In seiner Hand
er.
»Das habe ich auch nicht angenommen«, antwortete ich, eher irritiert als beruhigt.
»Ich bin nicht wütend auf dich.«
»Was passiert ist, tut mir Leid.«
»Nein«, unterbrach er mich. »Du hast mir einen Gefallen getan. Ich glaube, ich bin durchgedreht.«
»Ich bin nicht sicher …«
»In den vergangenen Wochen stand ich die meiste Zeit völlig neben mir und sah mir selbst dabei zu, wie ich mein Leben ruinierte. Weißt du, ich wollte immer erfolgreich sein, und bis zu einem gewissen Grad hat sich der Erfolg auch eingestellt. Während der letzten zwei Wochen habe ich viel über dieses Thema nachgedacht und bin auch zu einem Ergebnis gekommen. Ich hatte vermutlich immer das Gefühl, dass mich die Leute nur dann lieben würden, wenn ich Erfolg hatte. Liebe war in meinen Augen eine Belohnung für Leistung. Ich glaube, ich musste erst alles komplett vermasseln, um endlich eine klare Trennlinie zwischen meinem Arbeits- und meinem Gefühlsleben ziehen zu können. Eigentlich sollte ich mich bei dir entschuldigen. Aufgrund meines Verhaltens warst du plötzlich gezwungen, die Dreckarbeit für mich zu erledigen. Das tut mir Leid, Abbie, es tut mir so Leid!«
Auf einmal fing Todd mitten in seiner Küche zu weinen an, bis sein Gesicht vor lauter Tränen ganz nass war. Ich stellte meine Kaffeetasse auf seinem Küchentisch ab. Ich hatte nicht vor, Todd zu umarmen, ganz bestimmt nicht.
Das wäre heuchlerisch gewesen. Andererseits konnte ich auch nicht nur einfach so dastehen. Also trat ich zwei Schritte vor und legte meine Hand auf seine Schulter. Das Problem war schnell gelöst, weil Todd einfach die Arme um mich schlang und mich schluchzend an sich drückte.
Eine Seite meines Halses wurde nass von seinen Tränen.
Es war mir unmöglich, seine Umarmung nicht auf irgendeine Weise zu erwidern. Doch ich umarmte ihn nicht richtig fest, sondern legte locker die Arme um ihn und tätschelte leicht seine Schulterblätter.
»Todd«, sagte ich schwach. »Es tut mir Leid.«
»Nein, nein, Abbie«, schluchzte er. »Du bist wirklich ein guter Mensch.«
Für einen Moment drückte ich ihn ein wenig fester an mich, dann löste ich mich von ihm. Ich ging zum Spülbecken, riss ein Stück von seiner Küchenrolle ab und reichte es ihm, woraufhin er sich die Nase putzte und das Gesicht abtupfte.
»Ich habe viel nachgedacht«, sagte er. »Es war alles in allem wirklich eine positive Zeit für mich.«
»Das ist gut«, antwortete ich. »Das freut mich zu hören.
Wenn du nichts dagegen hast, würde ich mit dir gern über das sprechen, was ich bereits erwähnt habe: meine sehr vagen Erinnerungen an die vergangenen Wochen. Zum Beispiel weiß ich beim besten Willen nicht mehr, dass ich bei Jay & Joiner unbezahlten Urlaub genommen habe.
Deswegen treffe ich mich im Moment mit allen Personen, von denen ich annehme, dass sie mir etwas über diese Zeit erzählen können. Dinge, die ich vergessen habe.« Ich sah Todd in die Augen. »Manche mögen behaupten, wir hätten uns im Streit getrennt. Ich habe mich gefragt, ob wir noch Kontakt hatten, nachdem du … na ja, gegangen bist.«
Todd rieb sich die Augen. Sein Gesicht war rot und ein wenig aufgequollen.
»Ein paar Tage ist es mir ziemlich schlecht gegangen«, sagte er. »Ich war voll Bitterkeit, fühlte mich von allen verraten, doch je länger ich darüber nachdachte, desto besser wurde es. Als du dich gemeldet hast, ging es mir schon wieder richtig gut.«
»Als ich mich gemeldet habe? Wie meinst du das?«
»Du hast mich angerufen.«
»Wann war das?«
»Vor zwei, drei Wochen.«
»Ich meine, genau.«
Todd überlegte einen Moment. Nachdenklich fuhr er mit der Hand über sein stoppeliges Haar.
»Es war einer von den Tagen, an welchen ich ins Fitness-Studio gehe. Sie haben mir die Mitgliedschaft nicht gekündigt, musst du wissen. Gott sei Dank.
Demnach muss es an einem Mittwoch gewesen sein.
Nachmittag.«
»Am Mittwochnachmittag. Gut. Und was habe ich gesagt?«
»Nicht viel. Du warst sehr nett. Du wolltest nur wissen, ob bei mir alles in Ordnung sei.«
»Warum?«
»Aus Nettigkeit. Du hast gesagt, da wären ein paar Dinge, die dein Gewissen belasteten und die du aus der Welt schaffen wolltest. Ich gehörte auch dazu.«
»Habe ich sonst noch was gesagt?«
»Du hast mir von deinem unbezahlten Urlaub erzählt.
Und von der Avalanche-Geschichte. Du warst wundervoll.
Du hast dich glücklich angehört. Auf eine ehrliche Art, meine ich.«
Ich überlegte einen Moment, rekapitulierte
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