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In Todesangst

Titel: In Todesangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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gesehen, doch sie schien mich zu kennen. Aber vielleicht war es auch nur meine lädierte Nase, die sie so verblüfft dreinschauen ließ.
    »Ich bin Tim Blake«, sagte ich.
    »Das tut bestimmt höllisch weh«, sagte sie.
    »Sie sollten mal den anderen sehen«, sagte ich.
    Ich trat zwei Stufen nach unten und nahm ihr die Tüten ab. Wahrscheinlich war sie früher mal eine echte Schönheit gewesen. Sie hatte immer noch eine tadellose Figur, doch ihre Beine in den weißen Shorts waren knochig, und ihrem Teint war deutlich anzusehen, dass sie zu viel Zeit in der Sonne verbracht hatte. Die ausgeprägten Wangenknochen und die dunklen Augen ließen mich sofort an Patty denken.
    In der einen Tüte klirrten Flaschen.
    Da sie nichts erwiderte, fuhr ich fort: »Patty hat Ihnen sicher erzählt, dass meine Tochter verschwunden ist. Tja, und wie ich gehört habe, ist Patty nun auch seit zwei Tagen unauffindbar.« Ich merkte, dass meine Stimme leicht bebte. »Mrs Swain?«
    »Nennen Sie mich Carol«, sagte sie. »Tut mir leid. Im ersten Moment habe ich gedacht, Sie wären vielleicht von der Polizei.« Sie lächelte. »Kommen Sie doch einfach herein.«
    Sie schloss auf und betrat die Diele. Ich folgte ihr in die Küche. »Sie müssen die Unordnung entschuldigen«, sagte sie und räumte im Vorübergehen ein paar Flaschen beiseite. »Ich bin in den letzten Tagen nicht zum Aufräumen gekommen.«
    Tagen? Für mich sah das eher nach Jahren aus.
    »Haben Sie etwas von Patty gehört?«, fragte ich.
    »Nein.« Carol Swain schüttelte den Kopf und bedeutete mir, ihr ins Wohnzimmer zu folgen. »Bevor die Polizei mir davon erzählt hat, wusste ich nicht mal, dass Patty mit Ihrer Tochter befreundet ist.«
    »Das meinen Sie nicht ernst, oder?«, gab ich zurück. »Die beiden kennen sich schon seit über einem Jahr. Hat Patty Ihnen nichts von Syd erzählt?«
    »Patty erzählt mir überhaupt nichts«, sagte Carol. »Wenn sie mal was sagt, dann meckert sie höchstens rum.«
    »Sie scheinen sich ja nicht besonders nahezustehen«, sagte ich.
    »Die Gilmore Girls sind wir jedenfalls nicht.« Sie lachte. »Kann ich Ihnen etwas anbieten? Ein Bier oder so?«
    »Nein, danke«, sagte ich. Um ein Haar hätte ich es mir doch noch anders überlegt. Vielleicht war ein Drink ja genau das Richtige, um meine flatternden Nerven zu beruhigen. Trotzdem, ich musste einen klaren Kopf bewahren. »Patty hat Ihnen nicht mal erzählt, dass ihre beste Freundin spurlos verschwunden ist?«
    »Doch, sie hat schon was gesagt«, erwiderte Carol. »Aber sie hat den Namen nicht erwähnt, glaube ich. Hmm, ich hoffe, Sie halten mich für keine schlechte Gastgeberin, wenn ich mir selbst ein Gläschen einschenke.«
    »Kein Problem«, sagte ich.
    Carol Swain ging zurück in die Küche, öffnete den Kühlschrank und kam mit einer Flasche Bier zurück.
    Sie runzelte die Stirn. »Wie lange kennt Patty Ihre Tochter schon, sagten Sie?«
    »Etwas mehr als ein Jahr«, antwortete ich.
    Verblüfft schüttelte sie den Kopf. »Nicht zu fassen.«
    »Wieso überrascht Sie das?«, fragte ich.
    »Äh, was? Nein, überhaupt nicht. Meine Kleine … sie ist ein ganz schönes Luder, was?«
    »Zumindest hat sie einen ziemlich eigenen Kopf«, gab ich zurück.
    »Das hat sie von ihrem Vater«, sagte Carol. »Verdammter Mistkerl.« »Kümmert er sich nicht um Patty?«, fragte ich.
    »Ach was«, erwiderte sie. »Alle paar Wochen lässt er sich mal blicken, aber das war’s zum Glück auch schon.« Sie hielt kurz inne. »Alles in Ordnung mit Ihnen?«
    »Ja. Stressiger Tag, aber alles okay.«
    Sie musterte mich skeptisch. »Ein Jahr«, sagte sie dann nachdenklich und verdrehte die Augen, als würde sie im Kopf zurückrechnen. »Wo hat Patty Ihre Tochter denn kennengelernt?«
    »Im Sommerkurs an der Schule«, antwortete ich. »Nachprüfung in Mathematik.«
    »Tatsächlich?« Carol schüttelte den Kopf. »Dabei war Patty immer gut in Mathe.«
    »Syd auch«, sagte ich. »Aber wer seine Hausaufgaben nicht macht, fällt eben trotzdem durch.«
    »Da haben Sie wohl recht. Und bei diesem Sommerkurs haben sich die beiden miteinander angefreundet.«
    »Genau«, sagte ich.
    Sie schien einen Moment zu überlegen. »Irgendwie logisch«, sagte sie dann, was auch immer sie damit meinen mochte. »Wie auch immer«, fuhr sie fort. »Irgendwann endet Patty noch in der Gosse.«
    »Jetzt übertreiben Sie mal nicht«, sagte ich. »Mag sein, dass Patty manchmal über die Stränge schlägt, aber alles in allem hat sie das Herz am

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