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In sueßer Ruh

In sueßer Ruh

Titel: In sueßer Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. E. Lawrence
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sehen.« Kylie war seine Nichte, Lauras einziges Kind. Sie war vier gewesen, als ihre Mutter verschwand.
    »Ich freue mich auch auf sie.«
    Wieder folgte eine Pause.
    »Sieh mal, Mom«, sagte er, »ich muss –«
    Ein plötzlicher Hustenanfall hinderte ihn am Weitersprechen. Er hielt das Telefon von sich weg, aber Fiona hatte Ohren wie ein Luchs.
    »Hör zu«, sagte sie, »dir geht es ja ganz offensichtlich nicht gut. Warum reden wir nicht ein andermal darüber?«
    So neugierig er auch war zu erfahren, was sie zu sagen hatte, wollte Lee doch zurück zu diesem Onlinechat. Mit schlechtem Gewissen sagte er: »Na gut, Mom – ich wollte sowieso gerade ins Bett.« Was nur zur Hälfte stimmte: Er lag zwar schon im Bett, war aber weit davon entfernt zu schlafen.
    »In Ordnung, mein Lieber«, gab sie verzweifelt zurück. Das war mal was Neues – Fiona Campbell klang verzweifelt. »Ruf mich morgen an, und sag mir, wie es dir geht.«
    »Mache ich, Mom.«
    »Erhole dich gut.«
    »Danke, werd ich«, sagte er und legte auf. Irgendetwas ging ihr im Kopf herum, da war er sich sicher, doch er hatte weder Zeit noch Lust, es aus ihr herauszukitzeln.
    Er loggte sich auf seinem Laptop wieder ein, aber als er in den Chatroom kam, waren die anderen drei weg.
    »Verdammt!«, knurrte er und warf ein paar Antihistaminika ein. Dann zog er sich die Decke bis ans Kinn, legte sich in die Kissen zurück – und das Telefon klingelte erneut. Ohne auf die Anruferkennung zu schauen, ging er dran. »Ja, Mom?«
    Es gab eine kleine Pause, dann ein leises Kichern. Diese Stimme war ihm nur allzu bekannt. Lee richtete sich kerzengerade auf, alle Sinne auf höchster Alarmstufe.
    »Jetzt bin ich also Ihre Mutter?«, sagte die Stimme. »Wie das? Oder haben Sie durch Medikamente verursachte Wahnvorstellungen?«
    Lee atmete tief durch. »Wenn Sie mir etwas zu sagen haben, dann haben Sie gefälligst den Mut, es von Angesicht zu Angesicht zu tun.«
    »Oh, aber wo bliebe denn da der Spaß? Träumen Sie süß.«
    Die Leitung war tot. Lee drückte die Rückruftaste, aber er wusste, dass nichts dabei herauskam – die Nummer war unterdrückt. Sorgfältig schrieb er das Gespräch Wort für Wort auf. Dann zog er den Telefonstecker heraus, stand auf und nahm eine Xanax. Etwa zwanzig Minuten lang beobachtete er, wie die Scheinwerferlichter der Autos über die Zimmerwand glitten, bis ihn Müdigkeit überkam und er in tiefen Schlaf fiel.

KAPITEL 31
    Elena Krieger trank ihren restlichen Kaffee, wusch den Becher im glänzenden Spülbecken aus und trocknete ihn mit einem frisch gebügelten Handtuch gründlich ab, bevor sie ihn sorgfältig ans Bechergestell ihrer makellosen kleinen Küche hängte. Sie wischte die blitzsauberen Arbeitsflächen mit einem frischen Schwamm ab und ging danach befriedigt ins Schlafzimmer, um sich für die Arbeit anzuziehen. Sie nahm eine frische weiße Bluse aus dem Schrank und zog sie an. Ihre Garderobe war nach Farben geordnet, Blusen auf der einen Seite, Röcke auf der anderen. Sie entschied sich für einen frisch gereinigten dunkelblauen Rock und ließ ihn über die schlanken Hüften gleiten. Zum Schluss stieg sie in ein paar flache, dazu passende Pumps, um das Ensemble zu komplettieren. Zufrieden betrachtete sie sich im Spiegel, runzelte jedoch die Stirn, als sie an den Tag dachte, der vor ihr lag.
    Lee Campbell hatte eine fiebrige Erkältung, und Chuck Morton hatte ihn überredet, im Bett zu bleiben. Das hieß, dass an der heutigen Besprechung außer ihr nur Morton und Detective Butts teilnehmen würden. Sie schloss den obersten Blusenknopf und strich den Rock über den Hüften glatt. Hildegard Elena Krieger von Boehm mochte Detective Leonard Butts nicht. Mehr noch, sie lehnte ihn ab. Alles an ihm lief ihrem eigenen Wertsystem zuwider. Sein nachlässiges Äußeres fand sie abstoßend, sie hatte eine Abneigung gegen seine Obszönitäten, aber am allermeisten widerte sie sein permanentes Essen an. Ständig schien er irgendetwas im Mund zu haben wie ein Baby, das nicht ohne sein Fläschchen auskam. Sie selbst hatte ihren Appetit immer gewissenhaft gezügelt, darauf geachtet, was sie aß und trank, und regelmäßig trainiert, um ihre straffe, schlanke Figur zu behalten. Leute wie Detective Butts ärgerten sie. Zum einen, weil sie seinen in ihren Augen undisziplinierten Lebensstil missbilligte, aber auch weil sie neidisch war – neidisch auf jeden, der seinen körperlichen Bedürfnissen so unbekümmert nachgeben konnte. Er schien an sich selbst

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