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In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

Titel: In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Küble , Henry Gerlach
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pechbestrichene Holzstoß mit einer Fackel entzündet. Mein Niccolò, du kannst dir nicht vorstellen, welch ein Schauspiel nun anhob. Es war eine mondhelle Nacht, und vom Weinberg aus sah man weit über den Bodensee und den Rhein, ja bis zur Insel Richenow. Am Horizont erhoben sich rundherum die schwarzen Schatten der Thurgowischen und Hegowischen Berge, während der Mond auf dem größeren Teil des Costentzer Sees eine silberne Spur zog. Und plötzlich, wie von Zauberhand entzündet, erschienen auf allen Bergen Feuerzeichen, denn überall hatte man Johannisfeuer entfacht, so wie auf dem Costentzer Weinberg. Die Musiker begannen nun eine lebhafte Melodie zu spielen, die Flammen prasselten fröhlich, und die jungen Menschen huben an, im Reigen um den Scheiterhaufen zu tanzen. Man hatte wohl von überall das trockenste Holz gesammelt, sodass das Feuer zu Beginn heftig aufloderte, es jedoch nicht lange dauerte, bis der Stapel in sich selbst zusammenfiel. Und nun begannen die Mutigsten unter den jungen Männern mit einem kräftigen Anlauf über die züngelnden Flammen hinwegzuspringen. Einer nach dem anderen unterzog sich dieser Probe, und auch mein Freund Cunrat setzte mit einem weiten Sprung über das Feuer hinweg. Giovanni weigerte sich zunächst. Angesichts der vielen hübschen Mädchen und glücklichen Paare fühlte er seinen Kummer wegen der entführten Geliebten wohl noch heftiger als sonst. Außerdem ist er an der Hand verletzt, die er in ein Tuch gebunden trägt. Die Bäcker haben mir berichtet, er habe versucht, den Mailänder zur Rede zu stellen, der mit dem Verschwinden des Mädchens zu tun hat, und der habe ihm die Hand gebrochen. Doch Cunrat erklärte seinem Freund sehr ernsthaft, dass dieser Sprung eine heilsame Wirkung habe: Er überwinde Unheil, reinige von Krankheit und wirke umso besser, je mehr Männer über das Feuer sprängen. So ließ der Venezianer sich schließlich darauf ein und kam ebenfalls heil über die Flammen.
    Zum Glück konnte ich selbst darauf verweisen, dass ich mit 35 Jahren schon in der Mitte meines Lebensweges angekommen war und mich daher nicht mehr zu den jungen Männern zählte. So gelang es mir, ohne Gesichtsverlust von dieser Vorstellung Abstand zu nehmen.
    Als alle jungen Männer ihren Mut bewiesen hatten, und das Feuer zu einem ungefährlichen Herdfeuer herabgebrannt war, nahmen diejenigen, die nicht unbeweibt gekommen waren, ihre Begleiterinnen und sprangen zu den Klängen einer besonders fröhlichen Tanzweise zu zweit über die Flammen. Die Frauen stießen spitze Schreie aus und ließen sich nach bestandener Gefahr in die Arme ihres Geliebten sinken, ja, manche schafften es sogar, die Hand ihres Begleiters während des ganzen Sprunges nicht loszulassen. Dann war der Jubel unter Umstehenden besonders groß, denn – so erklärte mir Cunrat – dies sei ein gutes Zeichen für eine bald bevorstehende Hochzeit. Er selbst verzichtete jedoch darauf, mit seiner Buhle Margarethe den Sprung zu wagen. Als ich Giovanni deswegen ansprach, verriet er mir im Vertrauen, dass die junge Frau guter Hoffnung sei und deshalb nicht springen wolle.
    Als das Feuer schließlich kurz vor dem Erlöschen war, warfen die Mädchen ihre Blumensträuße, die sie zum Festkleid trugen, in die rote Glut und sprachen: »Wie diese Blumen möge all mein Missgeschick verbrennen und in Nichts zerfallen.«
    Am Ende war nur noch ein Rest von Glut übrig, die einen roten Schein auf alle Gesichter malte, was bei einigen Mädchen sehr reizvoll wirkte, manchen Männern aber ein geradezu dämonisches Aussehen verlieh. Plötzlich kam mir inmitten all der Fröhlichkeit wieder unser Mörder in den Sinn. Die Bäcker hatten mir erzählt, dass er mit einigen Gehilfen einen italienischen Grafen überfallen hat, dem glücklicherweise jemand zu Hilfe eilte, doch nun liegt er mit zerbrochenen Gliedern darnieder. Keiner scheint vor ihm sicher zu sein, und ich betrachtete den Kreis der erregten Gestalten rund um das Feuer, ob ich womöglich sein teuflisches Antlitz unter den Anwesenden erkennen könnte. Es schienen aber nur fröhliche junge Menschen den Weg hoch auf den Weinberg gefunden zu haben. Dennoch wurde ich das Gefühl nicht los, dass das Böse unter uns weilte, in welcher Gestalt auch immer.
    Schließlich löschten die jungen Männer den letzten Schimmer des Feuers mit ihrem Wasser. Dann traten wir in einer langen Prozession den Heimweg an. Mit Fackeln stapften wir den Weinberg hinab, durchquerten das Klosterdorf des

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