In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)
haben? Möglicherweise eine dritte Person, die sich in einem der verfallenen, leeren Gebäude versteckt?«
Es war nicht versucht worden, die beiden letzten Morde zu vertuschen, vermutlich wollte Tom darauf hinaus. Die beiden ersten Todesfälle hatte man als Unfälle kaschiert. Diese beiden Morde waren brutal und direkt. Der Mörder schien kein Interesse mehr zu haben, seine Handlungen zu verheimlichen. Etwas zwang ihn, sich aus der Deckung zu wagen, sich zu beeilen. Vorausgesetzt natürlich, dass die vier Todesfälle etwas miteinander zu tun hatten. Welche Verbindung bestand unter den Opfern? Warum gerade diese Personen?
»Wir schicken Beamte, sobald wir den Hubschraubertransport organisiert haben. Selbstverständlich informieren wir sofort die Kripos …« Anne Lises Stimme bebte.
Der Konsul ging in die Arbeiterkantine zum Essen, es kam nur selten vor. Er hatte sich aufgerafft, den Büroleiter angerufen und darum gebeten, mit einem verfügbaren Fahrzeug abgeholt zu werden. »Es wird eine beruhigende Wirkung haben, wenn ich mit gutem Beispiel vorangehe«, sagte er und verschwand aus der Tür.
Jewgeni Iwanowitsch und Knut sahen sich über den Sitzungstisch an. Sie waren erleichtert, endlich allein zu sein, um Überlegungen und Verdachtsmomente auszutauschen, ohne sie dem Konsul erklären zu müssen. Beide wussten, dass sie den Mörder schnell fassen mussten, aber keiner von ihnen wollte der Erste sein, der eine Vermutung aussprach, die sich später als falsch herausstellen könnte.
Der Russe ging ins Vorzimmer, öffnete, als wäre er zu Hause, alle Schränke, die nicht abgeschlossen waren, und fand schließlich einen uralten Wasserkocher und ein Glas mit schwarzem, versteinertem Pulver. Aus einer Schublade holte er eine Packung gefüllter Kekse. Knut stopfte sich ein paar davon in den Mund. Sie schmeckten ganz akzeptabel, wenn sie mit starkem Kaffee hinuntergespült wurden.
Sie breiteten ihre wenigen Notizen über den Sitzungstisch aus und beugten sich über eine abgenutzte Karte der Siedlung, die Knut von dem Dolmetscher erhalten hatte.
»Wo stehen wir bei diesen Morden, Fjeld?«, fragte der russische Detektiv. Er sah mitgenommen aus, die Tränensäcke zeichneten sich deutlich ab. »Wollen wir mit den bekannten Tatsachen beginnen?«
Knut mochte ihn noch immer nicht, aber im Laufe der Nacht hatte er einen gewissen Respekt vor Jewgeni Iwanowitsch Rostov bekommen. Der Mann ging systematisch und zielgerichtet vor. »Ich glaube, wir müssen uns die wenigen Fakten ansehen, die wir haben. Zeitpunkte, die Alibis der Leute. Barentsburg ist ein kleiner Ort, es müsste eigentlich möglich sein, alle achthundert Einwohner zu überprüfen.«
Der Russe lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und seufzte. »Ich sehe nicht, wie wir beide allein diese Arbeit bewältigen wollen. Es wird Tage dauern.«
Sie waren müde, dachten unklar, und sie wussten es. Trotzdem entwickelte sich eine Art Wettkampf, wer den erlösenden Vorschlag brachte.
»Wir müssen uns auf einen gemeinsamen Ausgangspunkt für unsere Diskussion einigen. Hast du die ersten beiden Morde in deine Überlegungen miteinbezogen oder nicht?« Knut hielt dies für eine ziemlich wesentliche Frage. »Wenn wir über vier geplante Morde innerhalb einer Woche reden, müsste das Motiv so klar sein, dass wir es eigentlich gar nicht übersehen können.«
»Vielleicht hast du Recht. Aber ich finde, etwas so Spekulatives als Ausgangspunkt zu nehmen, ist Zeitverschwendung.« Er holte seinen Flachmann heraus und goss einen ordentlichen Schuss in den Kaffee. Wollte die Blechflasche Knut reichen, der wiederum ablehnte.
»Was willst du sonst machen?«
»Es als eine Jagd betrachten, nicht als eine Ermittlung. Sei mal ein bisschen primitiv, Polizeibeamter Fjeld. Wo sind deine Instinkte?«
Knut hatte nichts übrig für die Art von Polizisten, die dieses oder jenes im Gefühl hatten. Obwohl es ihm häufig ähnlich ging, war er überzeugt, dass Mordfälle vor allem durch systematisches Vorgehen aufgeklärt wurden. Aber die Worte des Russen ließen ihn doch nachdenklich werden. Die letzten Minuten vor den Morden … was war passiert?
»Ja, vielleicht …« Er nickte widerwillig. »Wer wurde zuerst ermordet? Anton oder Grigótovit?«
»Du hast den Arzt gehört. Er konnte es nicht mit Sicherheit sagen.«
Plötzlich war es Knut klar. Ein Blitz leuchtete einen kurzen Moment in seinem Unterbewusstsein auf und verschwand. »Anton hat es zuerst erwischt«, erklärte er.
»Ach ja? Das
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