Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

In seinen Händen - Coben, H: In seinen Händen - Caught

Titel: In seinen Händen - Coben, H: In seinen Händen - Caught Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
Vom Netzwerk:
vor und spähte durch den Spalt in den Flur.
    Dunkelheit.
    Schluss mit diesem Mantel-und-Degen-Kram.
    »Chynna?«
    Meine Stimme hallte durchs leere Haus. Ich rechnete nicht damit, eine Antwort zu bekommen. Keine Antwort. Das passte ins Gesamtbild. Ich stieß die Tür etwas weiter auf, trat vorsichtig einen Schritt vor …
    »Dan? Ich bin hier hinten. Komm rein.«
    Die Stimme klang gedämpft und kam von ziemlich weit weg. Auch das gefiel mir nicht, aber jetzt würde ich auf keinen Fall zurückweichen. Zurückweichen hatte mich im Leben schon zu viel gekostet. Ich zögerte nicht mehr. Jetzt wusste ich, was zu tun war.
    Ich öffnete die Haustür, trat ein und schloss sie hinter mir.
    Andere hätten in meiner Lage eine Pistole oder irgendeine andere Waffe mitgebracht. Ich hatte darüber nachgedacht. Aber das ist einfach nicht mein Stil. Außerdem war es jetzt zu spät, mir darüber Gedanken zu machen. Chynna zufolge war ohnehin sonst niemand zu Hause. Und wenn doch, na ja, dann würde ich eben improvisieren.

    »Chynna?«
    »Geh schon mal ins Wohnzimmer. Ich komme sofort.«
    Die Stimme klang … falsch. Am Ende des Flurs fiel etwas Licht durch die leicht geöffnete Tür, also ging ich darauf zu. Ich hörte etwas. Ich blieb stehen und horchte. Fließendes Wasser. Vielleicht eine Dusche.
    »Chynna?«
    »Ich zieh mich nur um. Komme sofort.«
    Ich ging ins schwach beleuchtete Wohnzimmer. An der Tür war so ein Dimmer-Lichtschalter, und ich überlegte, ob ich das Licht heller stellen sollte, ließ es dann aber. Meine Augen gewöhnten sich schnell an das Halbdunkel. Die Decke war vertäfelt, das Material sah aber weniger nach Holz als vielmehr nach Vinyl aus. An den Wänden hingen zwei Bilder von traurigen Clowns mit riesigen Blumen am Revers - vielleicht hatte sie jemand beim Resteflohmarkt nach dem Umbau eines extrem billigen Motels erstanden. Im Regal stand eine große Flasche billiger Wodka.
    Ich meinte, jemanden flüstern zu hören.
    »Chynna?«, rief ich.
    Keine Antwort. Ich stand auf und lauschte. Nichts.
    Ich ging nach hinten, in die Richtung, aus der ich die Dusche gehört hatte.
    »Ich komm gleich«, sagte die Stimme. Ich zuckte zusammen. Ein kalter Schauer erfasste mich, denn jetzt hatte ich die Stimme aus der Nähe gehört. Und eins fand ich äußerst seltsam:
    Sie klang überhaupt nicht nach Chynna.
    Drei widerstreitende Gefühle erfassten mich. Erstens: Panik. Das war nicht Chynna. Sieh zu, dass du aus dem Haus kommst. Zweitens: Neugier. Wenn das nicht Chynna war, wer war das dann, und was war hier los? Drittens: wieder Panik. Chynna hatte mich angerufen - was war mit ihr passiert?

    Ich konnte hier jetzt nicht einfach abhauen.
    Ich trat einen Schritt auf die Tür zu, durch die ich hereingekommen war, als es plötzlich geschah. Ein Scheinwerfer leuchtete mir direkt ins Gesicht. Ich taumelte zurück und hob die Hand.
    »Dan Mercer?«
    Ich blinzelte. Frauenstimme. Geschult. Volles Timbre. Kam mir seltsam bekannt vor.
    »Wer sind Sie?«
    Plötzlich erschienen noch mehr Menschen im Zimmer. Ein Mann mit einer Kamera. Ein anderer mit etwas, das wie ein Mikrofon-Galgen aussah. Und die Frau mit der bekannt klingenden Stimme. Sie war atemberaubend mit den rotbraunen Haaren und ihrem Kostüm.
    »Wendy Tynes, NTC News . Was tun Sie hier, Dan?«
    Ich öffnete den Mund, bekam aber nichts heraus. Ich kannte die Frau aus der Fernsehshow …
    »Warum haben Sie sich auf anzügliche Weise mit einer Dreizehnjährigen unterhalten, Dan? Wir haben das Gespräch aufgezeichnet.«
    … die Pädophile in die Falle lockt und vor laufender Kamera entlarvt, damit die ganze Welt sie sieht und Zeuge ihres schändlichen Tuns wird.
    »Sind Sie hergekommen, um Sex mit einem dreizehnjährigen Mädchen zu haben?«
    Die Wahrheit dessen, was hier ablief, traf mich wie ein Keulenschlag und ließ das Blut in meinen Adern gefrieren. Weitere Personen strömten ins Zimmer. Noch ein Kameramann. Ein Polizist. Die Kameras kamen näher an mich heran. Das Licht wurde heller. Auf meinen Augenbrauen sammelten sich Schweißtropfen. Ich fing an zu stammeln, wollte meine Unschuld beteuern.

    Aber es war vorbei.
    Zwei Tage später gingen die Bilder über den Sender. Die ganze Welt sah sie.
    Und wie ich es irgendwie schon gewusst hatte, als ich auf die rote Haustür zuging, war das Leben Dan Mercers zerstört.
     
    Als Marcia McWaid das leere Bett ihrer Tochter sah, geriet sie nicht sofort in Panik. Das würde später kommen.
    Sie war um sechs Uhr aufgewacht,

Weitere Kostenlose Bücher