In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
übereingekommen, mit niemandem darüber zu sprechen, was passiert war. Zum einen hätte ihnen wohl kaum jemand geglaubt, andererseits wäre Giovanni in Gefahr gekommen. Sogar Hug Strigel bewahrte Stillschweigen, denn er hatte kein Interesse daran, dass Hanns Hagen von seinen heimlichen Machenschaften erfuhr.
Doch Giovanni war nur noch ein Schatten seiner selbst. Mechanisch verrichtete er alle Tätigkeiten, entweder war er melancholisch oder wütend. Er ging nicht mehr zur Badestube und roch entsprechend. Wenn Simon Ringlin hin und wieder zu ihnen an den Stand kam, schien er ein Spiegelbild des Venezianers zu sein. Dennoch sprachen die beiden kaum miteinander, es gab nichts, womit sie sich hätten trösten können. Lucia war für immer verschwunden. Sie mussten davon ausgehen, dass der Conte seine Flucht so geplant hatte, dass er sie irgendwo außerhalb der Stadt aufgenommen und mit sich geführt hatte.
Auch Cunrat wusste nicht, wie er seinem Freund helfen sollte. Es hatte trotz dessen Erklärungen noch eine Weile gedauert, bis er ihm nicht mehr gram gewesen war, dafür, dass er sein Doppelleben so lang verschwiegen hatte. Schlussendlich hatte er sich damit getröstet, dass er sich nun wenigstens keine Gedanken mehr über Giovannis Geldquellen und seine nächtlichen Ausflüge machen musste. Wer im Dienst der Stadt Venedig stand, erhielt sicher einen guten Sold. Auf der anderen Seite fragte er sich nun bei jedem Welschen, den er traf, ob er nicht vielleicht auch ein venezianischer Spion war.
Dabei war Cunrat selber unglücklich, denn sie hatten zwar den König gerettet und den Mörder seiner Freunde gefunden, aber der hatte sich seiner gerechten Strafe entzogen. Cunrat hatte sein Gelübde nicht halten können.
»Im Grunde war der Conte ja nur ein Werkzeug!«, versuchte Gretli ihn zu trösten.
Sie hatte ihn zwei Tage nach den nächtlichen Ereignissen, am Tag der Heiligen Margarethe von Antiochien, gebeten, mit ihr die St.-Johann-Kirche zu besuchen. Dort hatten sie unter dem Margarethenfenster, wie Cunrat es nannte, gebetet, obwohl dies der Heiligen Margarethe von Ungarn geweiht war und Gretli eigentlich die Heilige Margarethe von Cortona als ihre Namensheilige betrachtete. Doch sie war der Meinung, dass es nicht schaden konnte, auch den Schutz der anderen beiden Margarethen für sie beide und das Kind, das in ihr wuchs, zu erbitten.
Für Cunrat aber war gerade dieser Gang besonders schwer gewesen, hatte er doch im Angesicht dieser Heiligen geschworen, den Mörder seiner Freunde zu finden und deren Tod zu rächen.
Gretli spürte seinen Kummer und drang so lang in ihn, bis er ihr trotz Giovannis Bitte um Verschwiegenheit erzählte, was passiert war.
Am Ende stand er mit hängenden Armen und gesenktem Haupt neben ihr.
»Verstehst du? Der Mörder ist geflüchtet und hat Lucia bei sich, er wird nicht bestraft werden und kann sich mit dem Blutgeld, das er schon bekommen hat, ein gutes Leben machen, irgendwo auf der Welt!«
»Auch er war nur ein Werkzeug, glaube mir!«, antwortete sie mitfühlend. »Die wirklichen Mörder sind seine Auftraggeber, Kardinal Benedetti und dessen Hintermänner. Und um die zur Rechenschaft zu ziehen, würde selbst die Macht des Königs nicht ausreichen!«
In der Tat hatte Benedetti überraschend die Stadt verlassen und war nach Venedig zurückgekehrt, zumindest hatte es Frau Sunnentag so ihrer Freundin Anna Tettikover berichtet. Damit hatte der Kardinal sich jeglicher Jurisdiktion außerhalb Venedigs entzogen.
»Aber wie kann Gott das zulassen?« Cunrat ballte die Fäuste. »Giovanni kommt fast um vor Kummer, weil er Lucia verloren hat, die Tettingers, Ambrogio und all die anderen sind durch Mörderhand gestorben, und die feinen Herren, die daran schuld sind, leben in Saus und Braus und kennen keine Not! Und wir können nichts dagegen tun!« Verzweifelt schüttelte er seine Fäuste hoch zur Heiligen Margarethe, die mit immer gleicher Güte auf ihn herabblickte. »Gibt es denn keine Gerechtigkeit für uns kleine Leute?«
Gretli erschrak über die Heftigkeit seiner Anklage.
»Cunrat, versündige dich nicht!«, sagte sie mit fester Stimme. Dann zog sie seine Arme herab und legte sie um ihren Leib, sodass seine Hände auf ihrem gewölbten Bauch zu ruhen kamen.
»Fühl doch, wie es sich rührt! Mach ihm keine Angst! Wir alle sind in Gottes Hand, und er wird wissen, was er tut. Wir können nicht alles begreifen.«
Doch auch wenn ihn die Bewegungen seines Kindes rührten, so linderten
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