In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
mit tiefhängenden Steingewölben. Die Wände waren feucht und schwarz, es roch nach Schimmel. Wie in einer Schänke nicht anders zu erwarten, fanden sie vor allem Weinfässer, große und kleine, alle säuberlich beschriftet und aufgestapelt, mit Keilen dazwischen, damit sie nicht wegrollen konnten.
Cunrat musste an den Tag denken, an dem man Tettinger gefunden hatte, aufgehängt im Kellerraum für die kleinen Fässer mit teurem Rheinwein gleich nach der Treppe. Als sie diesen Raum betraten, sah er wieder das blaue Gesicht des Erhängten vor sich, mit den herausquellenden Augen und der dickgeschwollenen Zunge. Erneut packte ihn ein Gefühl von Schuld, weil der Mörder seines Freundes entkommen war und er sein Gelübde nicht hatte halten können.
Am Ort der Untat erinnerte inzwischen nichts mehr an den Toten außer den Weinfässern, die immer noch hier aufgestapelt waren. Es waren mehr Fässer geworden, offenbar wurde heute mehr vom teuren Wein getrunken als zu Beginn des Konzils. Waren die Fässer damals nur rechts und links an den Seiten aufgestapelt gewesen, so hatte man jetzt auch eine Wand aus Fässern zur Außenmauer hin errichtet, sodass der verbleibende Raum sehr eng geworden war. Der dicke Tettinger hätte hier nur noch schwerlich aufgehängt werden können.
Sie machten einen kompletten Rundgang durch alle Kellerräume, doch am Ende hatten sie nichts gefunden außer Weinfässern, Essensvorräten und Spinnen.
»Vielleicht hat er sein Lager irgendwo in den oberen Geschossen«, überlegte Cunrat.
»Das kann nicht sein, hinter der Schänke befinden sich die Küche und daneben die Kammer, in der man sich zum Würfeln trifft. Dort gibt es keine weiteren Räume. Und weiter oben sind die Schlafkammern, die hat er alle vermietet.«
»Bis auf die Kammer, die zum Geheimgang führt. Und wenn er sein Diebesgut in dem Raum hinter dem Schrank gelagert hat?«
»Ich hatte den Eindruck, dass er tatsächlich glaubt, in der Kammer mit dem Schrank spuke es. Wenn du mich fragst, kennt er den Raum gar nicht. Außerdem hat er auch keinen Schlüssel dafür, er hat ja nur zwei an seinem Gürtel hängen. Den dritten hatte der Conte. Den hat er wohl der Schwester von Tettinger weggenommen, bevor er sie von der Mauer gestürzt hat.«
»Aber wie kommt es, dass der Conte einen zweiten Kellerschlüssel hatte? Sebolt Schopper hat den seinen doch noch! Was meinte er damit, dass er einen Zwilling bekommen hat?«
»So einen Schlüssel kann man nachschmieden, Cunrat. Wenn er ihn in einen Wachsstock gedrückt hat, konnte er ihn leicht nachmachen lassen, ohne dass es jemandem aufgefallen wäre. So hatte er immer Zugang zur Haue . Aber den Schlüssel zum geheimen Durchgang, den wollte er allein haben, da bin ich mir sicher. Diesen Fluchtweg hat er für sich gesichert. Und damit niemand nachforscht, hat er die Legende mit dem Spukzimmer in die Welt gesetzt. Nein nein, in dem geheimen Raum befindet sich gewiss kein Lager.«
»Was ist mit dem Dachgeschoss?«
»Da hat Sebolt Schopper weitere Betten aufgestellt, einer der Würfelspieler hat mir das erzählt. Bei der Hitze muss es direkt unter dem Dach heiß sein wie in der Hölle, aber Schopper versucht, jeden Zoll seines Hauses zu Geld zu machen.«
»Und die Konzilsgäste sind froh, wenn sie überhaupt ein Dach über dem Kopf haben, auch wenn sie sich dort wie im Dampfbad fühlen.«
»Das Lager muss hier unten sein, Cunrat, wir haben irgendetwas übersehen! Du warst doch dabei, als man Tettinger gefunden hat. Fällt dir denn nichts auf? Ist irgendetwas anders als damals?«
»Es wird mehr Rheinwein getrunken, das ist das Einzige, was anders ist.«
Im Fackellicht versuchten sie, hinter die neue Wand aus Fässern mit Rheinwein zu schauen, aber sie war durch die Keile nahezu undurchdringlich.
»Entweder sind hier mehrere Reihen Fässer gestapelt, oder dahinter verbirgt sich etwas ganz anderes!«
Giovanni leuchtete die aufgetürmten Fässer und den Boden davor noch einmal genau ab.
»Sieh nur, Cunrat, hier auf dieser Seite ist der Boden dunkler, da scheinen mir mehr Füße darüber gelaufen zu sein. Nimm doch mal das oberste Fass ganz außen herab.«
Cunrat packte das Fass und wunderte sich, wie leicht es war.
»Das ist leer!«
»Aha, und das darunter?«
Der lange Bäcker tat, wie ihm geheißen, und es war für ihn ein Leichtes, sämtliche Fässer in der äußersten Reihe wegzunehmen. Sie waren alle leer.
»Die sind so gestapelt, dass man sie forträumen kann, ohne dass der Rest
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