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In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

Titel: In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Kristensen
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aufgetaucht und wieder verschwunden. »Wer ist zuerst gestorben, können Sie das sagen? Ist es möglich, dass einer den anderen ermordet hat?«
    Der Arzt schüttelte langsam den Kopf. »Jetzt fragen Sie mehr, als ich beantworten kann. Wie soll ich Ihrer Ansicht nach vorgehen, um so etwas zu untersuchen? Aufgrund der Körpertemperaturen und in Anbetracht der Tatsache, dass der eine draußen und der andere im Stall lag, hätte ich gesagt, sie starben ungefähr gleichzeitig. Möglicherweise sogar mit einer gewissen Genauigkeit. Aber …«
    »Es gibt einen Grund für meine Frage«, erklärte Knut. »Wir fanden eine Spur, einige Tropfen Blut, auf der Straße vom Stall zur Siedlung.« Er zog die Plastikbeutel mit dem geschmolzenen, rot gefärbten Schnee heraus.
    Der Arzt schritt langsam um den Operationstisch, betrachtete die Leichen, ließ sich viel Zeit. »Solche Untersuchungen müssten in einem Polizeilabor auf dem Festland vorgenommen werden«, sagte er schließlich. »Entweder in Norwegen oder in Russland. Aber so viel kann ich bereits jetzt sagen, keiner der beiden konnte noch sonderlich weit laufen, nachdem sie angegriffen wurden. Hilft das?«
    Einige Stunden später hatte man in Barentsburg zu einer Struktur gefunden. Der Büroleiter koordinierte aus dem Büro des Trusts die Bergleute. Die Tagesschicht fuhr wie bisher um sechs Uhr ein. Es wurde nicht laut gesagt, aber die meisten Bergleute meinten, die Morde hätten etwas mit der Stadt zu tun, nicht mit der Zeche. Wer frei hatte, wurde auf den schlecht beleuchteten Straßen der Siedlung als eine Art Wachmannschaft eingesetzt. Die Arbeiter bildeten Zweiergruppen, einige von ihnen waren mit alten Brno- und Nagant-Gewehren bewaffnet. Sie hatten strenge Anweisungen, keinerlei Konfrontationen zu provozieren, sollten sie auf Personen mit blutbefleckter Kleidung oder merkwürdigem Verhalten stoßen.
    In der Nacht lag eine unnatürliche Ruhe über Barentsburg. Viele Einwohner hatten sich am Vorabend zu Bett gelegt, ohne von den beiden Morden zu wissen. Igors und Olgas Gäste konnten nach der kurzen Befragung nach Hause gehen oder bei Igor bleiben, wenn sie wollten. Andere wurden alarmiert, dass sich vermutlich ein Mörder im Schatten der Häuser verbarg.
    Die Bevölkerung wurde gebeten, am nächsten Tag möglichst zu Hause zu bleiben und nur in Gruppen zur Kantine zu gehen. Angst zog in die Siedlung ein, als würde die Polarnacht rund um die Stadt tiefer und dunkler. Vier Tote innerhalb einer Woche, Menschen, mit denen man gelebt und gegessen hatte, mit denen man auf Ausflügen und Festen zusammen war … Nicht bei allen hatte es sich um gute Menschen gehandelt, und doch waren sie ein Teil dieser kleinen Gesellschaft gewesen. Es gab keinen Platz mehr für Trauer oder Mitgefühl mit den Opfern. Jeder konnte der Nächste sein.
    Jewgeni Iwanowitsch und Knut hatten im Büro des Konsuls eine Art Zentrale errichtet. Der Konsul hielt sich mit aller Kraft aufrecht, graubleich im Gesicht. Seine Augen flackerten im Büro umher, suchten hilflos nach Haltepunkten. Der Beamte der Regierungsbevollmächtigten machte ihm keinen Vorwurf. Er hatte selbst das Gefühl, ziemlich erschöpft zu sein. Alle drei waren sie die ganze Nacht wach gewesen. Knut hatte den Konsul gegen Mitternacht informiert und erklärt, dass in Barentsburg Ausnahmezustand herrsche. Ebenso selbstverständlich waren Telefonate gewesen, die Polizeichef Andreassen und die Regierungsbevollmächtigte Isaksen weckten. Beide waren schockiert und verwirrt in ihrem halb wachen Zustand. Keiner konnte sich an irgendetwas Vergleichbares auf Spitzbergen erinnern. Nicht einmal annähernd.
    Eine Stunde später fand eine von Lautsprechern verstärkte Telefonkonferenz zwischen Longyearbyen und Barentsburg statt. Knut fühlte sich nicht wohl bei diesem Arrangement. Er hätte gern vertraulich mit Anne Lise und Tom gesprochen. Aber das war unmöglich, und die allerletzten Reste der Batteriekapazität seines Handys wollte er nicht verschwenden. Außerdem galt es, keine Zeit zu verlieren. Sie mussten die Kontrolle über die Situation in der russischen Bergarbeitersiedlung wiederherstellen.
    »Vier Morde innerhalb einer Woche, mir fehlen die Worte …« Anne Lise war heiser, sie räusperte sich und hustete.
    »Wir müssen ruhig bleiben …« Toms Stimme war leiser, seine Botschaft aber deutlich. »Es steht nicht fest, dass die ersten beiden Unglücksfälle und diese Morde zusammenhängen. Könnte es sich um eine Prügelei im Suff gehandelt

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