In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
sie wütend von ihrem Stuhl aufsprang und fragte, was das zu bedeuten habe, ob man in diesen Zeiten nicht einmal mehr dem Sekretär eines Papstes vertrauen könne.
Ganz ruhig fragte ich, ob sie einen Jakob Schwarz kenne, was sie nach anfänglichem Zögern zugab. Sie hatte ihn bei ihrem Bruder kennengelernt, während eines Banketts, das zum Empfang der Mailänder bereitet worden war. Als ich nach Lucia fragte, leugnete sie zunächst, etwas über die Unglückliche zu wissen. Doch als ich drohte, den Brief nicht nur Johannes, sondern auch dem König zu unterbreiten, gestand sie, dass Schwarz die junge Frau vor einer Woche zu ihr gebracht hatte. Nach dem Ave-Maria-Läuten früh am Morgen war er mit ein paar Rittern im Kloster erschienen und hatte die Gefangene mit verbundenen Augen und gefesselt an Händen und Füssen zu ihr geführt. Er hatte sie gebeten, die Verängstigte in ihrer eigenen Wohnung zu verstecken, damit im Kloster niemand etwas bemerke, ein Gefallen, den sie ihm – nach ihren Worten – nur widerstrebend und nach reichlicher Überredung getan hatte. Ich fragte nicht, wie hoch das Entgelt gewesen war, mit dem der Mailänder sie überredet hatte. Lucia sei bis vor drei Tagen im Kloster gewesen, dann sei Schwarz mit einem Adligen aus dem Thurgau zurückgekommen und habe sie abgeholt.
Auf meine Frage nach dem Namen dieses Adligen begann sie teuflisch zu lachen und sagte, es sei der am meisten gefürchtete und gehasste von allen gewesen, der Ritter Jörg von End, der habe die Dirne mitgenommen, in dessen Burg Grimmenstein sitze nun mein Vögelchen im Käfig, und ich könne ja sehen, wie ich es dort herausholte. Dann bestand sie darauf, dass ich ihr den Brief aushändigte, was mir nach ihrem Geständnis auch billig schien.
Als ich mich schon verabschiedet hatte und zur Tür ging, sagte sie noch mit Häme in der Stimme: ›Vielleicht hätte ich ihr sogar geholfen zu fliehen, wenn sie mich darum gebeten hätte, aber die Hure war zu hochmütig. Sie hat ihr Schicksal selbst verschuldet.‹
Da antwortete ich ihr in fast ebensolchem Tone, dass ich noch eine Kopie des Briefes besäße. Als ich die Türe schloss, saß sie stumm in ihrem Stuhl.
Du kannst dir vorstellen, wie traurig meine Freunde waren, als sie meine Nachrichten vernahmen. Zwar wussten wir nun, dass Lucia noch am Leben war, aber unter welchen Umständen! Sie erzählten mir, wer der Ritter Jörg von End sei, dass er im ganzen Bodenseegebiet als Raubritter gefürchtet werde, und dass seine Burg Grimmenstein uneinnehmbar sei. Ich erinnerte mich dann auch, dass dieser Ritter beim Turnier an Fastnacht mit Schimpf und Schande empfangen worden war. Doch nachdem er seine Strafe erlitten hatte, wurde er ja wieder in den Kreis der angesehenen Adligen aufgenommen. Was kann man da noch tun?
Es grüßt Dich
Dein Poggio
*
»Er ist immerhin der Vogt, ihm obliegt es, für Frieden in der Stadt zu sorgen!«
»Er wird uns niemals glauben!«
Die Bäckergesellen, Poggio und Lucias Vater diskutierten darüber, ob sie bei Hanns Hagen um Hilfe gegen den Ritter von End bitten sollten. Simon Ringlin sah keine andere Möglichkeit, Lucia zu befreien, aber Giovanni und Cunrat scheuten sich, schon wieder mit dem Vogt zu tun zu haben. Außerdem gab Giovanni zu bedenken, dass Jörg von End ein Lehnsmann des Herzogs Friedrich von Österreich war und somit nicht der Costentzer Gerichtsbarkeit unterstand.
Den Ausschlag gab schließlich Gretli.
Am nächsten Tag, als sie wie üblich zum Bäckerstand kam, um Brot zu holen, erzählte Cunrat von ihren Beratungen, und sie stellte sich entschieden auf Ringlins Seite.
»Was habt ihr denn für andere Möglichkeiten? Glaubt ihr, ihr könnt allein gegen einen Mann wie Jörg von End antreten? Hanns Hagen ist ein gerechter Mann, und wenn er euch helfen kann, wird er es tun. Und selbst wenn er nichts täte, so hättet ihr es wenigstens versucht!«
Cunrat war nicht begeistert von der Idee. Er wusste zwar im Grunde seines Herzens, dass sie recht hatte, doch bisher waren seine Begegnungen mit Hanns Hagen immer unangenehmer Natur gewesen.
So riet er den beiden anderen, den Vogt aufzusuchen, da die Sache ja vor allem sie betreffe, er selbst werde in der Zwischenzeit den Bäckerstand bedienen. Giovanni und Ringlin waren einverstanden, bestanden aber darauf, dass Poggio mitkommen solle. Sie suchten ihn in der Bischofspfalz auf, wo die Wachen sie nach einigem Hin und Her eintreten ließen, und baten ihn, sie als Zeuge zu Hanns Hagen zu
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