In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
meine Stiefel anzuziehen.
Verstehst Du jetzt, Niccolò, was ich damit gemeint habe, dass ich es vorgezogen hätte, nicht bei diesem Empfang des Römischen Königs dabei zu sein, der sich über zwölf Stunden hinzog? Nun hoffe ich nur, dass die Konzilsversammlung recht bald zusammentritt, um Johannes als Papst zu bestätigen und sich dann endgültig aufzulösen.
Ich grüße Dich, mit Sehnsucht nach den warmen Gefilden Italiens!
Dein Poggio
*
»Und nun trägt sie den Stein immer an ihrem Busen!«
Voller Begeisterung und ohne Stottern hatte Cunrat seinem Freund Giovanni von der wundersamen Weihnachtsmette und seiner Begegnung mit Gretli erzählt. Er redete immer noch langsam, denn seine Gedanken, die zuvor mehr Zeit gehabt hatten, sich zu sammeln, bevor er sie aussprach, mochten nicht so schnell auf die Zunge kommen, wie diese sie jetzt in Worte verwandeln konnte. Dennoch schaute ihn Giovanni bewundernd an und schüttelte immer wieder den Kopf.
»Es ist kaum zu glauben, wirklich kaum zu glauben! Kein Stammeln mehr! Entweder ist sie eine Heilige oder eine Hexe.«
Auf Cunrats bösen Blick fügte er lachend hinzu: »Gut, eine Heilige! Trinken wir auf die Heiligen, ob sie nun Margarethe oder Lucia heißen!«
Die beiden saßen in der Schänke Zur Haue auf zwei Hockern in ihrer Ecke neben dem Kamin, aßen einen Eintopf und tranken Wein. Obwohl Cunrat dem Wirt nicht recht trauen mochte, hatte er sich von Giovanni überreden lassen, zum Essen hierher zu gehen, »damit ich hinterher noch ein Spielchen machen kann«, wie er anfügte.
Es war der Tag des Heiligen Stephanus. Die beiden Bäckergesellen hatten vorher noch keine Zeit gefunden, sich ihre Weihnachtserlebnisse zu erzählen. Denn nicht nur Cunrat hatte in der Heiligen Nacht sein Paradies wieder gefunden, auch Giovanni war überzeugt, dass Gott ihm einen Engel geschickt hatte.
»Ich muss sie da raus holen, verstehst du?« Seine Fröhlichkeit verschwand. Er hatte Lucia seit der Christmette nicht mehr gesehen, denn die Bordelle waren an Sonn- und Feiertagen geschlossen. »Ich halte das nicht aus, mir vorzustellen, wie ein anderer mit ihr im Bett liegt, ich ertrage das nicht, verstehst du, Cunrat?« Giovanni ballte die Faust und sah aus, als ob er gleich in Tränen ausbrechen würde.
Cunrat verstand ihn gut. Er wagte es nicht sich auszumalen, wie er sich gefühlt hätte, wenn Gretli bei einem anderen Mann gelegen hätte. Aber was konnte man tun? 100 Gulden waren 100 Gulden, die konnte Giovanni auch mit Spielen nicht so einfach auftreiben.
Während sie da saßen und tranken und zwischen Liebessehnsucht und Zorn schwankten, betrat ein vornehmer Herr mit einigen Dienern und Soldaten den Schankraum. Er trug eine Pelzmütze und ein teures, pelzverbrämtes Wams. Mit grimmigem Blick musterte er das Lokal und die Menschen, die sich darin aufhielten, Cunrat und Giovanni, den Conte, der hinter seinem Tisch an der Seite saß, einen Trupp ungarischer Soldaten aus dem Gefolge König Sigismunds, ein paar Kleriker in langen Kutten, einige Ratsknechte und andere Trinker. Sebolt Schopper lief den Eintretenden untertänig buckelnd entgegen, um sie zu begrüßen. Der Mann antwortete auf Italienisch, und einer der Diener übersetzte in holpriges Deutsch, dass sein Herr Ser Martinus heiße und etwas zu essen haben wolle.
Schopper führte die Gruppe an einen Tisch in der Nähe des Kamins, an dem die Ratsknechte beisammensaßen. Er bat diese, den Tisch freizumachen, damit der hohe Herr einen Platz fände, und versprach dafür jedem einen Becher Wein. Maulend willigten sie ein, sodass die Italiener sich ins Warme setzen und Fleisch und Wein bestellen konnten.
Giovanni saß mit dem Rücken zu den Neuankömmlingen, sodass er gut mithören konnte, worüber sich die Welschen unterhielten. Übertönt vom Kneipenlärm übersetzte er das Gehörte dann für Cunrat, der ihm gegenüber auf seinem Hocker saß und nun näher heranrückte, während er wiederum genau beobachtete, was sich an dem Tisch abspielte.
So erfuhren sie, dass Ser Martinus der Abgesandte des Herzogs Filippo Maria Visconti aus Mailand war, und dass König Sigismund ihn hatte als Spion gefangen nehmen lassen.
»Wie einen Hasen!«, lamentierte er. »Mich! Den Abgesandten eines der größten Herren der Christenheit!«
Doch dann hatte man ihn überraschend wieder freigelassen.
»Wahrscheinlich hat der Ungar kapiert, dass er das mit uns Italienern nicht machen kann. Wenn sich das herumspricht, werden viele gar nicht erst
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