In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
versucht, auch mich zu töten.«
Der Conte breitete in einer scheinbar hilflosen Geste seine Arme aus und redete auf Italienisch weiter. »Sieben Leben habt Ihr. Wie eine Katze!«
»Nein, es waren Meister Ismael und seine Tochter, die mich gerettet haben, mit ihrer Heilkunst.«
»Die jüdische Heilkunst, jaja, sie ist berühmt im ganzen Erdkreis!«, spottete der Conte. »Der gute Meister Ismael hätte sein Deuteronomium besser lesen sollen, dann hätte er gewusst, dass er es hier nicht mit einfachem Schlangengift zu tun hatte. Dort heißt es nämlich von den Wassertieren: Was aber keine Flossen und Schuppen trägt, dürft ihr nicht essen. Die das geschrieben haben, wussten, wovon sie sprachen.«
Neugierig geworden, fragte Poggio Bracciolini: »Was meint Ihr damit? Was war das für ein Gift, das Ihr verwendet habt?«
»Fragt doch euren Juden.«
»Ihr seid nicht nur ein Meisterschütze, sondern auch ein großer Alchemist und Giftmischer, nicht wahr?«
Der Conte sah ihn lauernd an. »Ihr wollt mir schmeicheln! Damit könnt Ihr mich nicht fangen. Von mir erfahrt Ihr nichts mehr.«
»Das ist auch nicht nötig. Ich weiß, welches Gift Ihr benutzt habt.«
Alle wandten sich erstaunt Simon Ringlin zu.
»Im Roten Meer lebt ein kleiner, stacheliger Fisch ohne Schuppen, der sich aufblasen kann zu einer runden Kugel. Er ist tausend Mal giftiger ist als alle Schlangen der Welt. Ein Pulver aus seinen Eingeweiden in Wasser gelöst und unter die Haut gegeben lähmt rasch alle Glieder, obwohl das arme Opfer noch bei wachem Verstand ist. Am Hofe von Miranschach war dies das am meisten gefürchtete Gift. Wie ist es nur möglich, dass ich überlebt habe?«
Der Conte zuckte die Schultern.
»Es war dunkel da auf dem Abort und eng. Ich habe Euch nur am Arm erwischt und auch da wohl nicht richtig. Euer Glück!«
Dann bückte er sich, als ob er sich am Bein kratzen wolle, doch plötzlich zog er aus seinem Stiefel etwas hervor. Blitzschnell sprang er auf, drehte sich um, stieß den Stuhl beiseite und packte den völlig überraschten Giovanni von hinten um den Hals. Der ließ vor Schreck sein Messer fallen. Im Flackerlicht der Laterne sahen seine Freunde die silbernen Giftzähne einer kleinen Gabel unter Giovannis Ohr aufblitzen.
»Und nun werdet ihr mich gehen lassen, sonst wird euer Freund das Schicksal der anderen Unglücklichen teilen. Du hast ja jetzt gehört, was dich erwartet, nicht wahr, Bäckerlein?«
Die Männer standen wie erstarrt, nur Zerberus begann zu knurren, dann packte er den Conte am Bein.
»Nimm den Flohsack da weg!«, schrie der Gebissene und schleuderte den kleinen Hund mit einem Fußtritt von sich, dass er in eine Ecke flog, wo er winselnd liegen blieb.
Da konnte Cunrat nicht mehr an sich halten, er stürzte sich auf den Conte und stieß ihn so heftig zur Seite, dass er das Gleichgewicht und die Gabel verlor und zu Boden fiel. Dabei musste er Giovanni loslassen, worauf dieser wie tot zusammensackte. Ringlin und Bracciolini stürmten auf den Conte los, um ihn zu packen, doch sie stießen die Laterne um, die Flamme erlosch und sie konnten nicht mehr richtig sehen, wo die Stühle standen. Sie stolperten und fielen übereinander, Ringlin erwischte zwar noch ein Bein des Mörders, doch der konnte es ihm entwinden und davonkriechen. Dann lief er die Treppe hoch ins Dachgeschoss. »Porcodio, ihr werdet noch an mich denken …«, keuchte er wütend. Cunrat rannte hinter dem Flüchtigen die Stufen hinauf, doch im Dunkel stieß er sich den Kopf am Deckenbalken über der Stiege, und bis er endlich das Dachgeschoss erreicht hatte, sah er nur noch im einfallenden Mondlicht, dass der Conte eine Falltür an der Pechnase geöffnet hatte und nach unten hindurchschlüpfte. So schnell er konnte, lief Cunrat hinzu, aber es war zu spät. Im fahlen Mondschein sah er am Fuße des Turms eine dunkle Gestalt am Boden liegen, die Arme in Kreuzform ausgebreitet.
»Er hat sich selbst gerichtet!«, verkündete Cunrat, als er in die Wachstube zurückkehrte. Dann wandte er sich Zerberus zu, der hinkend und winselnd auf ihn zugelaufen kam. Er nahm ihn auf den Arm, und der Hund leckte ihm übers Gesicht.
Inzwischen war Hug Strigel mit seiner Laterne vom Kontrollgang zurückgekommen. Simon Ringlin und Poggio knieten neben Giovanni, der immer noch am Boden lag. Sie versuchten, ihm den letzten Rest Wein einzuflößen. Langsam öffnete er die Augen, ohne sich zu bewegen.
»Bin ich tot?«, hauchte er.
»Nein, er hat Euch nicht stechen
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