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In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

Titel: In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Küble , Henry Gerlach
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saß also auf den hölzernen Tribünen in dem riesigen Kirchenraum, wir Sekretäre ganz unten, mit den Füßen auf dem kalten Steinboden. Manche hatten sich Kissen und Decken mitgebracht – die Glücklichen! Es waren Kohlebecken aufgestellt worden, aber diese reichten kaum für die Nächstsitzenden zum Händewärmen. Die anderen versuchten sich warmzuhalten, indem sie eng zusammenrückten, mit den Füßen stampften und in die Hände klatschten. Auch Kerzen gab es nur wenige, denn diese sollten von den städtischen Würdenträgern beim Einzug des Königs mitgeführt werden. So saßen wir also fast völlig im Dunkeln und in der Kälte – von den Mündern stiegen bei jedem Atemzug Nebelwölkchen gen Himmel – und warteten, warteten auf die Ankunft des Königs wie auf das Kommen des Erlösers.
    Erst gestern habe ich dann erfahren, was sich zu jener Zeit auf der anderen Seite des Costentzer Sees und hernach in der Stadt selber abgespielt hat.
    Mit dem König waren nach Überlingen gekommen seine Frau Barbara, die Tochter des Grafen von Cilli, deren Schwester Anna, dann seine Nichte, die Gräfin Elisabeth von Württemberg sowie Herzog Rudolf von Sachsen. Außerdem führte er zwei vornehme türkische Kriegsgefangene mit sich. Doch die hohen Herren oder wohl vor allem die Damen waren erschöpft von der Reise und wollten nicht gleich wieder von Überlingen aufbrechen. Sie mussten sich erst ein wenig erholen und legten sich daher – eben zu der Zeit, als wir uns ins Münster begaben – für eine Stunde zum Schlafen nieder.
    Währenddessen wurden die Schiffe beladen mit Pferden, Wagen und Menschen, den Dienern und ungarischen Soldaten des Königs, zuletzt das größte, das Schiff für Sigismund und seine Familie. Als alles parat war, wurden die hohen Herrschaften geweckt, und nach einem Imbiss fuhren sie schließlich gen Costentz. Beim herrschenden Ostwind mussten die Schiffe, die nur ein Segel tragen, immer wieder kreuzen und zeitweise sogar gerudert werden, sodass sie endlich gegen die zweite Stunde nach Mitternacht im Costentzer Hafen eintrafen.
    Unterdessen saßen wir immer noch erwartungsvoll in der bischöflichen Basilika. Der Hausherr selbst wie auch einige andere hohe Kleriker waren gegen Mitternacht verschwunden und tauchten erst mit dem König wieder auf. Es war ihnen wohl zu kalt geworden. Wir anderen aber, einschließlich des Papstes und der Kardinäle, hielten uns tapfer, wir beteten, sangen, redeten, doch die meisten schliefen. Ein kräftiges Schnarchen hallte von den Wänden des Kirchenschiffs wider.
    Inzwischen war die Ratsstube eingeheizt und heißer Malvasier bereitgestellt worden. So begaben sich Sigismund und sein Gefolge nach ihrer Ankunft zunächst ins Rathaus beim Hafen, um sich zu stärken und die Geschenke der Stadt entgegenzunehmen: zwei vergoldete Tücher, die bei der anschließenden Prozession zur Kirche als Baldachine über dem König und der Königin getragen wurden.
    Bei der Botschaft von der Anlandung des Königs mit seinem Gefolge, die uns ein Diener von Papst Johannes überbrachte, atmeten die im Münster Ausharrenden kurz auf, doch als wir hörten, dass sie zuerst im Rathaus empfangen würden, da schwand unsere Hoffnung auf einen baldigen Beginn der Matutin, denn jeder weiß, wie sich solche Empfänge in die Länge ziehen, vor allem wenn mehrere Frauen beteiligt sind, die für alle Verrichtungen noch länger brauchen als die Männer. Meine Füße fühlten sich an wie Eisblöcke, das heißt, im Grunde fühlte ich nichts mehr in ihnen. Ein kleiner Rundgang durch das Kirchenschiff ließ das Blut wieder fließen, doch ich verfluchte meine Eitelkeit, derentwegen ich nur meine Lederstiefel angezogen und keine Pelze um die Füße gewickelt hatte, wie es die Barbaren tun.
    Nachdem die königlichen Damen und das ganze Gefolge sich erholt und gewärmt hatten, ging es schließlich unter dem Jubel der inzwischen herbeigelaufenen Menschenmenge durch die Stadt Richtung Münster. Gegen die vierte Stunde hörten wir die Trompeten der Prozession näher kommen. Das Portal der Bischofskirche tat sich auf, und die Orgel begann zu spielen. Sie füllte das Kirchenschiff mit ihrem Klang, während nun als Erste die städtischen Würdenträger eintraten. Sie trugen Kerzen, die endlich den Raum erleuchteten und wenigstens ein Gefühl von Wärme verbreiteten. Danach kamen einige von Sigismunds Soldaten in voller Rüstung, und schließlich schritt der Römische König selbst unter dem goldenen Baldachin herein,

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