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In seinen Händen - Coben, H: In seinen Händen - Caught

Titel: In seinen Händen - Coben, H: In seinen Händen - Caught Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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waren. Andere hatten sich verwundet noch ein Stück weitergeschleppt und klammerten sich jetzt an die Schränke wie die Gefallenen der Französischen Revolution an die Barrikaden.
    »Patricia? In einer Stunde ist deine Probe.«
    »Ich bin schon wach«, stöhnte ihre Tochter mit einer Stimme,
die genau das Gegenteil besagte. Marcia ging zum nächsten Zimmer, Haleys, und sah kurz hinein.
    Das Bett war leer.
    Es war auch gemacht, was Marcia allerdings nicht überraschte. Im Gegensatz zu den Rumpelkammern ihrer Geschwister war dieses Zimmer ordentlich, sauber und perfekt aufgeräumt. Es hätte ein Ausstellungsraum in einem Möbelgeschäft sein können. Es lagen keine Kleidungsstücke auf dem Fußboden, und sämtliche Schubladen waren ordentlich geschlossen. Die Pokale - und davon gab es reichlich - standen sauber aufgereiht auf vier Regalbrettern. Das vierte hatte Ted erst vor kurzem angebracht, als Haleys Team das Ferienturnier in Franklin Lakes gewonnen hatte. Haley hatte die Pokale gewissenhaft auf alle vier Bretter verteilt, weil sie nicht wollte, dass auf dem neuen nur der eine stand. Warum, wusste Marcia auch nicht genau. Zum Teil lag es wohl daran, dass es nicht so aussehen sollte, als würde Haley nur auf weitere Pokale warten, aber der Hauptgrund war bestimmt ihr allgemeiner Widerwillen gegen Unordnung. Die Pokale standen alle im gleichen Abstand zueinander, und wenn einer dazukam, schob Haley alle etwas näher zusammen, so dass sie zuerst etwa sieben Zentimeter auseinanderstanden, dann fünf und schließlich nur noch drei. Bei Haley drehte sich alles um Ausgewogenheit. Sie war die gute Tochter, was natürlich wunderbar war - ein ehrgeiziges Mädchen, das seine Hausaufgaben machte, ohne dass man es dazu auffordern musste, das nicht wollte, dass andere schlecht über sie dachten, und das eine schon fast aberwitzige Leistungsbereitschaft an den Tag legte -, und doch sah Marcia darin auch eine gewisse Verklemmtheit, einen Anflug von Besessenheit, der ihr gelegentlich Sorgen bereitete.
    Marcia fragte sich, wann Haley nach Hause gekommen war. Haley musste nicht zu einer bestimmten Zeit zu Hause sein,
das war einfach nie notwendig gewesen. Sie war verantwortungsbewusst und hatte ihre Freiheiten bisher nie ausgenutzt. Außerdem hatte sie ihren Highschool-Abschluss sicher. Marcia war um zehn müde geworden und ins Bett gegangen. Ted war ihr, in seiner ewigen Lüsternheit, kurz darauf gefolgt.
    Marcia wollte schon weitergehen, sich nicht weiter darum kümmern, als sie sich plötzlich - sie konnte gar nicht sagen, wie sie darauf kam - entschloss, eine Maschine Wäsche zu waschen. Sie ging in Haleys Bad. Die jüngeren Geschwister, Ryan und Patricia, glaubten offenbar, dass »Wäschekorb« nur ein anderes Wort für den Fußboden oder genaugenommen »alles außer dem Wäschekorb« war, aber Haley legte natürlich alles, was sie am Tag getragen hatte, pflichtbewusst und gewissenhaft in ihren hinein. Und als Marcia den öffnete, spürte sie zum ersten Mal etwas Schweres, Drückendes in ihrer Brust, etwas wie einen kleinen Stein.
    Im Wäschekorb lag keine Kleidung.
    Der Stein in ihrer Brust wuchs, als sie erst Haleys Zahnbürste, dann das Waschbecken und die Dusche prüfte.
    Alles knochentrocken.
    Der Stein verhärtete sich, als sie Ted rief und dabei versuchte, das Entsetzen aus ihrer Stimme fernzuhalten. Er wuchs, als sie zum Captains-Kursus fuhr, wo man ihr sagte, dass Haley nicht aufgetaucht wäre. Er wuchs, als sie Haleys Freundinnen und Freunde anrief, während Ted ihre Freunde mit E-Mails bombardierte - und keiner von ihnen wusste, wo Haley war. Er wuchs, als sie das örtliche Polizeirevier anrief und der Beamte, trotz Marcias und Teds eindringlicher Proteste, ganz offensichtlich davon ausging, dass Haley eine Ausreißerin wäre, eine Jugendliche, die mal ein bisschen Dampf ablassen musste. Er wuchs, als achtundvierzig Stunden später das FBI eingeschaltet wurde. Er wuchs, als man nach einer Woche noch
immer keinen Hinweis auf Haleys Aufenthaltsort gefunden hatte.
    Es war, als wäre sie vom Erdboden verschluckt worden.
    Ein Monat verging. Nichts. Dann der zweite. Immer noch kein Wort. Und dann, im dritten Monat, war es schließlich soweit - und der Stein, der in Marcias Brust zu einem Felsbrocken herangewachsen war, der sie am Atmen hinderte und nachts wach hielt, hörte zu wachsen auf.

ERSTER TEIL

EINS
    Drei Monate später
     
    S chwören Sie, die Wahrheit zu sagen, die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit, so

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