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In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

Titel: In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Küble , Henry Gerlach
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aufgelöst: Der Ketzer Jan Hus ist vorgestern verbrannt worden. Alle Versuche, ihn zum Abschwören seiner Thesen zu überreden, sind gescheitert. Sogar mein Herr, der Kardinalbischof von Ostia, hatte sich zum Schluss noch für ihn eingesetzt. Mehrfach hat er ihn in seinem Gefängnis bei den Barfüßern besucht und ihm Formeln vorgelegt, mit denen er sich dem Konzil unterwerfen sollte, mit dem Hinweis, dass jeder irren könne, und dass es keine Schande sei, seinen Irrtum einzusehen, wie man von Augustinus, Origenes oder Petrus Lombardus lernen könne. Doch der Böhme weigerte sich hartnäckig, darauf einzugehen, mit der Begründung, ein Widerruf von Thesen, die er nicht formuliert habe, wäre ein Meineid. Außerdem würde er damit seinen Anhängern ein Ärgernis geben, die von ihm das Gegenteil gehört hätten, und wie der greise Eleazar des Makkabäerbuches würde er lieber sterben, als seinen Glaubensgenossen ein Ärgernis zu geben.
    Diese Haltung hat er auch nicht aufgegeben, als sein ehemaliger Freund und inzwischen erbittertster Ankläger, der Böhme Stephan Palec, ihn im Gefängnis aufsuchte und beschwor, sich dem Konzil zu unterwerfen, um sein Leben zu retten. Es heißt, beide hätten bitterlich geweint bei dieser Begegnung, doch Hus blieb hart.
    So fand am 6. des Monats in einer Sessio Solemnis der Prozess gegen ihn statt. Die Sitzreihen des Costentzer Münsters waren kaum je so voll wie zu diesem Ereignis. Und wie schon mehrfach, kam es auch gestern wieder zu Streitigkeiten über die Sitzordnung der Prälaten und Fürsten.
    Dazu musst du wissen, dass es im hölzernen Gestühl, welches extra drei Stufen hoch für das Konzil gezimmert wurde und das ganze Mittelschiff der Kirche vom Lettner bis zum Portal einnimmt, natürlich bessere und schlechtere Plätze gibt. Die allgemeine Regel lautet: Oben ist besser als unten, beim Altar ist besser als beim Portal, und rechts ist besser als links. Wären nur Prälaten hier anwesend, dann könnte man sie einfach entsprechend ihrer Weihegrade und ihrer Ränge in der kirchlichen Hierarchie setzen: Kardinäle in besserer Position als Erzbischöfe und Bischöfe, und unter ihnen wieder die Kardinalbischöfe vor den Kardinalpriestern und den Kardinaldiakonen. Aber so einfach ist es ja nicht, denn hier auf dem Konzil müssen sich die kirchlichen Ränge mit den weltlichen messen, also mit den Kurfürsten, Herzögen und Grafen. Außerdem sind sich, wie du meinen bisherigen Briefen schon entnehmen konntest, viele der hier anwesenden Nationen nicht besonders gewogen, was bedeutet, dass die Burgunder Vorrang vor den Franzosen beanspruchen und umgekehrt, die Franzosen vor den Engländern, die Italiener vor den Deutschen, die Mailänder vor den Venezianern, der Deutsche Orden vor den Polen, und so fort. Und aus allen Nationen sind Abgesandte von Städten und Universitäten hier anwesend, die ebenfalls Sitze im Plenum beanspruchen. Sind aber die Rangstreitigkeiten unter all diesen geklärt, so hat man immer noch keine endgültige Lösung gefunden, denn seit der Absetzung unseres Papstes Johannes erheben auch die Gesandten der beiden anderen Obödienzen Ansprüche auf entsprechende Positionen.
    Manchmal wundere ich mich, wie es überhaupt möglich ist, eine Sitzung zu beginnen, und der Kardinalbischof von Ostia, der als Konzilspräsident vor dem Lettner sitzt, hat sich schon manches Mal die Haare gerauft und mir sein Leid geklagt über die Unvernunft und Empfindlichkeit mancher Prälaten.
    Diesmal hat es wenigstens eine Stunde gedauert, bis unter Geschrei und Gerangel alle Anwesenden einen Platz gefunden hatten, und wenn am Ende nicht der König ein Machtwort gesprochen hätte, dann wäre es zwischen dem Abgesandten des Herzogs von Burgund und einem französischen Bischof wohl zu Tätlichkeiten gekommen.
    Der König selbst saß im vollen Kaiserornat auf seinem Thron neben dem Altar. Uns Schreibern und Sekretären hatte man einfache Hocker auf dem Boden des Mittelschiffes zugewiesen, und so saßen wir nächst dem Angeklagten, der schließlich hereingeführt wurde. Offenbar hatte man ihm am Morgen noch den Bader in die Zelle geschickt, denn sowohl Kinn und Wangen wie auch seine Tonsur waren frisch geschoren.
    Nun hielt der Bischof Arrigoni aus Lodi die Predigt, über die er das Motto gestellt hatte: Destruatur Corpus Peccati , der Leib der Sünde soll zerstört werden. Darin legte er dar, warum es so wichtig sei, die Häresie auszurotten und die verstockten Häretiker zu

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