In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
fünf Jahren in seinen Dienst getreten, aber ich halte ihn nicht für das Monstrum, als das sie ihn hinstellen. Zu guter Letzt verlangen die Schreiberlinge vom König, die Gesandten der beiden Gegenpäpste zuzulassen. Drei Päpste, um die Einheit der Kirche herzustellen! Warum begreifen sie nicht, dass nur durch den einen einzigen, rechtmäßigen Papst die Einheit kommen kann?
Natürlich hat Johannes nicht gezögert, auf den impertinenten Brief eine gepfefferte Antwort folgen zu lassen, die ich mehrfach abschreiben musste, damit sie überall in der Stadt angeschlagen werden konnte.
Es hat jedoch nichts genützt, prompt hat der König dafür gesorgt, dass in dieser Woche die Gesandten des zweiten Gegenpapstes Gregor nach Costentz einreiten durften, darunter der Bischof von Worms. Sie haben sich im Augustinerkloster niedergelassen, wo schon Dominicis Leute sitzen, wie du weißt. Zum Glück sind letzte Woche noch weitere Anhänger von Papst Johannes gekommen, unter ihnen Niccolò von Bari, sein Haushofmeister, sowie Bertoldo Orsini, der Konzilsmarschall. Momentan stellen die Parteigänger von Johannes noch die Mehrzahl der Konzilsteilnehmer, zumal er in den letzten Wochen viele neue Prälaten und Titularbischöfe ernannt hat.
Aber trotz der vielen Schreibarbeit für den Papst habe ich mir nun doch die Zeit genommen, mich um die Todesfälle zu kümmern, von denen ich dir berichtet hatte. Auch wenn der lange Bäcker Cunrat nicht gerade ein Ausbund an Gelehrsamkeit ist, so macht es mir doch Freude, mich manchmal unter diese einfachen Menschen zu mischen und dem eitlen Geschwätz der Prälaten zu entfliehen, zumal ich ihn als meinen Lebensretter betrachten muss.
Nun ist er ebenfalls Opfer eines Überfalls geworden, bei dem er zwar nicht getötet, aber immerhin verletzt wurde, und mir scheint, dass dies kein Zufall war. Für umso dringlicher halte ich es, dass der unbekannte Mörder endlich gefunden wird. Und deshalb habe ich, wie ich es versprochen hatte, den jüdischen Arzt, Meister Ismael, aufgesucht. Cunrat und sein venezianischer Freund Giovanni haben mich begleitet, um mir den Weg zu weisen. Einen Dolmetscher habe ich in diesem Fall nicht gebraucht, denn der Jude ist als Arzt natürlich des Lateinischen mächtig. Mit den beiden Gesellen, die diese Sprache nicht können, hat er sich auf Deutsch unterhalten. Allerdings schien er mit einem seltsamen Akzent zu sprechen, wie ja überhaupt die jüdische Sprache einen sehr eigenwilligen Klang hat.
Zunächst musste ich jedoch die ganze Kraft meiner Rhetorik einsetzen, um sein Misstrauen zu überwinden, damit er einwilligte uns zu erzählen, was er über den Casus wusste, denn wie an vielen Orten, so wurden auch hier in Costentz die Juden zur Zeit der großen Pest aufgrund böswilliger Anschuldigungen ausgetrieben und verfolgt. Doch schließlich hatte er so viel Zutrauen gefasst, dass er nach etlichen Versprechungen und Verschwiegenheitsschwüren unsererseits sich endlich bereit erklärte, sein Wissen mit uns zu teilen.
Folgendes haben wir erfahren: Der Stadtvogt Hanns Hagen hat ihn wegen der drei Toten mehrfach rufen lassen und einmal auch persönlich aufgesucht, denn er misstraute den Feststellungen des städtischen Arztes, der ein rechter Tor zu sein scheint. Dieser – sein Name ist Steinhöwel, ich habe ihn einmal bei einem Gastmahl kennengelernt – hatte bei den ersten zwei Toten Selbstmord diagnostiziert, und den Mailänder Übersetzer glaubte er durch einen Stich mit einem ungarischen Soldatenmesser in die Brust getötet. Er hatte auch die Mär in die Welt gesetzt, dass die Toten von Fledermäusen gebissen worden seien, denn übereinstimmend wiesen alle drei unter den Haupthaaren kleine Bisswunden auf, wie Meister Ismael bei der Visitation der Toten, zu der ihn der Vogt jeweils heimlich des Nachts hatte kommen lassen, ebenfalls sehen konnte.
Doch der jüdische Arzt, der ein echter Kenner der Materie ist und sicherlich an anderem Orte sein Auskommen finden könnte als in diesem Nest hier, hat festgestellt, dass der tote Wirt zwar wohl noch am Leben war, als er erhängt wurde, und ebenso dessen Schwester, als sie von der Mauer stürzte, dass sie aber beide vermutlich vorher durch ein rasch wirkendes Gift betäubt worden und mithin unfähig waren, sich zu wehren. Der Messerstich des Mailänders wurde diesem sogar erst beigebracht, als er bereits tot war. Da es sich um ein ungarisches Messer handelte, sollte der Verdacht also offensichtlich auf König Sigismunds
Weitere Kostenlose Bücher