In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
Kampf zwischen den beiden Männern käme, und die Schänkenbesucher an den anderen Tischen standen bereits auf, um besser sehen zu können. Aber dann überlegte es sich der Wirt. Offenbar waren ihm der Gulden und die Ruhe in der Schänke doch wichtiger als sein Ärger über den jungen Gesellen und die aufsässige Frau. Sollte der Welsche doch sehen, wie er mit ihr fertig wurde!
»Nimm ihn mit nach oben!«, befahl er ihr und begab sich hinter den Tresen. Sie stöhnte und hielt sich die Wange, dann stand sie langsam auf und ging Giovanni voran, folgsam. Doch aus ihren Augen leuchtete blanker Hass.
Cunrat blieb allein am Tisch zurück. Auf einen Wink des Wirtes setzte sich eine der anderen Frauen zu dem einsamen Bäckergesellen. Aber der schüttelte nur den Kopf, sodass sie sich irgendwann ein erfolgversprechenderes Opfer suchte.
Rosshuser stellte ihm noch einen Krug Wein hin. Übertrieben freundlich meinte er: »Mach dir nichts draus, mein Freund, so sind sie halt, die Welschen. Wenn sie einen Rock sehen, vergessen sie jede Freundschaft! Du solltest es ihm einfach gleichtun und nicht so abweisend sein. Ich habe noch viele schöne Frauen hier. Sieh dich nur um!«
Doch Cunrat schüttelte weiterhin nur den Kopf.
»Du denkst an die Mäntellerin? Weißt schon, dass das fromme Frauen sind, die ihr Leben in Gottesfurcht verbringen, oder? Da hat ein Mann nichts zu suchen, wo schon der Heilige Christ der Bräutigam ist.«
Cunrat setzte stumm den Becher an den Mund und trank einen großen Schluck Wein. Er wusste ja, dass der Wirt recht hatte. Schließlich warf er ein paar Münzen auf den Tisch, legte seinen Mantel um und verließ das Lokal. »Die ganze Nacht«, hatte Giovanni gesagt, da brauchte er auch nicht auf ihn zu warten. Wie es seinem Freund wohl erging? Ob Lucia ihm wirklich das Gesicht zerkratzte?
Sein Weg führte ihn durch die dunkle Stadt wie von selbst in die Sammlungsgasse, wo das Haus der Mäntellerinnen stand. Eigentlich hätte er ein Licht mit sich führen müssen, so war es seit Kurzem Vorschrift, wie der Rat verkündet hatte, weil sich so viel Gesindel in der Stadt herumtrieb. Doch Cunrat trug weder Fackel noch Laterne bei sich. So ging er linker Hand im Schatten der Häuser, um sich beim eventuellen Auftauchen eines Nachtwächters in einen Eingang ducken zu können.
Doch bevor er das Beginenhaus erreichte, öffnete sich plötzlich auf der anderen Straßenseite ein Tor. Durch einen Spalt fiel Licht auf die Straße. Cunrat blieb stehen und hielt den Atem an. Im hellen Schein sah er die Umrisse eines bärtigen Mannes und erkannte in ihm den Juden, den er an seinem ersten Tag in Costentz gesehen hatte. Offenbar befand sich hier die Judenschule, von der Bärbeli damals gesprochen hatte. Der Mann schaute vorsichtig die Straße hinauf und hinab. Er schien Cunrat nicht zu bemerken und öffnete die Tür weiter, um einen heimlichen Gast auf die Straße zu entlassen. Dieser verabschiedete sich mit einem »Habt Dank, Meister Ismael!« Die Stimme kam Cunrat vertraut vor. Als der Unbekannte sich zum Gehen wandte, fiel für einen Moment der Lichtschein auf sein Gesicht, bevor das Tor wieder geschlossen wurde. Cunrat war fassungslos. Was hatte Hanns Hagen heimlich mit den Juden zu schaffen?
*
Poggio Bracciolini an Niccolò Niccoli, am 17. Dezember, im Jahre des Herrn 1414
Ich, Poggio, entbiete Dir, meinem Niccolò, einen herzlichen Gruß!
Warst du, werter Freund, jemals mitten im Winter auf den Höhen des Casentino, wo sich die Einsiedelei des Heiligen Franziskus befindet? Oder in den wilden Abruzzen? Oder auf den Gipfeln der Dolomiten nördlich von Venedig?
Denn nur dann kannst du nachfühlen, wie es mir derzeit in Costentz ergeht. Der Winter ist mit aller Macht hereingebrochen, mit Schnee und Eiseskälte, sodass die Wagenspuren in den gefrorenen Straßen gemauerten Gräben gleichen und die Bäume aussehen wie Zuckerwerk. Ich vermeide es, so gut es geht, meine warme Stube mit dem Ofen zu verlassen, und wenn ich mich in die Stadt aufmache, sei es im Auftrag des Papstes oder um einen Gottesdienst zu besuchen, dann muss ich meine wärmsten Kleider und Pelze aus der Truhe holen, meine dicksten Stiefel und Mützen, damit mir nicht untere und obere Extremitäten, sprich Zehen und Ohren abfrieren. Die Nase, für die noch kein Schutz erfunden wurde, ist schon ganz rot geworden und tropft ständig.
Zu meinem großen Ärger wurde die Konzilsversammlung, die für heute anberaumt war, verschoben auf Januar. Unser
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