In Todesangst
ich.
»Was?«, fragte er.
»Du wirst diesen Gary für mich finden.«
»Und wie soll ich das anstellen?«
»Wie heißt die Bar, in der du ihn schon öfter gesehen hast?«
»JD’s«, sagte er. Ich kannte das Lokal, auch wenn ich es noch nie betreten hatte. Die Zeiten, in der ich durch die Bars gezogen war, lagen lange zurück. »Ich könnte nach der Arbeit mal vorbeischauen und mich nach ihm umhören.«
»Gute Idee«, sagte ich. »Wenn er dir über den Weg läuft oder du sonst irgendwas rauskriegst, rufst du mich sofort an. Klar?«
»Klar. Und dann? Willst du die Cops einschalten?«
»Weiß ich noch nicht«, sagte ich. »Wir sind im Moment nicht sonderlich dicke.«
ZWEIUNDDREISSIG
Andys Schicht dauerte noch bis sechs. Er versprach mir, direkt im Anschluss zum JD’s zu fahren, glaubte aber nicht, dass Gary vor acht auftauchen würde – immer vorausgesetzt, dass er sich überhaupt blicken ließ. Außerdem wollte er nachhaken, wo er Gary finden konnte, falls er jemanden wiedererkannte, den er schon einmal mit ihm zusammen gesehen hatte.
Ich nahm mir vor, in der Zwischenzeit mal ein Wörtchen mit Pattys Mutter zu reden. Ein Besuch bei ihr schien überfällig.
Ich ging zurück in den Showroom, bahnte mir den Weg durch die auf Hochglanz polierten Karossen und ließ mich auf meinen Schreibtischstuhl fallen. Offenbar hatte Laura noch keinen Ersatz für mich gefunden, also würde wohl niemand etwas dagegen haben, wenn ich mir kurz eine Telefonnummer heraussuchte.
Im Milforder Telefonbuch gab es einen Eintrag unter dem Namen »Swain«. Ich schrieb mir die Adresse auf; seltsamerweise hatte ich Syd nie bei Patty vorbeigebracht oder abgeholt.
Ich wollte gerade gehen, als Laura Cantrell plötzlich vor mir stand.
»Kann ich mal kurz mit dir reden?«, fragte sie. Ich folgte ihr in ihr Büro.
»Machst du bitte die Tür zu?«, sagte sie. »Was ist los? Hast du Streit mit Andy, oder was?«
»Privatsache«, sagte ich.
»Wo ist der CR-V?«, fragte sie. »Ich hatte dich doch gebeten, ihn zurückzugeben.«
»Der Wagen ist bei der Polizei«, sagte ich. »Das Rückfenster ist zerschossen worden?«
»Zerschossen? Mit einer Waffe?«
»Ja.«
»Tim«, sagte sie. »Du kannst wirklich nicht behaupten, ich hätte kein Verständnis für deine Situation gezeigt. Ich verstehe auch, dass die Suche nach deiner Tochter Vorrang vor deiner Arbeit hat. Aber ich kann nicht akzeptieren, dass unsere Vorführwagen beschädigt werden, und genauso wenig werde ich es dulden, dass du hier hereinschneist und uns mit deinem Mist behelligst!«
»Meinem Mist«, sagte ich.
»Wir wollen hier Autos verkaufen, und ich werde nicht zulassen, dass du weiter meine Mitarbeiter belästigst. Deine persönlichen Probleme haben in meinem Betrieb nichts zu suchen, kapiert?«
»Danke, Laura«, sagte ich. »Wusste ich’s doch, dass ich auf dich zählen kann.«
***
Ich war auf dem Weg zum Just Inn Time, um nachzufragen, ob jemand Milt den Elch gefunden hatte, als mein Handy klingelte.
»Was machen Sie gerade?« Es war Arnie Chilton.
»Warum fragen Sie?«
»Ich habe was rausbekommen, das Sie interessieren dürfte.«
»Was?«
»Hören Sie, ich bin gerade bei meinem Bruder. In seinem Restaurant. Sie kennen das Dalrymple’s doch, oder?«
»Können Sie mir nicht einfach erzählen, worum es geht, Arnie? Ich habe jede Menge zu erledigen.« »Es dauert nicht lange. Sie sollten sich wirklich anhören, was Roy zu sagen hat.«
Ich überlegte nicht lange, bog an der nächsten Kreuzung rechts ab und fuhr zum Dalrymple’s.
***
Drei Minuten später klingelte mein Handy schon wieder. Da ich dachte, es sei noch mal Arnie, kam ich nicht auf die Idee, einen Blick aufs Display zu werfen. »Ja?«, sagte ich. »Hi.«
Es war Kate Wood.
»Hallo, Kate«, sagte ich so ruhig, wie ich nur konnte.
»Hör zu«, sagte sie. »Ich glaube, ich habe einen Fehler gemacht.«
»Was ist los, Kate?«
»Du wirst bestimmt stinksauer auf mich sein, aber ich wollte dich lieber vorwarnen.«
»Tatsächlich?«
»Na ja, die Polizei war bei mir, und jetzt glaube ich, dass ich sie auf falsche Gedanken gebracht haben könnte.«
»Inwiefern?«
»Es tut mir leid, aber manchmal reagiere ich über. Ich habe mich dann einfach nicht mehr im Griff.«
»Da könntest du recht haben«, bestätigte ich.
»Jedenfalls könnte ich die Polizei auf die Idee gebracht haben, dass es gar keinen Anruf aus Seattle gab – nun ja, dass du mir bloß etwas vorgespielt hast.«
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