In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
Strigel sich auf seinen Kontrollgang zum Bündrichstor, dem nächsten Wehrturm Richtung Rhein. Dabei musste er an der Haue vorbeigehen. Er nahm die Laterne mit, schlug die Tür heftig zu und trampelte besonders laut den Wehrgang entlang. Wenn jemand in der Haue auf der Lauer lag, dann konnte der Wächter nicht unbemerkt bleiben. Giovanni hatte ihn angewiesen, seinen Gang möglichst lang auszudehnen.
Die vier Männer in der Wachstube machten sich bereit. Sie stiegen in den unteren Raum hinab. Dann wurde die Laterne, die sie mitgebracht hatten, angezündet und unter einen Kessel gestellt, sodass es in dem Raum dunkel war, sie aber im Notfall rasch Licht machen konnten, indem sie einfach den Kessel wegnahmen. Im Dunkeln reihten sie sich an der Wand rechts und links der Treppe über der Eingangstür auf, mit angehaltenem Atem, sodass sie den Conte und seinen Helfer überraschen konnten, wenn diese heraufstiegen. Den Hund hatte Cunrat hochgenommen, um ihm notfalls die Schnauze zuzuhalten, doch für den Moment lag er ganz entspannt in seinem Arm. Dies änderte sich erst, als Hug Strigel nach längerer Zeit wieder zum Rindportertor zurückkam. Der Wächter lärmte entsprechend, um ihnen zu verstehen zu geben, dass nur er es war, der in den Turm zurückkehrte. Zerberus spitzte sein Ohr und knurrte, doch Hug Strigel sagte nur: »Alles ruhig!«
Einerseits waren die Männer froh, dass sie sich wieder in die Wachstube setzen und normal atmen konnten, andererseits spürte man die Enttäuschung darüber, dass niemand gekommen war.
Poggio Bracciolini war der Meinung, dass sie vielleicht falsch gedacht hätten und der Conte doch nicht der Mörder war, Simon Ringlin glaubte, er verfolge womöglich einen ganz anderen Plan, Cunrat hingegen mutmaßte, dass er sein Vorhaben, den König zu ermorden, am Ende ganz aufgegeben hatte.
Nur Giovanni blieb eisern: »Er wird kommen! Die Nacht ist noch nicht zu Ende.«
Kurz nach Mitternacht brach Hug Strigel zu seinem zweiten Kontrollgang auf. Wieder polterte er lautstark die Treppe hinab und den Wehrgang entlang. Wieder begaben sich die Vier in den Eingangsraum des Turmes, bedeckten die Laterne mit dem Kessel und stellten sich an der Wand auf. Und wieder nahm Cunrat seinen Hund auf den Arm. Schließlich waren Hug Strigels Schritte verklungen. Alles blieb still, man hörte nur das vorsichtige Atmen der Männer und das Knacken der Dielenbretter, die sich in der Nachtkühle entspannten.
Da begann Zerberus leise zu knurren.
*
Poggio Bracciolini an Niccolò Niccoli, am 27. Juli, dem Tag der Sieben Schläfer, im Jahre des Herrn 1415
Mein lieber Niccolò,
nun ist der König fort, er hat mit einem großen Gefolge von über tausend Mann die Konzilsstadt verlassen, um sich mit Pedro de Luna und dem König von Aragon in Nizza zu treffen. In der letzten feierlichen Versammlung vom 15. Juli, in der er sich vom Konzil verabschiedete, sprach er noch einmal von seinen Plänen. Dabei ging es vor allem um den Frieden. Er will in Zukunft Frieden stiften zwischen England und Frankreich, zwischen dem Deutschen Orden und den Polen, zwischen der Ostkirche und der Westkirche. Da hat er sich allerhand vorgenommen! Doch zuallererst will er Pedro de Luna, der sich Papst Benedikt nennt, zum Rücktritt veranlassen. Das Konzil darf sich derweil nicht auflösen, es muss seine Rückkehr erwarten, wie lange sich diese auch immer hinziehen wird. So hat er sich also Geld geliehen von Markgraf Friedrich von Brandenburg und ist losgezogen.
Dass der König überhaupt heil die Stadt verlassen konnte, ist jedoch nicht selbstverständlich. Du wirst mir gewiss Superbia unterstellen, wenn ich dir sage, dass er dies nur meinen Bäckerfreunden und mir zu verdanken hat. Dennoch schreibe ich Dir die reine Wahrheit.
Von Dankbarkeit seinerseits kann indes keine Rede sein, aber das ist auch schlecht möglich, denn er weiß gar nichts davon, wie nahe der Tod ihm gekommen ist. Lass mich Dir von seiner wundersamen Rettung berichten!
Giovanni und Cunrat hatten über zahlreiche Umwege, deren genaue Schilderung ich dir ersparen will, festgestellt, wer der Attentäter ist, der für all die Anschläge in der Konzilsstadt verantwortlich zeichnet. Es handelt sich um einen Italiener, der wohl auch hinter einer Anschlagsreihe in Mailand steckte. Seinen Namen kann ich Dir nicht nennen, weil er Decknamen trägt, die allerdings bei genauerer Betrachtung auf sein Handwerk hindeuten: Sandro Icario und Alessandro Sassino. Deinem Intellekt muss
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