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In sueßer Ruh

In sueßer Ruh

Titel: In sueßer Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. E. Lawrence
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jüngste Anfrage aus der Bahn geworfen. Er wusste, dass er sich von dem Angebot geschmeichelt fühlen sollte, doch er hatte noch immer ziemlich schwache Nerven und wollte eigentlich nicht noch mehr Druck haben.
    Er stieg die zwei Stockwerke zu seiner Wohnung hinauf und fühlte sich alt, steif und müde. Gerade hatte er die Tür aufgemacht, da klingelte das Telefon. Als er den Hörer abnahm, ließ die Stimme am anderen Ende der Leitung seine Eingeweide gefrieren.
    »Ich habe mich schon gefragt, wann Sie wieder da sind. Ziemlich lange außer Haus, nicht wahr?«
    Die Stimme hatte etwas Schlangenhaftes und war eiskalt.
    Er erkannte sie sofort, obwohl der letzte Anruf Wochen her war. Seine Hoffnung, sie hätten für immer aufgehört, schwand auf der Stelle.
    Er dachte daran aufzulegen, sagte allerdings stattdessen: »Was wollen Sie?«
    »Was ich will? Du meine Güte, ich sollte doch meinen, dass es eher darum geht, was Sie wollen, oder nicht?«
    »Also gut«, sagte er und zwang sich, sachlich zu bleiben. »Und was will ich?«
    »Herausfinden, woher ich von dem roten Kleid weiß zum Beispiel.«
    Eine Anspielung auf Lauras Verschwinden. Als sie verschwand, hatte sie ein rotes Kleid getragen, aber diese Information war nie an die Öffentlichkeit gelangt.
    Lee holte tief Luft, damit seine Stimme nicht zitterte.
    »Und was noch?«
    Seine Frage wurde mit einem leisen Kichern aufgenommen. »Oh, muss ich es wirklich aussprechen? Den Mörder Ihrer Schwester finden.«
    »Und wären Sie das?«
    Die Leitung war tot. Lee starrte das Telefon an, dann schleuderte er es durchs Zimmer auf den gemauerten Kamin, wo es in ein Dutzend Teile zersprang.

KAPITEL 25
    Davey saß in der Musikbar und hörte der Country- und Westernsängerin zu, deren Stimme sich über das Klimpern des Kneipenklaviers erhob. Das kleine kalkulierte Stocken in ihrem Gesang war trotz dieses Tricks sehr effektvoll, während sie von einer Note zur nächsten sprang. Hinter ihr zupfte der Bassist mit gelangweilter Miene auf seinem Instrument herum. Sie klammerte sich mit beiden Händen ans Mikrofon, ihr feuchter, offener Mund war ihm so nah, dass es aussah, als wollte sie es verschlingen. Der Gedanke trieb Davey die Hitze auf die Stirn, und er spürte das vertraute Kribbeln in den Lenden. Er trank einen Schluck Bier und sah sich um, um sich abzulenken.
    Die Gäste in der Bar waren die übliche bunte Mischung aus Ethnien und Generationen, ein Kaleidoskop der Gesellschaft. New York City konnte Rettung oder Verdammnis sein. Je nachdem, wie viel Energie man aufbrachte, ihrem unablässig trommelndem Puls zu begegnen.
    Auf der Bühne sprang die Sängerin zur nächsten Note, glitt zu ihr hinauf, als würde sie beim Baseball zur nächsten Base rennen.
    The stars are falling from the sky above
    I heard the trees whispering that you’ve been untrue
    My friends say I’m a fool for love
    I have a heartache from lovin’ you
    Geht’s vielleicht noch abgedroschener? Obwohl er zugeben musste, dass Text und Melodie trotz ihrer Einfachheit etwas Wahres hatten – oder vielleicht gerade deswegen. Er starrte sie an, während er sein Bier trank. Sie war jung genug, sicher, aber wäre auch ihr Blut rein genug? Er hatte gehört, dass Sänger und Musiker oft Drogen nahmen oder exzessiv tranken. Er dachte sich einen Plan aus: Lad sie auf einen Drink ein, und schau dir an, wie viel sie trinkt, dann entscheidest du dich.
    Er trank sein Bier aus und stand vom Tisch auf, um sich ein neues zu besorgen. Als er sich zum überfüllten Tresen durchschlängelte, stieß ein großer Mann in einer mit Quasten besetzten Lederjacke und Cowboystiefeln mit ihm zusammen und ließ Davey der Länge nach auf einen von jungen Frauen besetzten Tisch fallen. Der trübe Blick und die undeutliche Sprache des Mannes ließen keinen Zweifel daran, dass er betrunken war.
    »Hey – pass doch auf, wo du hinlatschst!«, brüllte er mit von Alkohol und Wut aufgeblähtem Gesicht. Er packte Davey am Kragen und zog ihn nah an sich heran. Sein Atem stank nach abgestandenem Alkohol und Zwiebeln.
    »Tut mir leid«, murmelte Davey und versuchte, sich aus seinem Griff zu winden.
    »Wie war das? Ich hab dich nicht verstanden«, knurrte der Mann.
    »T-tut mir leid«, wiederholte Davey mühsam mit vor Schreck gelähmter Zunge. Alles bewegte sich in Zeitlupe, und er spürte, wie ihm allmählich schwarz vor Augen wurde.
    Ein Mädchen in Cowboystiefeln versuchte dazwischenzugehen, indem es den Arm des Manns packte. »Komm, Travis, lass den

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