In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
so fasste er einen Plan.
Am nächsten Tag, einem Freitag, besorgte er sich auf dem Markt einen Krug Wein und einen großen Rinderknochen. Beides tauschte er um Hühnerpasteten ein.
Mit diesen Gaben bestückt, marschierte er abends zum Henkershaus am Ziegelgraben. Der Duft des Knochens, den er in ein Stück Sackleinwand gewickelt und an seinen Gürtel gehängt hatte, schien ihm zu folgen, denn plötzlich heftete sich ein kleines Hündchen an seine Fersen und sprang kläffend immer wieder an seinen Beinen hoch.
Cunrat blieb stehen und musste lachen. »Dieser Knochen ist nicht für dich, den brauche ich für eine Bestechung!«, erklärte er dem zerzausten Gesellen, der sich prompt hinsetzte und ihn erwartungsvoll ansah. Er hatte seine Ohren gespitzt, jedenfalls eines davon, das andere hing nach unten. Sein Pelz war weder lang noch kurz, sondern struppig, seine Farbe schwankte zwischen schmutzigem Braun und weißlichem Grau, die Augen waren dunkel umrandet, als ob das Tier eine Maske trüge, seine Beine kurz und krumm wie die eines Dachshundes. Cunrat strich ihm über den Kopf, worauf er freudig mit dem dünnbehaarten Schwanz wedelte.
Als der Bäcker weiterging, trippelte das Hündchen trotz des abschlägigen Bescheids hoffnungsvoll hinter ihm her, bis vor Egli Lochers Haus.
Doch nicht der Henker öffnete auf Cunrats Klopfen die Tür, sondern dessen Magd. Sie war alt und ihr Gesicht voller Runzeln, und mit zahnlosem Mund sagte sie, ihr Herr sei krank. Im Inneren des Hauses hörte man die Dogge knurren, sodass das Hündchen ängstlich den Schwanz einzog und ein paar Schritte zurückwich.
Cunrat ließ sich durch die Worte der Magd nicht entmutigen.
»Was hat er denn?«
»Seit er den Ketzer verbrannt hat, plagt ihn ein Fieber«, sagte sie barsch. »Gewiss will der Teufel sich an ihm rächen, weil er einen seiner Anhänger vernichtet hat!«
Obwohl Cunrat selber manchmal den Teufel am Werk glaubte, war er inzwischen der Meinung, dass Jan Hus eher ein Heiliger gewesen war als ein Ketzer, und Gretli hatte ihn noch darin bestärkt, als sie am Sonntag gemeinsam zur Kirche gegangen waren und er ihr von den Ereignissen auf dem Brühl erzählt hatte. Doch ihm war klar, dass es nichts bringen würde, mit der Magd einen religiösen Disput anzufangen.
So sagte er in freundlichem Ton: »Wenn er krank ist, würde ich ihn gern besuchen. Ich habe ihm auch etwas mitgebracht!«
Da begannen die Augen der Frau zu leuchten. Sie hatte wohl geglaubt, er komme vom Vogt, um ihren Herrn zum Dienst zu rufen. Wahrscheinlich bekam der Henker nicht viel Krankenbesuch, und umso willkommener war Cunrat nun mit seinen Gaben. Freundlich bat die Magd ihn herein. Die Dogge begann zu bellen, während das Hündchen vor der Tür stehen blieb und traurig winselte.
Als die Magd die Tür zur Schlafkammer von Egli Locher öffnete, stürzte der mächtige Hund heraus, doch als er Cunrat sah und den Knochen, den dieser inzwischen ausgepackt hatte, kannte seine Begeisterung keine Grenzen. Zuerst sprang er an seinem Freund hoch und leckte ihm das Gesicht, dann packte er das Rinderbein und schleppte es in die Ecke der Kammer, wo er sein Lager hatte.
Egli Locher stöhnte auf seiner Bettstatt. Offenbar war er nicht in der Lage, den Hund zur Ordnung zu rufen, wie er es gewünscht hätte. Cunrat näherte sich dem Bett des Henkers. Die hölzernen Fensterläden der Kammer waren geschlossen, wohl um die Hitze draußen zu halten, sodass nur das Öllämpchen, das die Magd in der Hand trug, ein wenig Licht gab. Dennoch erkannte Cunrat auf den ersten Blick, welcher Art das Fieber war, das Egli Locher plagte. Er konnte es riechen. Der Teufel hatte nichts damit zu tun, sondern neben dem hölzernen Bettkasten standen mehrere leere Krüge, die nach Wein und Branntwein rochen. Cunrat hatte Mühe, in der Kammer zu atmen, wo sich die Alkoholwolken aus den Krügen mit den Ausdünstungen des Betrunkenen und dem Geruch des Hundes mischten. Offenbar hatte er das falsche Geschenk gebracht. Er beschloss, seinen Weinkrug wieder mitzunehmen.
»Herr Egli!«, rief er den Liegenden an. Der stöhnte nur zur Antwort.
»So geht das schon seit der Verbrennung des Ketzers!«, jammerte die Magd. »Er isst nicht mehr, er badet nicht, er geht nicht mehr vor die Tür. Er ist wie verhext und trinkt nur noch. Was soll ich denn tun? Könnt Ihr nicht helfen, Herr?«
»Mein Name ist Cunrat.«
»Ich heiße Pelagia, Herr.«
»Pelagia, habt Ihr irgendwo einen Krug mit kaltem Wasser? Und vielleicht
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