidung wohl fühlen«, teilte ihr Biggins mit, den Blick nach wie vor diskret vom Bett abgewandt.
»Danke sehr«, gelang es ihr zu sagen. Sie mochte sich zwar nicht vorstellen, wie dieser Seemann mit seinen rauen Händen ihre intimsten Kleidungsstücke wusch, konnte aber nicht leugnen, dass ihr das sehr recht war.
Als sie wieder allein war, stand sie auf, goss sich einen Kaffee ein und setzte sich damit auf die Bank am Fenster. Sie trank ihn dankbar und erfreute sich an der Wärme der Sonne, die durchs Fenster auf ihren Nacken schien. Die Haut hinter dem Ohr am Hals fühlte sich noch empfindlich an, und sie spürte den Schorf. Cosimo hatte Recht gehabt, es war nur ein oberflächlicher Kratzer, der ihr aber dennoch mit der Spitze eines Stiletts beigebracht worden war. Sie schauderte bei der Erinnerung an jene Minute der Panik, als sie gefühlt hatte, wie das Blut heraussickerte.
Ihr Blick richtete sich auf die geschlossene Schublade unter dem Kartentisch. Vermutlich lag das Stilett, von allen Blutflecken gereinigt, wieder dort bei seinen Kumpanen.
Sie stand mit einem Ruck auf, stellte ihre Kaffeetasse fort und ging ins Bad. Wie sollte sie ihre Entfremdung von Cosimo erklären, ohne zuzugeben, dass sie gesehen hatte, was er getan hatte? Sie goss Wasser in das Becken, ließ den Schwamm hineinfallen und erzeugte geistesabwesend Schaum damit. Vielleicht konnte sie einfach behaupten, dass sie nach den Ereignissen der vergangenen Nacht einfach keine Lust mehr auf dieses Abenteuer hatte, dass sie sich selbst, ihre Kraft und ihren Mut, falsch eingeschätzt hatte. Deswegen zöge sie es vor, von jetzt an für sich zu bleiben, bis sie Bordeaux erreichten, von wo aus sie versuchen würde, eine Überfahrtsmöglichkeit nach England zu finden.
Das war plausibel genug. Kein anständiger Mann würde einer Frau widersprechen, die – egal aus welchem Grund – eine Liaison beenden wollte, die eher zufällig angefangen hatte. Trotzdem passte Meg die Erklärung nicht. Abgesehen davon, dass sie bezweifelte, wie glaubwürdig sie ihren plötzlichen Verlust an Leidenschaft erklären konnte, hatte sie sicher genug Kraft und Mut für jede Art von Abenteuer, in dem es nicht um kaltblütigen Mord ging. Doch wenn sie die schwache kleine Frau spielen musste, um aus der Sache herauszukommen, dann würde sie die konsequent spielen.
Sie verteilte das warme Wasser mit dem Schwamm auf sich, und die letzten Verspannungen der unruhigen Nacht verschwanden. Wieder bekleidet, diesmal mit einem gelbbraunen Musselinkleid mit zarten Streublümchen, fing sie an, sich stark genug zu fühlen, dass sie es schaffen würde, nicht noch einmal der verlockenden Nähe des Freibeuters zu erliegen. Sie trank noch einen Kaffee, kämmte ihr Haar und gab sich einen Ruck. Sie konnte es nicht noch länger hinauszögern. Sie verließ die Kajüte.
Das verlockende Aroma von gebratenen Nierchen mit Speck umschwebte ihre Nase, als sie zum Deck hinaufstieg. Als sie hinaus ins Sonnenlicht trat, sah sie Cosimo an dem Tisch sitzen, der wieder auf dem Oberdeck gedeckt worden war. Er hob eine Hand zum Gruß und winkte sie herbei. Gus, der auf der Reling saß, knarrte ein »Gut’n Morgen« und entfaltete seine leuchtend roten Flügel.
»Guten Morgen, Gus«, erwiderte sie die Begrüßung, während sie über das Hauptdeck ging. Die Sonne brachte dunkelrote Lichter in Cosimos Haar hervor, seine meerblauen Augen blinzelten, weil es so hell war, und er wirkte wie die Entspannung in Person. Die schon so vertraute Strömung des Begehrens erfüllte ihre Mitte und prickelte auf der Haut. Er schien genau der Mann zu sein, den Meg vor der vergangenen Nacht gekannt hatte. Und einen Moment lang war sie versucht zu vergessen, was sie gesehen hatte. Aber nur einen kurzen Moment.
Sie stieg aufs Oberdeck und näherte sich dem Tisch, die Hand als Schattenspender über die Augen gehoben. »Was ist mit dem Wetter passiert?« Das war doch eine brauchbar neutrale Begrüßung.
»Es hat einen Purzelbaum gemacht«, sagte er gutgelaunt. »Darf ich dir einen Kaffee einschenken?«
»Ja, bitte.« Sie setzte sich und schüttelte ihre Serviette aus. »Ich habe tatsächlich Hunger.« An diesem oberflächlichen Geplänkel konnte sich nichts Gefährliches entzünden. Sieh nur zu, dass du dabei bleibst, sagte sie sich.
»Nach allem, was letzte Nacht passiert ist,
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