In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
war er hingelaufen und hatte den Kopf wie ein heißes Ei mit den Fingerspitzen um und um gedreht. Die Binde, die er immer noch an einer Hand trug, wurde dabei schwarz, schließlich zerrte er sie los und warf sie weg.
Das Gesicht des Toten war völlig vom Feuer zerstört, weil er mit der Vorderseite nach oben begraben worden war, aber der Hinterkopf war nur durch die Verwesung beschädigt. Der größte Teil von Jakob Schwarz’ langen Haaren war im lehmigen Boden erhalten geblieben. Giovanni wühlte darin wie ein Wahnsinniger, dann hielt er plötzlich inne.
»Da ist es, Cunrat, das Mal!«
Triumphierend hielt er den Schädel hoch, die Finger zwischen den Haaren, um seinem Freund die beiden Löcher zu zeigen, die man trotz der Verwesung noch als dunkle Flecken erkennen konnte. Cunrat schüttelte nur entsetzt den Kopf, er glaubte Giovanni auch ohne Augenschein, dass er den Abdruck der Gabel gesehen hatte. In diesem Augenblick kam auch schon Egli Locher hinzugelaufen und packte den Schädel, um ihn wieder in sein schwarzes Grab zurückzubefördern. Dann schaufelten die Knechte Asche und Erde über die Gebeine, während der Henker Giovanni ansah, als ob er ihn am liebsten mit in die Grube versenken würde.
»Hast du vollkommen den Verstand verloren? Bist du vom Teufel besessen?«
Nur mit Mühe konnte Cunrat den Henker davon abbringen, Giovanni durch seine Knechte in den Turm führen zu lassen. Er erzählte etwas von einem Sonnenstich, während er seinen Freund am Arm nahm und wegführte. Doch der schrie noch im Fortgehen Egli Locher zu: »Ihr habt unrecht gehabt, Meister Egli, Jakob Schwarz hat sich nicht umgebracht, er wurde ermordet!«
Auf dem ganzen Heimweg hörte Giovanni nicht auf, über die Bedeutung seiner Entdeckung laut nachzusinnen.
»Verstehst du, Cunrat? Das war der Beweis! Der Gabelmörder hat auch Lucia entführt! Er ist der Mächtige, vor dem Jakob Schwarz sich gefürchtet hat und der ihn umgebracht hat. Wie bei Tettinger! Erst hat er ihm das Gift verabreicht, dann hat er es so aussehen lassen, als ob Schwarz sich aufgehängt hätte. Wer ist der Kerl, Cunrat? Wie können wir ihn nur finden?«
»Einer seiner Helfer hat jedenfalls Venezianisch gesprochen«, wagte Cunrat einzuwerfen, was ihm einen bösen Blick von Giovanni eintrug.
Als sie an ihrer Behausung ankamen, konnte der lange Bäcker nicht mehr an sich halten.
»Giovanni, wir müssen ins Bad. Ich halte deinen Gestank nicht mehr aus!«
Nun saßen sie gereinigt und rasiert gemeinsam in der Wanne und aßen Braten und tranken Wein. Sogar Giovannis Hand war neu verbunden worden. Einige Finger konnte er schon wieder bewegen. Doch auch wenn sie den Gestank losgeworden waren, der innere Eindruck des Erlebten wirkte noch fort und beherrschte ihr Gespräch.
»Nur ein Verbrecher, der vom Teufel geholt wurde, verbreitet so einen Gestank!«, sagte Cunrat. »Es ist gut, dass die Asche von Hus nicht auch dort begraben, sondern in den Rhein gestreut wurde, ins klare Wasser. Dort wird der Engel Gottes ihn finden!«
»Der vielleicht schon, aber die Böhmen haben dafür keine Reliquien von ihrem Märtyrer! Kein Haupt, keinen Arm, nicht einmal einen kleinen Finger!« Giovanni konnte schon wieder sarkastisch sein. »Darum hat man ihn in den Rhein gestreut, mein lieber Cunrat, nicht weil das Wasser dort so sauber ist.«
»Ja, das ist ein Jammer. Sogar seinen Mantel haben sie mit ihm verbrannt. Aber er wird in den Herzen weiterleben!«
»Das sag mal nicht zu laut, einem soeben verbrannten Ketzer nachzutrauern, scheint mir in dieser Stadt nicht das Klügste zu sein. Sag mir lieber, wie wir den Mörder und Lucia finden!«
»Vielleicht bringt es ja etwas, mit Hug Strigel, dem Turmwächter, zu sprechen!«
Giovanni sah Cunrat überrascht an.
»Manchmal hast du richtig gute Ideen!«
Doch diese Idee hatte auch ein anderer.
*
Poggio Bracciolini an Niccolò Niccoli, am 8. Juli, dem Tag des Heiligen Aquila, im Jahre des Herrn 1415
Mein lieber Niccolò,
das Ende der Kirchenspaltung rückt näher! Vor vier Tagen hat der Abgesandte des Gegenpapstes Gregor, Carlo Malatesta, die Abdankung seines Herrn bekannt gegeben. Allerdings hält immer noch der zweite Gegenpapst Pedro de Luna an seinem Amte fest, weshalb der König bald zu einer Reise ins ferne Spanien aufbrechen wird, um auch ihn noch zum Abdanken zu bewegen. Sigismund hat versprochen, das Konzil nicht eher aufzulösen, bis ein neuer Papst gewählt ist.
Ein anderer Konflikt hat sich indes in Rauch
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