In tiefster Dunkelheit
an. »Deswegen bist du mitten in der Nacht mit deiner Waffe durch das Haus gewandert.«
Wenn er nicht so ruhig gesprochen hätte, hätte sie es möglicherweise geleugnet, doch in seinen Augen lag ein tödlicher Zorn. Dies war nicht der Moment, seine Sorge einfach abzutun.
»Ja«, gab sie zu.
Er stieß sich von der Wand ab, drehte ihr den Rücken zu und drückte den Knopf, damit sich der Fahrstuhl wieder in Bewegung setzte.
Verflixt. Von jetzt an würde sie nicht mal mehr ohne ihn pinkeln gehen können.
16
22:15 Uhr
Lori blieb vor ihrer Wohnungstür stehen. Wieder sagte sie sich, dass sie einfach vorgeben sollte, sie wäre schon im Bett.
Auf der anderen Seite wartete Chet. Er hatte angerufen und gefragt, ob er vorbeikommen könne. Sie hatte nein gesagt, doch er hatte nicht lockergelassen und behauptet, er hätte Neuigkeiten, die sie unbedingt besprechen mussten. Das könne nicht bis morgen früh warten.
Tief Luft holen. Sie öffnete die Tür und trat einen Schritt zurück. »Komm rein.«
Er trat ein. Sofort wirkte ihr eigentlich ausreichend großes Loft in Five Points winzig. Er trug immer noch dieselbe braune Hose und dasselbe cremefarbene Hemd wie vor knapp vier Stunden, als sie auseinandergegangen waren. Dass er die obersten beiden Knöpfe des Hemdes geöffnet hatte, sollte eigentlich nicht ihre Aufmerksamkeit erregen – doch das tat es.
Sie schloss die Tür, schlang die Arme um sich selbst und sah ihn an. Es wäre wohl klüger gewesen, sich umzuziehen, bevor er kam. In der weiten Wellnesshose und dem Trägerhemdchen kam sie sich nackt vor, vor allem, da sie BH und Slip schon ausgezogen hatte. Aber sie hatte vorgehabt, gleich ins Bett zu gehen, sobald sie die Nachforschungen zu den Murrays hinter sich gebracht hatte.
»Du sagtest, es gibt was Neues.«
»Ich habe Rimes befragt.« Sein Blick wanderte durch den einzigen Raum und blieb am Bett hängen. »Er hat bestätigt, dass der Transporter, den er mehrfach vor dem Sandwichshop vorbeifahren sah, derselbe ist, in den laut Thompson Dana Sawyer eingestiegen ist.«
Auf einmal war Lori wie elektrisiert. »Hast du das Jess und dem Chief mitgeteilt?« Dies war ihr erster echter Durchbruch. Endlich hatten sie eine Verbindung zwischen zweien der Opfer gefunden.
Er nickte und sah von dem halb leeren Glas Wein neben ihrem Laptop zu ihr.
In der Hoffnung, seinen Blick von sich abzulenken, zeigte sie auf das Laptop und den alten Überseekoffer, den sie als Couchtisch benutzte. »Ich recherchiere immer noch über die Murrays.« Bisher war sie auf nichts Relevantes gestoßen, aber sie gab nicht auf. Sie hatte noch die ganze Nacht. Das Team kam erst morgen um neun Uhr wieder zusammen.
Wieder ruhte sein Blick schwer auf ihr. Auf einmal wünschte sie, sie hätte ein Räucherstäbchen oder eine Kerze angezündet. Irgendetwas, das seinen Körpergeruch überdecken konnte. Der saubere zitronige Duft weckte Erinnerungen an
jene
Nacht. Und das war gar nicht gut.
»Ich bin froh, dass du es mir gesagt hast.« Wie konnte sie ihn bitten zu gehen, ohne offen unhöflich zu sein? »Das sind gute Neuigkeiten.«
Er brauchte nur dazustehen und sie anzusehen, als würde er sie am liebsten schmecken, und schon schlug ihr Herz schneller. Dies war eine wirklich gefährliche Situation, der so schnell wie möglich ein Ende bereitet werden musste.
»Na ja.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich dachte, du würdest es gerne wissen.«
Sie wollte weggucken, doch es fiel ihr schwer. Er hatte so schöne Augen. Ein tiefes, kräftiges Braun. Wenn sie allein waren, so wie jetzt, begann sie an ihren Entscheidungen für die Zukunft zu zweifeln. Das wollte sie nicht.
Jess war der Beweis, dass es sich auszahlen konnte, Kinder und andere Komplikationen auf die lange Bank zu schieben. Lori wollte auch so eine Traumkarriere. Nicht beim FBI , sondern beim BPD . Und was war schließlich falsch daran? Sie war die Erste in ihrer Familie, die einen Collegeabschluss hatte. Ihre Familie sah zu ihr auf, verließ sich auf sie. Als sie letztes Jahr zum Detective befördert wurde, war es ihr möglich gewesen, den notwendigen Kredit aufzunehmen, um ihre kleine Schwester zu unterstützen, die ebenfalls aufs College ging.
Im Moment passten eine Ehe und Kinder einfach nicht in ihr Leben, weder finanziell noch sonstwie.
»Ich sollte wohl gehen.« Er deutete auf sie und schien dann nicht recht zu wissen, was er mit seinen Händen machen sollte. »Du wolltest für heute Schluss machen, und ich halte dich auf.«
Sie
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