In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
Urteil geantwortet. Wie ein waidwundes Tier klagte er, beim Konzil würde die Wahrheit verdreht und das Recht missbraucht, man setze juristische Spitzfindigkeiten über göttliches Recht und katholische Wahrheit, dazu werde das Unrecht noch öffentlich verteidigt und gelobt. Durch Schmeichelei, Bestechung, Parteilichkeit und Drohungen habe man Lügenprofessoren und Prälaten gewonnen, welche die Gültigkeit der Zehn Gebote zugunsten eines Menschen eingeschränkt hätten. Man nehme den Bischöfen ihre Autorität und Gewalt, und wer noch die Wahrheit verteidigen wolle, werde verlacht oder sogar bedroht. Die großen Füchse lasse man frei herumlaufen, während die guten Hunde – damit meinte er wohl sich selbst und D’Ailly – gemaßregelt würden.
Fast hätte ich Mitleid mit ihm bekommen, aber dann musste ich an seinen Zornesausbruch im Hause von D’Ailly denken, bei dem er gefordert hatte, Petits Schriften müssten verbrannt werden und alle, die dem widersprachen, gleich mit. Da konnte ich mein Mitleid mit dem hitzköpfigen Franzosen wieder bezähmen.
Es heißt übrigens, die treibende Kraft hinter dem Urteil der Konzilsversammlung sei Kardinal Orsini gewesen, der aus einem nicht näher bekannten Grund seine Gunst plötzlich von den Franzosen abgezogen und den Burgundern zugewandt habe …
Hast du die Reden Ciceros schon kopieren lassen, lieber Freund? Wie gerne wäre ich jetzt bei dir in unserem geliebten Florenz, erinnert mich doch die Hitze hier in Costentz an manch heißen Sommer in unserer Ebene! Doch wer weiß, wie lange das Konzil noch dauern wird, wenn der König jetzt erst einmal aufbricht Richtung Nizza!
Für ihn ist es jedenfalls gut, wenn er die Konzilsstadt möglichst schnell verlässt, denn meine Zuversicht hinsichtlich des gefassten Mörders war leider verfrüht. Der Mailänder, von dem wir glaubten, er hätte all die Anschläge verübt, ist inzwischen selber Opfer eines Attentats geworden. Wie mir meine Bäckerfreunde heute Morgen berichtet haben, wurde er heimtückisch in seiner Haftzelle umgebracht, und das bedeutet, dass des Königs Leben weiterhin in Gefahr ist.
Aus dem brandheißen Costentz grüßt Dich
Dein Poggio
*
Seit Tagen versuchten Cunrat und Giovanni, Hug Strigel zu finden, doch er schien wie vom Erdboden verschwunden. Weder tauchte er in der Haue auf, wo die Turmwächter für gewöhnlich beisammensaßen, noch trafen sie ihn im Hause seiner Mutter an. Diese wies ihnen zunächst wortkarg die Tür, und erst als Giovanni ihr erzählte, dass sie gute Freunde ihres Sohnes und in Sorge um ihn seien, und ihr außerdem eine Hühnerpastete versprach, rückte sie damit heraus, dass ihr Sohn sich aus Angst versteckt halte, und dass schon ein anderer Mann nach ihm gefragt habe. Natürlich wollten sie wissen, wie dieser Mann ausgesehen habe, doch ihre Beschreibung war sehr vage: groß, stattlich, bartlos. Er sei kein Deutscher gewesen, sondern habe mit einem starken Akzent gesprochen, wahrscheinlich ein Welscher.
»Vielleicht ein Venezianer!«, ergänzte Cunrat, als sie später im Lamm saßen und Wein tranken.
Zornig antwortete ihm Giovanni, er solle endlich damit aufhören, die Venezianer zu verdächtigen, die hätten nichts damit zu tun, doch es klang nicht sehr überzeugend.
Hug Strigels Mutter war trotz Giovannis Angebot, die Belohnung auf drei Pasteten zu erhöhen, nicht bereit gewesen, ihnen zu sagen, wo genau sich ihr Sohn versteckte, und so rätselten sie weiter und überlegten, wie sie auch ohne den Turmwächter die Identität des Mörders herausfinden konnten.
»Wenn wir mit dem Conte sprechen könnten, der hat vielleicht einen seiner Angreifer erkannt!«, meinte Cunrat.
»Wir haben ja nach ihm gefragt in der Haue , aber du hast Sebolt Schopper gehört: Sein Diener lässt niemanden zu ihm, weil es ihm noch nicht so gut geht.«
»Wenigstens hat er den Angriff überlebt.«
»Ja, obwohl Meister Ismael nicht da war, um ihm zu helfen.«
»Vielleicht war das Gift bei ihm nicht so stark.«
»Oder der Mörder ist durch Sebolt Schoppers Knecht gestört worden und konnte ihn nicht so tief verletzen. Wie bei Simon Ringlin. Jedenfalls können wir von ihm nichts erfahren.«
»Und wenn wir Egli Locher fragen, ob er etwas über Hug Strigels Versteck weiß? Er kennt ihn recht gut.«
»Egli Locher?« Giovanni lachte sarkastisch. »Nach dem, was am Brühl passiert ist? Der würde höchstens seinen Hund auf mich hetzen!«
Doch Cunrat verstand sich gut mit Egli Lochers Hund, und
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