In Liebe verführt
Kartentisch zu. »Wie ich schon sagte, wenn nicht zufällig ein Schiff der Marine Ihrer Majestät uns begegnet, das auf dem Weg nach England ist, sitzt du bei mir fest. Du brauchst selbstverständlich an keiner außerplanmäßigen Unternehmung mehr teilzunehmen.«
»Aber du schon?«
»Ich muss noch einen Halt hinter mich bringen.« Er sprach beiläufig, hielt den Sextanten dabei prüfend über die Karte. »Aber du wirst dann an Bord bleiben.«
Meg schluckte und bereitete sich für die letzte und schwierigste Erklärung vor: »Wenn du nichts dagegen hast, würde ich gern… von jetzt ab für mich bleiben.«
Er legte den Sextanten beiseite, richtete sich auf und blinzelte sie verblüfft an. »Wie soll ich das verstehen?«
»Ist das nicht offensichtlich? Ich habe einen Fehler gemacht. Diesen Fehler muss ich jetzt wieder ausgleichen. Ich muss dieses Schiff in Bordeaux verlassen und möchte, dass unsere Affäre jetzt zu Ende ist, Cosimo. Es fühlt sich einfach nicht mehr gut an.«
»Ich verstehe.« Seine Stimme klang trocken wie die Wüste. Er kehrte zu seinen Karten zurück, machte noch ein paar Notizen und verließ dann die Kajüte, wobei er die Tür leise hinter sich schloss.
Meg atmete auf, und nun wurde ihr klar, wie flach sie während dieser Konfrontation geatmet hatte. Es war vorbei, sie hatte es hinter sich. Er konnte sich nicht gegen ihre Wünsche stellen. Er würde sie eventuell für einen unentschlossenen Dummkopf halten, der nicht den Mut hat, zu seinen Überzeugungen zu stehen. Aber damit konnte sie leben. Die nächsten Tage würden sicher unbehaglich und mühsam werden, aber das würde sie überstehen. Und sie glaubte nicht, dass Cosimo rachsüchtig war. Er würde sie nicht schlicht in Bordeaux absetzen. Er würde ihr helfen, eine Möglichkeit zur Heimfahrt zu finden.
An Deck tat Cosimo etwas, das er in vergangener Zeit nur sehr selten getan hat. Er sprang in die Wanten und kletterte stetig aufwärts bis zu der Plattform auf halber Höhe des Hauptmastes. Selbst unter den besten Umständen war dies ein unsicherer Platz, aber er hielt problemlos das Gleichgewicht, lehnte sich mit dem Rücken gegen den Mast und beobachtete seine Männer, die an mehreren Stellen in den über dem Deck hängenden Seilen hingen und an den Segeln arbeiteten. Niemand beachtete ihn, und so sollte es auch sein. Eine Sekunde der Unaufmerksamkeit konnte in dieser Höhe den Tod bedeuten. Er genoss die saubere Salzluft, das Schwanken des Mastes hoch über dem Deck. Dadurch bekam er auch inneren Abstand, und den brauchte er gerade dringend, um Megs abrupten Richtungswechsel zu verstehen. Was steckte dahinter?
Was genau wollte sie damit sagen?
Keine Minute lang glaubte er diese Geschichte über sie als schwache, zerbrechliche Frau, die sich in einem Anfall von ach so unbeherrschbarer weiblicher Verwirrung und unbeherrschtem Impuls mehr vorgenommen hatte, als sie ertragen konnte.
Meg wusste genau, was sie tat, und das war die ganze Zeit so gewesen. Also was war gestern Abend geschehen, wovon er nichts wusste und das sie dazu bewegte, dieses Theater zu inszenieren?
Und inwiefern würde dies seine Pläne betreffen? Mal abgesehen von den Schwierigkeiten, die er mit ihrer Folgsamkeit hatte, was war, wenn sie seine ganze Mission inakzeptabel fand? Cosimo glaubte an seine Fähigkeit, Menschen zu überzeugen, besonders wenn es dabei um eine Frau ging. Er hatte – bis jetzt – nie einen Grund gehabt, an dieser Fähigkeit zu zweifeln. Das war ein ernüchternder Gedanke. Irgendwann würde seine sexuelle Anziehungskraft nachlassen, und was für Waffen hätte er dann noch? Er lachte selbstironisch. Irgendwann würden auch in anderen Bereichen seine Fähigkeiten nachlassen. Seine Messerhand würde nicht mehr so schnell sein, sein Gedächtnis würde hier und da Lücken bekommen, seine Einschätzung der Zeit würde falsch laufen, und er würde sterben.
Aber noch nicht so bald. Er hatte seine Aufgaben nach wie vor voll im Griff. Diese Mission war die wichtigste, die er bisher in seinem Berufsleben gehabt hatte, dabei durfte er nicht versagen. Und Meg Barratt war leider ein sehr passendes Werkzeug dazu.
Er kletterte wieder hinunter aufs Deck, wo seine Leutnants so taten, als würde es sie überhaupt nicht interessieren, dass er oben gewesen war. »Ihr solltet ebenfalls ab und zu üben«, sagte er. »Alle beide.«
Sie nahmen das als Befehl und stiegen wie die Äffchen eilig hinauf. Cosimo stand mit den Händen in den Hüften da und sah ihnen
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