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In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

Titel: In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Küble , Henry Gerlach
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nicht im sprichwörtlichen Sinne, sondern in der Wirklichkeit.
    Es ist nämlich so, dass der See im Norden der Insel nur etwa zwei Bogenschuss in der Breite und höchstens drei Fuß in der Tiefe misst. So kommt es, dass er nach all der Kälte der letzten Wochen eine kräftige Decke aus Eis bekommen hat, die nicht nur einen schweren Mann, sondern sogar ein Pferd zu tragen vermag. Da dies wohl jeden Winter geschieht, haben die Bewohner der Insel, aber auch diejenigen des Städtchens Allenspach am Nordufer des Sees, ganz eigene Formen des Zeitvertreibs entwickelt.
    Eine davon ist das Laufen auf dem gefrorenen Wasser. Ja, du hast richtig gelesen, wie einst Christus auf dem See Genezareth, so sind auch wir auf dem Wasser gewandelt! Mit zurechtgeschnittenen und durchbohrten Rinderknochen, die an die Stiefel angeschnallt werden, kann man pfeilschnell über das Eis gleiten, allerdings muss man erst lernen, mit den Armen das Gewicht des Körpers recht zu verteilen, weil man sonst ebenso pfeilschnell mit Körperteilen auf dem Eis landet, die ich lieber nicht beim Namen nennen möchte. Es war sehr drollig anzusehen, wie dürre Sekretäre und gewichtige Prälaten gerade eben noch elegant über dem Spiegel des gefrorenen Wassers schwebten und im nächsten Augenblick, hilflos mit den Armen rudernd, sich vergeblich um ihr Gleichgewicht bemühten, um am Ende schmerzhaft mit der harten Eisdecke Bekanntschaft zu schließen. Mir ist selbiges nur ein einziges Mal passiert, dann hatte ich verstanden, wie weit ich meinen Körper nach vorne beugen musste, um dem Wind und seinen Kräften gewachsen zu sein.
    Eine andere Form der Kurzweil ist das Schleudern von kleinen, aus Holz geschnitzten Trögen, die mit Steinen befüllt sind. Man packt sie an einem oben angebrachten hölzernen Griff und stößt sie mit aller Kraft über das Eis. Derjenige, dessen Trog am weitesten flitzt, hat gewonnen. Andere Inselbewohner wiederum gleiten in kleinen Gruppen mit Stöcken über den See und versuchen sich dabei gegenseitig eine hölzerne Scheibe abzujagen. Die Kinder vergnügen sich indes damit, ihre Kreisel über die glatte, weite Fläche zu schnellen, dann jagen sie ihnen mit einer Leichtigkeit hinterher, als ob sie sommers wie winters nichts anderes tun würden, als auf dem Wasser zu laufen wie einst unser Herr Jesus.
    So verbrachten wir wohl eine gute Stunde recht vergnüglich, auch wenn mich immer wieder ein unbehagliches Gefühl beschlich beim Gedanken, dass unter uns, in Neptuns Reich, gefräßige Hechte und Welse darauf warteten, dass jemand durch die eisige Schale breche und ihnen zum Fraß ins kalte Nass herabsinke. Doch als der Abt einen Knecht losschickte, um heißen Wein zu bringen, den er uns direkt auf dem Eis kredenzte, da war ich fast schon wieder mit der Kälte versöhnt.

    Du siehst, mein lieber Niccolò, wir werden hier wieder wie die Kinder und suchen uns Zerstreuungen aller Art, um die Zeit bis zur nächsten Konzilssitzung, die für Ende Januar vorgesehen ist, zuzubringen. Dann wird hoffentlich Johannes als Papst bestätigt, und wir können nach Rom zurückkehren.

    Es grüßt Dich mit rotgefrorener Nase

    Dein Poggio

    *

    Cunrat hatte eine schlimme Nacht verbracht. In seinen Träumen hatte er in einer heißen Wanne gelegen oder sich über einem Feuer die Hände gewärmt. Dazwischen waren wütende Ungarn auf ihn eingestürmt, der tote Tettinger hatte sich vor seinen Augen in Würmer und Schlangen verwandelt, und am Ende hatte Hanns Hagen ihn mit rotem Gesicht angeschrien, warum er zu den Juden gehe. Schon beim ersten Morgengrauen war er zitternd erwacht. Was würde dieser Tag bringen? Würde der Vogt ihn einem peinlichen Verhör unterziehen? Er schien ihn nicht für den Mörder zu halten, aber offensichtlich glaubte er, Cunrat wisse etwas über die Verbrechen. Wie konnte er ihm nur klar machen, dass dem nicht so war? Dass er sich selber fragte, was der Tod dieser drei Menschen mit ihm zu tun hatte, aber keine Antwort darauf fand?
    Es war schon heller Tag, als er die Wachen kommen hörte. Würden sie ihn jetzt zum Verhör holen? Würde man ihn aufziehen? Oder ihm Daumenschrauben anlegen? Er stellte sich auf die Beine. Der Riegel wurde zurückgeschoben, aber es war nicht der Wächter, sondern der Vogt selbst, der sein Verlies betrat. Finster starrte er den Gefangenen an.
    »Nun, Cunrat Wolgemut, ist dir noch etwas eingefallen?«
    Cunrat ließ den Kopf sinken.
    »Nein, Herr.«
    »Danke Gott, dass du einen hohen Fürsprecher gefunden

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