Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

In seiner Hand

Titel: In seiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
Vom Netzwerk:
Opfer.
    Ms. Devereaux konnte aus dieser Gefangenschaft entkommen, war aber, als sie unter Polizeischutz in die betreffende Gegend zurückkehrte, bedauerlicherweise nicht in der Lage, den Ort zu lokalisieren, von dem sie entkommen war.
    Dr.
    Beddoes erkundigte sich, ob erfolgreiche Fluchtversuche dieser Art von Entführungsopfern häufig oder selten vorkämen. DI Cross antwortete, er habe mit solchen Fällen nur sehr begrenzte Erfahrung. Dr. Beddoes fragte, ob in diesem Fall bereits Fortschritte zu verzeichnen seien. DI Cross antwortete, die Ermittlungen befänden sich noch in einem sehr vorläufigen Stadium.
    Dr.
    Burns beschrieb die bei Ms. Devereaux festgestellten, hauptsächlich oberflächlichen Verletzungen. Er berichtete, dass ihr dehydrierter, unterernährter Zustand zwar nicht lebensbedrohlich gewesen sei, aber durchaus auf eine Form von körperlichen Strapazen hingedeutet habe.
    Dr.
    Beddoes fragte, ob der Körper der Patientin irgendwelche Spuren von Gewaltanwendung oder Folter aufgewiesen habe. Dr. Burns antwortete, Blutergüsse an Hals und Handgelenken hätten auf eine Fesselung hingedeutet.
    Dr. Burns stellte fest, die Computertomographie habe keinen Befund ergeben, offensichtlich lägen keine Gehirnverletzungen vor, Professor Mulligan berichtete über seine Beurteilung der Patientin. Er sei zu dem Schluss gekommen, dass Ms. Devereaux’ Aussagen über ihre posttraumatische Amnesie mit dem Ergebnis seiner Untersuchung in Einklang stünden.
    Dr.
    Beddoes fragte ihn, ob er konkrete körperliche Beweise für eine derartige Amnesie in Folge einer Kopfverletzung gefunden habe. Professor Mulligan antwortete, derartige »Beweise« seien nicht relevant. Es folgte eine heftige Diskussion zwischen Dr. Beddoes und Professor Mulligan, die hier nicht im Detail wiedergegeben werden kann.
    Dr. Beddoes sprach über ihre Beurteilung der Patientin.
    Ihrer Meinung nach handle es sich bei Ms. Devereaux um eine wortgewandte, intelligente, attraktive junge Frau. Ihr Bericht über ihr Martyrium sei spannend und überzeugend gewesen. Eine eingehendere Untersuchung habe allerdings ergeben, dass Ms. Devereaux in den Monaten vor diesem angeblichen Martyrium beträchtlichem Stress ausgesetzt gewesen sei. Beruflich habe sie derart unter Druck gestanden, dass sie schließlich gezwungen gewesen sei, aus stressbedingten Gründen unbezahlten Urlaub zu nehmen. Aus Ms. Devereaux’ Aussagen lasse sich ableiten, dass dieser unbezahlte Urlaub kurz vor ihrer angeblichen Gefangenschaft begonnen habe. Auch die Beziehung zu ihrem Freund sei eine Quelle beträchtlichen Drucks gewesen, bedingt durch seinen exzessiven Alkoholkonsum und sein damit verbundenes gewalttätiges Verhalten.
    Dr.
    Beddoes berichtete, im Verlauf ihrer Untersuchungen seien weitere relevante Faktoren zu Tage getreten. Entgegen ihren eigenen Aussagen habe es in Ms.
    Devereaux’ Leben bereits früher Anzeichen für mentale Labilität gegeben. Sie sei deswegen sogar in ärztlicher Behandlung gewesen, was sie anfangs jedoch nicht erwähnt habe. Hinzu komme, dass die Patientin nicht zum ersten Mal behaupte, Opfer von Gewalttätigkeiten geworden zu sein. Polizeiliche Aufzeichnungen würden belegen, dass sie bereits mehrmals wegen häuslicher Streitigkeiten bei der Polizei angerufen habe, bei denen es sich um Probleme mit ihrem Freund handelte.
    Auch in diesen Fällen hatte die Patientin erkennbare Schwierigkeiten, sich an die Ereignisse zu erinnern, offenbar vergleichbar mit der Amnesie, unter der sie derzeit angeblich litt. Dr. Beddoes berichtete, sie habe sich, nachdem sich bei ihr erste Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Patientin geregt hätten, ausgiebig mit anderen über den Fall beraten und versucht, objektive Beweise für Ms. Devereaux’ Geschichte zu finden. Leider vergeblich. Dr. Beddoes sagte, sie sei zu dem Schluss gekommen, dass Mr.
    Devereaux’ Probleme
    psychologischer Natur seien und sich am besten mit einer Gesprächstherapie behandeln ließen.
    Professor Mulligan fragte, wie dann Ms. Devereaux’
    Blutergüsse und die Tatsache zu erklären seien, dass man sie stark abgemagert in einem Teil von London gefunden habe, der weit von ihrer Wohnung und ihrem Arbeitsplatz entfernt lag. Dr. Beddoes antwortete, Professor Mulligan sei in erster Linie wegen seines Fachwissens in gewissen, sehr speziellen neurologischen Bereichen hinzugezogen worden.
    Detective Chief Inspector Lovell fragte Dr. Beddoes, ob sie darauf hinaus wolle, dass gar kein Verbrechen geschehen sei.

Weitere Kostenlose Bücher