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In sueßer Ruh

In sueßer Ruh

Titel: In sueßer Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. E. Lawrence
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Neuankömmlinge den Fundort in Augenschein nehmen konnten.
    Das Mädchen war genauso ordentlich abgelegt wie das erste Opfer, die Hände über dem Bauch gefaltet. Die Kleine war jung und hatte ein jugendlich frisches Aussehen, trug eine kurze Jogginghose und ein T-Shirt mit Schweißflecken. Wie schon bei der ersten Toten hatte auch sie im Tod einen friedlichen Gesichtsausdruck, und es gab keinerlei Hinweise auf sexuelle Übergriffe oder Gewalt.
    Bei Weitem am befremdlichsten war jedoch der Ort, an dem die Leiche sich befand: Sie lag ausgestreckt auf dem Grab von Herman Melville.

KAPITEL 23
    »Was zum Teufel soll das?«, fragte Butts Lee, als sie auf den Grabstein starrten. Er war schlichter als die prachtvollen Grabmäler ringsum, was das Grab jedoch nur noch anrührender machte. Ein einfacher Granitstein, in den ein von Reben umrankter nichtssagender Schriftzug eingraviert war. Unter dem Namen des Schriftstellers standen lediglich Geburts- und Sterbedatum.

    HERMAN MELVILLE
    1. August 1819 – 28. September 1891
    Lee schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, was es genau bedeutet, aber es war ganz offensichtlich Absicht.« Er glaubte allmählich, dass der Mörder nichts zufällig tat. Dadurch ließ er sich einerseits einfacher analysieren, andererseits machte es ihn gefährlicher. Planvolle Straftäter waren immer gefährlicher.
    Er kniete sich mit Butts neben die Leiche. Sie sah dem ersten Opfer nicht besonders ähnlich, denn Candy Nugent war gertenschlank und brünett gewesen. Dieses Mädchen hatte einen athletischeren Körperbau und einen blonden Pferdeschwanz. Es gab keine Verletzungen – außer einer kleinen Einstichwunde in der rechten Armbeuge.
    »Sieht so aus, als hätte er da die Nadel reingeschoben«, bemerkte Butts.
    »Ja. Er weiß eindeutig, was er tut. Gib mir eine Minute, ja?«, sagte Lee zu dem Detective, der aufstand und sich Blätter und kleine Zweige von der Hose klopfte.
    Quinlan kam auf sie zu und setzte an, eine Frage zu stellen, aber Butts gab ihm ein Zeichen zu schweigen. »Der Doc hätte gern einen Moment für sich«, flüsterte er. »Um sich in den Killer hineinzuversetzen oder so, verstehen Sie?«
    Der grobknochige Sergeant nickte. Er zog sich eine Zigarette aus einer zerknautschten Marlboro-Packung, steckte sie an und nahm einen tiefen Zug.
    »Dieser Scheiß wird Sie umbringen«, sagte Butts.
    »Früher oder später bringt einen alles um«, entgegnete Quinlan und zog erneut an der Zigarette. Der Rauch kringelte und wand sich über seinem Kopf, bevor er wie ein Gespenst über die Gräberreihen davonsegelte.
    »Na gut«, murmelte Lee. »Du lässt sie also hier auf Melvilles Grab liegen – nur warum? Weil du dich mit den Prinzipien von Gut und Böse in Moby Dick herumquälst? Oder vielleicht weil Melville an seinem Lebensende zutiefst verbittert war, ist es das? Bist du verbittert?«, fragte er leise.
    Lee erhob sich und winkte Sergeant Quinlan herbei. Dieser drückte die Zigarette an der Schuhsohle aus und steckte sie wieder vorsichtig in die Packung zurück, um eine Verunreinigung des Fundorts zu vermeiden. Vielleicht aber auch, um sie sich für später aufzuheben. Bei den hohen Steuern, die die Regierung kürzlich auf Zigaretten eingeführt hatte, konnte in New York City ein Päckchen leicht sieben Dollar kosten.
    »Haben Sie alles gesehen, was Sie sehen mussten?«, fragte Quinlan. »Können die Techniker jetzt loslegen?«
    »Ja«, antwortete Butts. »Wir haben fürs Erste, was wir brauchen.«
    Quinlan gab der Spurensicherungsmannschaft ein Zeichen und trat zur Seite, damit sie sich an die Arbeit machen konnten. »Was schätzen Sie – der Typ ist ein Irrer, oder?«
    »Ja«, sagte Lee. »Gelinde ausgedrückt.«
    Quinlan schauderte. »Gruslig. Die Sache macht mich ganz kirre. Welcher Perversling lässt seinem Opfer denn das Blut ab?«
    Einer der Techniker, ein schmächtiger junger Asiate, rief etwas zu ihnen herüber. »Wir haben da was gefunden, das Sie sich vielleicht mal anschauen sollten.«
    Er hielt ein Blatt Papier in der Hand. Butts streifte sich ein Paar Gummihandschuhe über und hielt es vorsichtig hoch, damit die anderen es lesen konnten. Es war ganz gewöhnliches weißes Papier, wie man es in jedem Laden für Bürobedarf kaufen konnte. Und darauf stand eine einzelne Strophe von etwas, das ein Gedicht zu sein schien.
    The youth that time destroyed can live in me again
    But I require blood – the time is coming when
    I’ll come to you at night, as the owl hoots at the moon
    I’ll

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