In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
Einstichlöcher hinterlässt wie der Biss einer Schlange!
Wir haben es also mit einem Meuchelmörder zu tun, der mit perfiden Methoden seine Opfer vergiftet und es so aussehen lässt, als ob sie auf andere Weise gestorben wären.
Es grüßt Dich aus dem Land der klugen Barbaren
Dein Poggio
*
Der Mann nahm ein Messer zwischen seine Zehen und warf es auf eine Holzscheibe, wo es genau in der Mitte stecken blieb. Die Umstehenden klatschten begeistert Applaus. Dann setzte er einen Humpen auf seinen Kopf und schenkte sich mit dem Fuß aus einem Krug Wein hinein, ohne einen einzigen Tropfen zu vergießen. Und schließlich fädelte er gar mit den Zehen einen Faden in eine Nadel und fertigte eine Naht.
»Was für ein Wunder! Gott hat ihm die Arme genommen und dafür seine Zehen zu Fingern gemacht!« Cunrat konnte seine Augen gar nicht von dem Fußakrobaten abwenden.
»Es war wohl eher der Krieg, der ihm die Arme genommen hat!«, meinte Giovanni sarkastisch, aber auch er applaudierte, als der Armlose die Figuren auf einem Schachbrett mit äußerster Präzision hin und her schob.
Es war der Beginn der Fasten, die Fastnacht, und in der Stadt wimmelte es mehr noch als sonst von Gauklern, Tierbändigern, Taschenspielern, Seiltänzern, Musikanten und Sängern. Petrus war der närrischen Gesellschaft wohl gesonnen und hatte das Wetter angenehm gestaltet. Der eisige Wind war dem Föhn gewichen, der aus dem Rheintal herabwehte und die Berge nah an die Stadt rückte. Sonnenschein und blauer Himmel begleiteten das wilde Treiben.
Die Bäckergesellen hatten ihr Tagewerk früher beendet, nachdem sie ein gutes Geschäft mit in Schmalz gebackenen Küchlein gemacht hatten, denn nicht umsonst hieß der erste Tag der Fastnacht der Schmalzige Donnerstag. Nun ließen sie sich von der Menge durch die Gassen treiben. Viele Menschen hatten sich maskiert, manche mit Teufelsfratzenlarven aus Holz, andere mit Stofflappen, in die sie Gesichter gemalt und Augenlöcher geschnitten hatten. Viele hatten sich die Gesichter mit Farbe beschmiert, rot wie der Teufel, oder mit schwarzen Flecken wie Pestkranke. Vor diesen hielten die Leute respektvollen Abstand, denn manchmal konnte man nicht recht unterscheiden, ob sie wirklich Sieche waren oder sich nur als solche verkleidet hatten.
Giovanni hatte bei einem Händler eine schwarze Augenmaske mit langer Nase erstanden.
»Solche trägt man bei uns in Venedig!«
Cunrat hingegen hatte sich damit begnügt, sein Gesicht mit Mehlstaub weiß zu pudern, sodass er aussah wie ein lebender Toter.
Er fühlte, wie plötzlich etwas gegen seinen Schenkel stieß. Als er nach unten blickte, sah er ein winziges Weibchen, das offensichtlich zu der Gauklertruppe um den Fußkünstler gehörte und ihm nun einen Beutel mit der Bitte um ein Almosen hinhielt. Sie lächelte ihn an, und er staunte darüber, dass sie wie ein echter Mensch aussah, ja sogar wie eine richtige Frau mit hübschen, blitzenden Augen und freundlich fragenden Lippen, obwohl sie ihm nicht einmal bis zum Schritt reichte. Er hätte sie eher für eine Holzpuppe oder eine bemalte Statue gehalten. Nun zückte er schnell seinen Beutel und gab ihr einen Pfennig. Sie bedankte sich mit gurrender Stimme wie ein Vögelchen und ging weiter zu Giovanni. Der winkte nur kurz ab und legte die Hand auf seinen Beutel. Da streckte sie ihm die Zunge heraus und schlüpfte an ihm vorbei, um den nächsten Zuschauer um Geld zu bitten. Cunrat lachte, doch Giovanni sagte ärgerlich: »Hier musst du deinen Beutel gut festhalten, denn jeder trachtet danach, ihn dir zu erleichtern. Wenn du überall großzügig bist, dann ist er bis zum Abend leer. Aber ich will auch noch einen Schoppen guten Wein trinken und nachher mit Lucia den Karneval feiern!«
Sie hatte den Tag über einige Kunden zu bedienen, doch Giovanni hatte mit Rosshuser vereinbart, dass er ihm einen schönen Batzen Geld dafür zahlen würde, wenn er sie gegen Abend in die Stadt führen durfte, um mit ihr das bunte Treiben zu genießen.
Zunächst aber zogen die beiden Gesellen weiter vom Münsterplatz zur Stephanskirche. An manchen Häusern hingen Fahnen, an anderen bunte Stofffetzen, die den Gassen ein festlich-fröhliches Gepränge gaben.
Die Bäckergesellen sahen einem Bärenbändiger mit einem gewaltigen braunen Tanzbären zu, der von zwei Flötenspielern und einem Trommler begleitet wurde, dann stockte ihnen der Atem, als sie einen Seiltänzer entdeckten, der sein Seil vom Ostgiebel der St.-Stephans-Kirche zum
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