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In Todesangst

Titel: In Todesangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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schließlich das erste Mal, dass ich Sie aus der Nähe sehe.«
    Ich runzelte die Stirn. »Was meinen Sie damit?«
    »Ich bin mal in Ihrer Firma vorbeigekommen, um Sie mir anzusehen. Zehn Jahre muss das jetzt her sein.« Damals hatte ich noch für einen Toyota-Händler gearbeitet. »Sie waren ein echter Spitzenverkäufer, stimmt’s?«
    Ich hatte keine Ahnung, worauf sie hinauswollte. »Wie, Sie kennen mich? Tut mir leid, normalerweise vergesse ich selten Gesichter, aber an Sie kann ich mich nicht erinnern.«
    »Nein, ich war nicht wegen eines Wagens bei Ihnen. Als ich reinkam, habe ich Sie an Ihrem Schreibtisch gesehen, aber dann habe ich doch nicht den Mut aufgebracht, mit Ihnen zu reden. Ich muss die Nerven verloren haben.«
    »Ich verstehe kein Wort, Mrs Swain.«
    »Das habe ich auch nicht erwartet«, sagte sie. »Na ja, eigentlich wollte ich mich damals nur bei Ihnen bedanken.«
    »Wofür?«
    »Dafür, dass Sie Patty gezeugt haben«, sagte sie.
     
    SECHSUNDDREISSIG

    Sydney, vier Jahre alt:
    Ich bringe sie ins Bett. Normalerweise bittet sie mich, ihr noch eine Geschichte zu erzählen, heute aber nicht, was immer der Grund dafür sein mag. Was mir eigentlich ganz recht ist; es war ein langer Tag, und meistens will Syd nicht nur eine, sondern gleich zwei oder drei Geschichten hören. Kinder können ganz schön anstrengend sein.
    Aber mir ist keineswegs eine Verschnaufpause gegönnt. Syd will nämlich nur deshalb keine Geschichte hören, weil ihr etwas anderes im Köpfchen herumgeht.
    »Warum gibt es nur mich?«, fragt sie, als ich sie zudecke.
    »Was meinst du damit?«, sage ich. »Du tust ja gerade so, als wäre ich gar nicht hier. Und was ist mit Mommy? Und deinen Freunden im Kindergarten, und mit …«
    »Warum habe ich keine Brüder und Schwestern?«
    »Hmm«, sage ich. »Vielleicht kriegst du ja noch welche.« Obwohl ich mir da alles andere als sicher bin. Susanne und ich verstehen uns einfach nicht mehr so wie früher. Pausenlos haben wir uns wegen Geldsachen in den Haaren, permanent liegt sie mir in den Ohren, dass ich noch mehr erreichen könnte.
    »Alle anderen Kinder haben Brüder und Schwestern«, sagt Syd.
    »Und wie gefällt ihnen das?«, frage ich.
    Sie überlegt. »Anita hasst ihren Bruder«, sagt sie dann. »Er ist größer als sie und ärgert sie immer.«
    »Das ist aber nicht nett von ihm.« »Und Trixie sagt, dass ihre Mom sich nur noch um ihre kleine Schwester kümmert, seit sie da ist. Sie wünscht sich, dass sie nicht mehr da ist.«
    »Hmm.« Ich schüttele den Kopf. »So was sagt man aber nicht.«
    Ich nehme Milt den Elch, und sie streckt die Arme nach ihm aus, lächelt und drückt ihn eng an sich.
    »Wenn ich eine Schwester hätte, würde ich sie nicht hassen«, erklärt sie.
    »Ganz bestimmt nicht«, sage ich.
    Sie überlegt. »Aber ich will trotzdem keine«, sagt sie dann.
    »Warum denn nicht?«
    »Weil du und Mommy dann nicht mehr genug Liebe für mich übrig hättet«, sagt sie.
    Ich beuge mich zu ihr und gebe ihr einen Kuss auf die Stirn. »Ach was. Wenn zwei Kinder da sind, ist auch doppelt so viel Liebe da.«
    Sie nickt. Irgendwie sieht sie aus, als würde sie gerade denken, dass man Liebe wie Plätzchen backen kann.
    »Na gut«, sagt sie. Und damit scheint ihre Welt wieder in Ordnung zu sein.
     
    ***
     
    Einen Moment lang blieb mir die Spucke weg. »Was?«, platzte ich dann heraus.
    »Sie sind Pattys Vater«, sagte Carol Swain. Sie grinste. »Sie sollten Ihr Gesicht mal sehen«, fügte sie hinzu. »Sie sind komplett rot angelaufen.«
    »Mrs Swain«, sagte ich. »Sie wissen genau, dass wir uns nie zuvor begegnet sind.«
    »Das war ja auch nicht notwendig«, gab sie lächelnd zurück.
    Ich schüttelte den Kopf und stand auf, aber mit einem Mal wurde mir schwindelig, so dass ich mich an der Wand abstützen musste.
    »Vorsicht, Mr Blake«, warnte Carol Swain. »Nicht, dass Sie mir hier noch ohnmächtig werden.«
    »Ich glaube, ich sollte jetzt lieber gehen«, sagte ich, während ich mit aller Macht gegen das Schwindelgefühl ankämpfte. »Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn.«
    »Tun Sie ruhig so, als ob Sie nicht wüssten, wovon ich rede«, sagte sie. »Aber Sie belügen sich nur selbst.«
    »Unsinn.« Mein Puls begann zu rasen. »Das ist unmöglich.«
    »Was ist unmöglich? Dass ich herausfinden konnte, wer der Vater meiner Tochter ist?«
    Ich wollte auf dem Absatz kehrtmachen und das Haus verlassen, blieb aber wie angewurzelt stehen.
    »Alle Informationen standen in dem

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