In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
von echten nicht unterschieden.
»Wir werden ja sehen«, meinte achselzuckend der Herold.
Dann kam der Morgen des Turniers. Am Himmel jagte der Wind Wolkenfetzen über das Blau, und auf den Wegen knirschte das Eis unter den Füßen. Nachdem der Föhn am Freitag zusammengebrochen war und es zwei Tage geregnet hatte, war der Winter mit Macht zurückgekehrt. Der Regen war in Schnee übergegangen, doch heute schien es, als hätten die Wolken sich fürs Erste ihrer Last entledigt, sodass sie zur leichten Beute der Windböen wurden, die sie vor sich hertrieben. Die oberste Schicht des Sandplatzes im Hof der Pfalz war hart gefroren.
Nach dem Morgengottesdienst füllte sich der Turnierplatz langsam mit Gästen. Die Bäcker hatten sich mit ihren Pasteten und Fastnachtsküchlein an der Kirchenmauer zwischen Münsterportal und Hoftor postiert, wobei sie sich mit ein paar Bettlern anlegen mussten, die auf den Treppen des Münsters ihren Stammplatz hatten und nun befürchteten, dass die Kirchgänger ihre Pfennige lieber in leckeren Küchlein anlegen würden, als mit einem Almosen etwas für ihr Seelenheil zu tun. Doch nachdem Cunrat dem am lautesten Protestierenden – einem Mann mit verkrümmten und vom Antoniusfeuer verbrannten Gliedmaßen – einen ordentlichen Batzen in die Hand gedrückt hatte, beruhigte sich dieser, und auch die anderen hörten auf zu murren. In der Tat wollte sich fast jeder, der den Pfalzhof betrat, noch einmal mit etwas Essbarem eindecken, sodass ihre Backwaren reißenden Absatz fanden.
Schließlich kam, von Fanfaren angekündigt, der Pfalzgraf bei Rhein die Plattengasse entlang geritten. Neben ihm saß seine Dame auf einem weißen Zelter, in einen blauen Mantel mit goldenen Stickereien gehüllt. In langem Zug folgten ihm die Ritter, die sich für das Turnier gemeldet hatten, mit ihren prächtigen Harnischen und Helmen, jeweils begleitet von ihren Damen. Pferde und Reiter waren mit Seidenstoffen in den Farben ihrer Wappen umkleidet und boten einen prächtigen Anblick. Cunrat hatte noch nie ein solches Spektakel gesehen und war ganz begeistert von den bunten Standarten, Mänteln und Helmfiguren.
»Aber wo bleibt der König?«, fragte er, als die Parade zu Ende war und alle Kämpfer den Turnierplatz erreicht hatten.
Auch Giovanni schüttelte den Kopf. »Seltsam, so etwas lässt er sich doch sonst nicht entgehen.«
Doch nur noch Zuschauer drängten sich durch das Tor, und schließlich beendeten auch die Bäcker ihren Verkauf. Die zwei Brote, die übrig geblieben waren, schenkten sie den Bettlern, dann zwängten sie sich mit den anderen Schaulustigen in den Pfalzhof. Der war schon zum Bersten voll. Nur mit Mühe gelang es den Grieswärteln und Turnierknechten, die zwischen den doppelten Schranken standen, mit Stöcken und langen Stangen die Menge hinter den Holzgattern zu halten. Giovanni stellte sich auf die Zehenspitzen, aber alles, was er sehen konnte, waren die Damen und Prälaten auf den erhöhten Zuschauertribünen, während Cunrat wie immer den Kopf über den anderen und damit auch den Turnierplatz im Blick hatte. Am Fenster der Pfalz erschien nun der Papst, und in seinem Gefolge erkannten sie Poggio Bracciolini. Die Menschen fielen vor Ehrfurcht auf die Knie, als sie Johannes erblickten, und er segnete mit weitem Gestus die Menge. Dann nahm an seiner Seite die Königin Barbara Platz. Nun brach die Menge in Jubel aus, die Leute klatschten und winkten der schönen Ungarin zu.
»Die würde ich auch gern einmal trösten!«, meinte Giovanni bei ihrem Anblick.
»Aber Giovanni, sie ist doch die Königin!«, antwortete Cunrat entrüstet.
»Na und?« Sein Freund lachte. »Glaubst du, Königinnen sind keine Frauen? Und nach allem, was man von ihr hört, ist sie männlichen Tröstungen nicht abgeneigt! Wenn der König sie aber auch immer allein lässt!«
In der Tat war Sigismund immer noch nicht aufgetaucht. Cunrat schüttelte nur den Kopf über Giovannis Respektlosigkeit und wandte seine Aufmerksamkeit lieber den Damen auf der anderen Seite des Turnierplatzes zu. Jeder Ritter, der zum Gestech antrat, musste laut Turnierregeln mindestens eine Dame als Zuschauerin hier haben, für die er in den Kampf zog. Diese saßen auf den Tribünen an der Südseite des Münsters, in drei Reihen, die in Stufen übereinander angeordnet waren, sodass man jede einzelne der Schönen mit ihrer prächtigen Festtagshaube und dem farbigen Mantel begutachten konnte. Cunrat fragte sich, ob alle Ritter ihre Ehefrauen mit
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