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In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

Titel: In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Küble , Henry Gerlach
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der die schönste Stimme hatte, sang schließlich die lateinische Version jenes Abschnittes aus dem Lukas-Evangelium, in dem der Evangelist über die Geburt Christi berichtet.
    Danach sprach der Prior zu den Menschen in der Kirche: »Geliebte Gläubige, so wie unser von Gott ins Licht seiner Weisheit erhobene Vater und Patron dieser Kirche, der Heilige Franziskus, seine Gesänge in der Volkssprache geschrieben und den Menschen mitgeteilt hat, und nach dem Vorbild, das er uns im Dorfe Greggio in seiner Heimat Umbrien gegeben hat, werden wir euch nun die Geschichte der Geburt Jesu in unserer Volkssprache zu Gehör bringen und mit lebenden Personen darstellen!«
    Nachdem er geendet hatte, begann der Priester also erneut die Weihnachtsgeschichte zu lesen, diesmal auf Deutsch.
    »Es begab sich aber zu der Zeit …«
    Da öffnete sich die Tür der Sakristei und heraus schritten – von Engeln begleitet – Maria und Joseph. Er war ein graubärtiger, würdiger Mann, den Cunrat schon in der Stadt gesehen hatte, vermutlich aus einem vornehmen Patriziergeschlecht. Maria hingegen wurde von einem sehr jungen Mädchen mit liebreizendem Gesicht dargestellt. Sie trug ein rotes Gewand und einen prächtigen, blauen Mantel darüber. Es war deutlich zu sehen, dass sie schwanger war; offenbar hatte man ihr ein dickes Kissen unters Kleid gepackt. Die beiden gingen langsam im Seitenschiff nach hinten, während die Engel mit goldenen Stäben die Menge zur Seite drängten, damit das heilige Paar seinen Gang durch die volle Kirche nehmen konnte. In einem Wechselgesang erzählten sie, wie müde Maria war, weil sie schon so lang unterwegs wären, und wie schwer es wäre, eine Herberge zu finden. Nachdem sie im Mittelschiff zum Chorraum zurückgeschritten waren, hielten sie vor der gemalten Herberge an und begehrten Einlass. Aus der Kulisse trat nun ein als Wirt verkleideter Mann hervor, dem man mit Kohlestift hässliche Narben und einen schwarzen Bart ins Gesicht gemalt hatte. Sein Haar war zerrauft, seine Schürze schmutzig und zerrissen, aber um sein böses Naturell noch deutlicher zu machen, tauchte plötzlich hinter ihm eine Teufelsfigur auf, mit Hörnern und Kuhschwanz. Einige Frauen schrieen entsetzt auf, was den Teufelsdarsteller veranlasste, sich zu ihnen zu wenden und sie mit breitem Grinsen und einem »Bäh!« noch mehr zu erschrecken.
    Maria und Joseph begannen nun mit dem Wirt einen gesungenen Wortwechsel, in dem sie um Herberge baten, die er ihnen jedoch verweigerte. Immer flehentlicher wurden ihre Bitten, der Wirt aber blieb hart, und, angestachelt vom Teufel, steigerte er sich mit abweisenden Gesten und Worten immer mehr in seine Boshaftigkeit hinein.
    »Nein, so ein Gelichter und Gesindel kommt mir nicht in mein Haus, geht dort in den Stall, wie es euch gebührt!«
    Da begann es in der Menge zu rumoren.
    »Scheiß Wirt!« »Hurensohn!« »Genauso sind sie, diese Halunken!« »Bruder, wo hast du die Eselsäpfel hingebracht?«
    Als die Ersten tatsächlich anfingen, den Wirtsdarsteller mit Mist zu bewerfen, den sie von ihren Stiefeln gekratzt hatten, gab ihm der Prior schnell ein Zeichen zu verschwinden. Den Teufel nahm er gleich mit. Zum Abschied hob der noch seinen Kuhschwanz und furzte kräftig ins Publikum.
    Nur langsam beruhigte sich die Menge wieder. Maria und Joseph begaben sich in den Stall, der mit Stroh und Holzkisten ganz annehmlich ausgestattet war. Sie setzten sich auf zwei Kisten, und die beiden Tiere beschnupperten sie neugierig und schnaubten.
    Da öffnete sich erneut die Tür der Sakristei, und nun brachte ein Engel das Christuskind heraus. Cunrat sah den Gottesboten erwartungsvoll an, aber es war nicht Gretli, sondern ein Mädchen mit langem blonden Haar, das einen kleinen Jungen auf den Armen vor sich hertrug. Er war mit feinen weißen Leinenbinden umwickelt. Während sie sang »Es ist ein Ros entsprungen …«, nahm sie denselben Prozessionsweg durch das Seitenschiff und zurück durch das Mittelschiff bis zum Chorraum wie vor ihr Maria und Joseph. Doch diesmal waren keine Engel nötig, um den Weg freizumachen; angesichts des lebendigen Jesuskindes, das mit neugierig wachen Augen um sich blickte, bildeten die Menschen von selber eine Gasse, sie fielen auf die Knie und bekreuzigten sich.
    Maria hatte sich inzwischen auf wunderbare Weise ihres Schwangerenbauches entledigt und ein großes Kissen auf das Stroh zwischen sich und Joseph gelegt, auf dem der Engel vorsichtig das Kind niedersinken ließ.
    In diesem

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