In seinem Bann
abwürgen, um noch auf den letzten Tagesordnungspunkt, ein kürzlich bewilligtes DFG-Projekt im Bereich der interdisziplinären Mediävistik-Forschung zu sprechen zu kommen.
Kapitel 5
Es war bereits nach achtzehn Uhr, als die Sitzung zu Ende war, doch ich traute mich nicht nach Hause. Ich wollte nicht allein sein mit den quälenden Gedanken, mit den Bildern, die sich in meine Netzhaut gebrannt hatten und sich einfach nicht vertreiben ließen.
Ich fuhr in die Innenstadt und parkte zentral in der Garage der MyZeil-Galerie, des mit seiner spektakulären Glasfassade architektonisch fraglos eindrucksvollsten, aber inhaltlich belanglosesten Einkaufszentrums der Frankfurter City.
Doch statt mich vom bunten, geschäftigen Treiben der Zeil ablenken zu lassen, lief ich durch die an diesem schwül-warmen Juniabend angenehm klimatisierten Geschäfte wie ferngesteuert.
Ich aß eine Kleinigkeit in der Bar Celona am Holzgraben, nur um nicht allein zu sein. Aber ich schmeckte nicht viel von meiner Pesto-Pasta und musste mich zu jedem Bissen zwingen, ehe ich schließlich die halbe Portion zurückgehen ließ.
Es half nichts. Ich konnte dem peinigenden Gedankengewirr in meinem Kopf nicht entfliehen.
Zuhause wartete das angekündigte Päckchen auf mich – mit Beleg, dass es tatsächlich erst am Vortag in New York City aufgegeben worden war. Unglaublich!
Ich ließ Coco und Filou auf den Balkon und wand mich dann dem weichen Polsterumschlag zu. Darin befand sich ein Beutel aus schwarzem Samt, verschlossen mit einer großen cremeweißen Satin-Schleife. Ich fischte den Inhalt heraus, schälte ihn aus dem raschelnden Seidenpapier und dann hielt ich die wohl edelsten Dessous in der Hand, die ich jemals gesehen hatte.
Es handelte sich um ein dreiteiliges schwarzes Wäscheset von La Perla, bestehend aus BH, Strumpfhalter und String, alles ausschließlich aus feinster Spitze und weichem Seidentüll gefertigt. Ich war so fasziniert von der kunstvollen Verarbeitung, dass mir die kleinen Besonderheiten dieser Dessous erst beim zweiten Hinsehen auffielen. Die feine Tüllstickerei des BHs war nicht nur ziemlich durchsichtig, die Balconette-Schalen waren auch so flach gearbeitet, dass sie den pikantesten Teil der Brust quasi unbedeckt lassen würden. Der breite, doch ebenso filigran gestaltete Strumpfgürtel erinnerte fast an eine Korsage, da er hinten geschnürt wurde. Außerdem war unterhalb der Schnürung ein neckisches Tüll-Schößchen angebracht, das den Po wie ein frivoles Tütü betonen musste. Das mit Abstand sündigste Detail aber hielt das Höschen bereit. Zwischen den Beinen befand sich ein Satin-Schleifchen, das einen äußerst verruchten Längsschlitz verbarg.
Das waren Dessous für eine Edelkurtisane, nicht für eine anständige Frau.
Doch in dem Samtbeutel steckte noch etwas anderes mit größerem Gewicht. Die kleine längliche Lederschachtel erinnerte an ein Stift-Etui und als ich den Deckel hochklappte, hätte man das Objekt, das dort wiederum in schwarzen Samt gebettet vor mir lag, tatsächlich fast mit einem luxuriösen Schreibgerät verwechseln können.
Ich musste einfach ungläubig den Kopf schütteln, als ich die Bewandtnis dieses stiftförmigen Handschmeichlers aus protzigem 750er Gold erkannte. Das wohl größte und massivste Teil aus so hochwertigem Gold, das ich jemals in Händen gehalten hatte, war kein Schmuckstück, sondern ein trivialer Vibrator.
Ich konnte es kaum fassen.
Sündige Dessous und ein unbezahlbar teurer Vibrator, das waren in der Tat Geschenke für eine Hure oder Mätresse. Aber für die Frau, die man liebte? Heute zumindest erwischte Ian mich mit diesem pikanten Präsent auf dem völlig falschen Fuß.
Wieder musste ich an das Video denken. Ob er Isabelle und ihre Kolleginnen ebenfalls mit solcher Wäsche beschenkt und nach seinen Wünschen ausstaffiert hatte?
Und wieder nahm das Karussell der unermüdlich kreisenden Gedanken Fahrt auf.
Ich begann die Wohnung sauber zu machen. Das tat ich eigentlich nie mittwochabends und schon gar nicht bei so herrlichem Sommerwetter, aber ich musste meinen Händen, meinem Körper etwas zu tun geben und je stupider und geistig anspruchsloser diese Tätigkeit war, desto besser.
Gegen zehn klingelte das Telefon. Ian. Im ersten Moment spielte ich mit dem Gedanken, nicht ranzugehen. Aber was hätte das genützt? Er wusste doch nicht, was vorgefallen war. Und wenn ich nicht zuvor diese E-Mail erhalten hätte, hätte ich mich vermutlich sogar über sein ebenso
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