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In sueßer Ruh

In sueßer Ruh

Titel: In sueßer Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. E. Lawrence
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der Wand. »Diese Typen? Die sind schlicht und einfach verflucht böse«, erklärte er finster und ließ sich auf den nächstbesten Stuhl fallen. Er wirkte schlanker, stellte Lee fest, war aber mürrischer als üblich. In Form zu kommen sagte ihm offenbar nicht zu.
    »Es ist verlockend, sie für böse zu halten«, sagte Lee. »Aber möglicherweise haben sie nicht die Wahl, sich anders zu verhalten. Ihnen fehlt die Fähigkeit zur Empathie.«
    »Mann, das ist echt schwer vorstellbar«, bemerkte Quinlan. »Muss verdammt einsam sein.«
    »Schon, aber wenn man nie erlebt hat, was einem entgeht, vermisst man es dann?«, fragte Butts.
    »Genau«, meinte Lee. »Sie halten andere für Objekte, die man manipuliert.«
    »Das verstehe ich ja«, entgegnete Butts. »Ich sage ja nur … vergessen Sie’s.«
    »Was vergessen?«, fragte Elena Krieger, die ins Zimmer gefegt kam.
    »Wir reden gerade über die Psyche von unserem Täter«, informierte Butts sie, zog eine Banane aus der Tasche und schälte sie. »Kalium«, erklärte er auf ihren Blick hin, »soll die Erholung der Muskeln nach dem Training beschleunigen.«
    »Sie trainieren?«, sagte sie. »Was kommt als Nächstes – Pocken oder die Pest?«
    »Hahaha«, meinte Butts mit vollem Mund. Beim Anblick des offenen Munds voller Banane wandte sich Krieger kopfschüttelnd ab.
    Quinlan betrachtete die Fundorte und zog an seinem langen Kinn. »Eines kapiere ich an dem Typen nicht: Wieso benutzt er so öffentliche Plätze, um die Leichen abzulegen? Will er geschnappt werden?«
    Butts schnaubte und schluckte die restliche Banane hinunter. »Diese Typen wollen nie geschnappt werden.«
    »Er gibt damit eine Erklärung ab«, sagte Lee.
    »Ja? Und was für eine?«, fragte Quinlan.
    »Ich glaube, ich habe eine Idee«, sagte Krieger. Sie öffnete ihren teuren Lederrucksack und zog einen Stapel Seiten heraus. »Hören Sie sich das mal an«, sagte sie und las vor: » Der Tod einer schönen Frau ist zweifellos das poetischste Thema der Welt . Das ist ein Zitat von Edgar Allan Poe.«
    »Gruslig«, erklärte Butts. »Ich wusste ja, dass Poe ein exzentrischer Knilch war.«
    »Was hat das denn mit unserem Typen zu tun?«, wollte Quinlan wissen.
    »Das habe ich auf einer Steampunk-Website gefunden«, erklärte Krieger. »Und vielleicht erinnern Sie sich, wo die letzte Leiche gefunden wurde.«
    »Poe Rock«, sagte Lee.
    »Sie meinen, das war Absicht?«, fragte Quinlan.
    »Überlegen Sie doch mal«, sagte Lee. »Erst Melville, jetzt Poe – Detective Krieger ist da was auf der Spur.«
    Butts warf die Bananenschale Richtung Papierkorb, verfehlte ihn aber um fast einen Meter. »Ja, aber was?«, meinte er und stand auf, um die Schale hineinzuwerfen.
    »Melville, Poe, Tesla – sie gehören alle zum Kosmos der viktorianischen Steampunk-Gothic-Phantasie«, sagte Lee.
    »Schon, sicher, aber wie soll uns das helfen, ihn zu finden?«, fragte Quinlan.
    »Ich habe eine Idee«, warf Krieger ein. »Er ist kein Einzelgänger, richtig?«
    »Er verbringt vermutlich viel Zeit damit, seine Angriffe vorzubereiten«, führte Lee aus, »aber er hat soziale Kompetenz. Ansonsten wären die Opfer ihm gegenüber misstrauischer.«
    »Und dann ist da noch diese Blutgruppen-Sache«, sagte Butts.
    »Was für eine Blutgruppen-Sache?«, erkundigte sich Krieger.
    Lee erklärte ihr, was Russell Kim herausgefunden hatte.
    »Könnte es Zufall sein?«, fragte Quinlan. »Ich meine, haben viele Menschen diese Blutgruppe?«
    »Kim sagt, ungefähr die Hälfte der weißen Bevölkerung«, antwortete Lee.
    »Nimmt er sie wegen ihrer Blutgruppe ins Visier?«, fragte Krieger.
    »Leuchtet das nicht ein?«, meinte Lee. »Vor allem wenn er sich ihr Blut intravenös injiziert.«
    »Das hieße, Sie hatten recht mit den medizinischen Grundkenntnissen«, meinte Quinlan.
    Es klopfte an der Tür. Krieger machte auf, und ein verlegener, aber dienstbeflissener Sergeant Ruggles stand vor ihr.
    »Ja, Sergeant? Was kann ich für Sie tun?«
    Ruggles räusperte sich. »Ich dachte, Sie könnten vielleicht Hilfe brauchen – das heißt, möglicherweise imstande sein, etwas Unterstützung in Anspruch zu nehmen.«
    Krieger lehnte ihren langen Körper an den Türrahmen. »Und welche Art von Unterstützung haben Sie im Sinn?«
    Ruggles errötete, und ihm traten Schweißperlen auf die Stirn. »Nun ja, wenn ich richtig verstanden habe, stellen Sie doch Nachforschungen an in dieser Szene, äh, in dieser –«
    »Steampunk-Szene«, sagte Krieger.
    »Ja, Ma’am. Und –

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