In meinem kleinen Land
finden sich in dieser Gruppe.
Dann gibt es die freundlichen Normalen, meistens die Mehrheit im Publikum. Etwas ruhiger. Anspruchsvolle Zuhörer, die normalerweise das Buch schon kennen. Diese Gruppe lacht ebenfalls viel, zwischendurch wird nicht geklatscht, dafür aber hinterher sehr ausdauernd.
Und schließlich gibt es noch die stillen Einschüchterer. Die trifft man oft in Großstädten. Die Angehörigen dieser Spezies waren schon auf vielen Lesungen und sind es nicht gewohnt, dass es dabei auch heiter zugehen kann. Sie unterscheiden strikt zwischen Theater, Kleinkunst und Lesung. Zu ihnen gehört auch die Untergruppe der mitgeschleppten Männer. Sie hören genau zu und entscheiden am Ende, ob es gefallen hat. Wenn ja, wird geklatscht. Wenn nein, stehen sie kopfschüttelnd auf. Oder sie sind vorher aus Protest eingepennt. Diese Gruppe verunsichert mich zutiefst. Ich erkenne sie sofort und schaue immer, ob ich sie im Laufe des Abends doch noch erweichen kann. Ein Lächeln, bitte. Bitte! Glücklicherweise macht diese Klientel in der Regel nur einen winzigen Teil des Publikums aus. Es sind Einzelne, vielleicht mal zehn Prozent, nie mehr. Normalerweise. Hier in Itzehoe nicht. Hier stellen sie zweiundachtzig Prozent des Publikums.
Zu sagen, die seien ruhig, ist ein Euphemismus. Aber ich bemühe mich. Ich gebe nicht auf. Ich fühle mich wie Fozzi-Bär. Das war der Bär aus der «Muppet Show» mit dem Sommerhut, dem es nie gelang, Waldorf und Statler zum Lachen zu bringen. Sichere Lacher verpuffen. Die Zündschnüre meiner Pointen verglühen wirkungslos. Ich werde nervös. Am Ende überschlage ich noch 62,7 Prozent stille Einschüchterer. Beim Signieren sind die Leute überaus freundlich, was mich zusätzlich irritiert. Ausgerechnet die stillen Einschüchterer verlangen Autogramme und zahlreiche Widmungen.
Anschließend gehe ich mit der Buchhändlerin und ihren Mitarbeiterinnen auf ein Bier. Sie schlagen die Hotelbar vor, denn sonst gebe es in Itzehoe eigentlich nichts, wo man hingehen könne. Wir stoßen also an, und sie sagt: «Wahnsinn. Das war doch toll heute! So sehr sind die noch nie aus sich rausgegangen.»
Eckernförde. Der Matjes und Magie der Vergangenheit
12. Mai 2006
Aaaah, Ostsee. Strandhafer. Sand. Ich bin fast ganz im Norden. Nach einem freien Tag in Hamburg von dort nach Kiel gefahren, umgestiegen nach Eckernförde. Ostsee. Ein richtiger Emil-Tischbein-Ort ist das. Sommerfrische. Altmodisches Wort, altmodischer Ort. Eckernförde wartet mit einer Strandpromenade auf, einem dazugehörigen Strand und darauf verstreuten Strandkörben. Ein paar von denen werden schon benutzt. Haarlose Greisenbeine ragen heraus. Familien sind eher rar, die kommen erst ab dem 26. Juni, wenn in Nordrhein-Westfalen die Schulferien beginnen.
Eckernförde ist hübsch anzuschauen. Ein lichtes flaches Städtchen mit einem kleinen Hafen, in dem Fischerboote schaukeln und kleinere Segelschiffe. Auf der anderen Seite des Hafens bunte, skandinavisch aussehende Holzhäuser.
Man spürt die Nähe zu Dänemark, was auch daran liegen kann, dass sich die dänische Minderheit hier kulturell und politisch zur Geltung bringt. Der «Südschleswigsche Wählerverband» vertritt die Interessen der Dänen sogar im Landtag. Die norddeutschen Dänen nennen ihre Partei übrigens «Sydslesvigsk Vælgerforening». Der SSW ist außerdem Forum für die Minderheit der Friesen, welche vom SSW als dem Söödschlaswiksche Wäälerferbånd sprechen. Dieser ist von der Fünfprozentklausel ausgenommen und entsendet zwei Abgeordnete in den Kieler Landtag. In Eckernförde haben die Dänen das deutsche Schulsystem abgeschafft und schicken ihre Kinder in eine Gemeinschaftsschule, wo alle Kinder bis zur zehnten Klasse zusammen unterrichtet werden. Das hat sich in Dänemark bewährt.
Friedliches Eckernförde. Jemand erzählt, dass die Bucht bei Dunkelheit beinahe so aussieht wie Cannes von weitem. Die Lichter schwingen sich in einem eleganten Bogen am Strand entlang. Einen wesentlichen Unterschied gibt es dann aber doch zwischen Eckernförde und Cannes: Cannes verfügt nicht über einen so imposanten Militärstützpunkt. Man hat mir ein Zimmer mit Strandblick gegeben, was ich sehr genieße.
Als Tourist aus Bayern bestelle ich mir Matjes mit Bratkartoffeln, die mir von einem freundlichen jungen Mann mit zerrissener D & G-Jeans, Poldifrisur und Migrationshintergrund serviert werden und tadellos schmecken. Gerade habe ich richtig gute Laune, da klingelt mein
Weitere Kostenlose Bücher