in neuen Abenteuern
konnte kein Auto passieren. Es war niemand zu sehen und es war überhaupt kein Verkehr. Plötzlich entdeckten wir Lichter eines Autos, das in schneller Fahrt auf uns zukam. Das konnten nur die Verbrecher sein.“
„Wäre ich nur schon hier gewesen!“, seufzte Carlotta. „Erzähl weiter! Was geschah dann?“
„Nun, das Auto musste natürlich anhalten“, fuhr Hannes fort. „Wir taten, als hätten wir einen Unfall gehabt, und versprachen, das Hindernis beiseite zu räumen. Wir könnten es bloß allein nicht schaffen, der Wohnwagen wäre zu schwer. Die beiden Männer stiegen aus dem Auto, um uns zu helfen. Während der Wohnwagen weggerückt wurde, schlich ich schnell zu dem Auto und schaute hinein. Deine kleine Freundin lag auf dem Rücksitz. Sie war zusammengeschnürt wie ein Paket und hatte ein Taschentuch um den Mund gebunden. In weniger als einer Sekunde hatte ich sie herausgehoben und hinter der Hecke versteckt.“
„Schnelle Arbeit!“, lobte Carlotta, die atemlos zugehört hatte.
„Sehr schnelle Arbeit“, bestätigte der Mann. „Dann bin ich zu den anderen hinübergegangen, habe ihnen einen Wink gegeben und in kürzester Frist hatten wir den Wohnwagen zur Seite geschoben und die Straße frei gemacht. Die beiden Männer rannten zu ihrem Auto zurück, sprangen hinein und fuhren los. Es kam ihnen nicht einen Moment in den Sinn nachzuschauen, ob das Mädchen noch dalag.“
Carlotta lachte. Sie fand es sehr lustig, dass es so leicht war, die beiden Entführer hereinzulegen – und dass sie nun ohne Sadie im Wagen durch die Nacht fuhren.
„Die werden vielleicht einen Schrecken bekommen, wenn sie plötzlich nach hinten schauen und merken, dass Sadie verschwunden ist!“, sagte sie. „Das hast du sehr gut gemacht, Hannes! Jetzt brauchen wir auch nicht die Polizei zu rufen; damit erregen wir nur unnötiges Aufsehen. Ich kann einfach mit Sadie zur Schule zurückkehren. Dann wird niemand in Lindenhof erfahren, dass etwas Außergewöhnliches passiert ist. Ich glaube nicht, dass sich Frau Theobald sehr freuen würde, wenn die Zeitungen in großer Aufmachung über die Entführung berichten. Das könnte dem guten Ruf der Schule nur schaden.“
„Komm jetzt und sieh dir deine Freundin an“, sagte Hannes. Carlotta folgte dem Mann zu einem Wohnwagen. Neben sich her führte sie das Pferd, das ihr willig folgte. Als sie vor dem Wohnwagen ankamen, kümmerte sich Hannes um das Pferd und Carlotta stieg eilig die Stufen hinauf. In dem winzigen, aber sehr gemütlichen Raum saß Sadie und kämmte ihre zerzausten Haare. Eine jüngere Frau stand neben ihr und betrachtete sie ohne sonderliche Aufregung.
Es schien, als sei es gar nichts Besonderes, mitten in der Nacht ein Mädchen aus den Händen von Entführern zu befreien.
Noch nicht einmal Sadie war aufgeregt – aber sie ließ sich ja durch nichts aus der Ruhe bringen!
„Hallo, Sadie“, sagte Carlotta. „Wie ich sehe, kämmst du dir gerade die Haare – also alles in Ordnung?“
„Carlotta“, rief Sadie überrascht. „Wie kommst denn du hierher? Mein Gott, war ich blöd! Stell dir vor, ich bin schon wieder entführt worden. Der Brief, den du gestern aus Versehen geöffnet hast, schien von meinem alten Kindermädchen zu kommen – und ich habe mich nachts fortgeschlichen, um sie zu sehen. Und dann haben mich zwei Männer gepackt und in ein Auto geworfen. Und dann hat mich jemand herausgehoben und mir die Fesseln gelöst. Und dann haben sie mich hierhergebracht. So ganz begreife ich ja den Zusammenhang noch nicht. Außerdem sind meine Haare schrecklich unordentlich geworden – als Erstes muss ich mich unbedingt kämmen.“
Carlotta grinste. „Wenn du mal aus dem Flugzeug fallen solltest, so ist sicher deine erste Sorge, dass der Wind dir bloß die Haare nicht durcheinanderbringt!“
Dann erzählte sie Sadie, was sich inzwischen alles ereignet und wie Helene ihr nachspioniert hatte, weil sie Sadie für Carlotta hielt.
„Du liebe Zeit“, rief Sadie. „Was für eine aufregende Nacht! Ich glaube, wir kehren jetzt besser nach Lindenhof zurück. Meinst du nicht auch?“
„Ja, das sollten wir tun“, sagte Carlotta. „Weißt du, Sadie, ich bin überzeugt, dass Frau Theobald überhaupt nicht darüber entzückt wäre, wenn die ganze Welt von deiner Entführung erführe, und ich weiß auch, dass die Leute vom Zirkus nicht gern die Polizei auf ihrem Gelände haben. Das mögen sie einfach nicht. Deshalb finde ich es besser, wenn wir unbemerkt zurückkehren und
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