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In Todesangst

Titel: In Todesangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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klar, dass ich mich nicht plötzlich in Ihr Leben drängen konnte. Außerdem hätte ich ja Ihrer eigenen Tochter den Vater weggenommen, und das wollte ich natürlich nicht.«
    »Trotzdem sind Sie in das Autohaus gekommen, in dem ich damals beschäftigt war.«
    »Ich wollte Sie einfach nur einmal sehen. Von Angesicht zu Angesicht. Nur einmal. Und dabei habe ich es ja auch bewenden lassen.«
    Ich lehnte mich zurück und atmete tief durch.
    Und dann traf mich die Erkenntnis wie ein Vorschlaghammer. Ich hatte nicht nur eine Tochter, die verschwunden war und sich in höchster Gefahr befand.
    Nun waren es zwei.
     
    SIEBENUNDDREISSIG

    »Haben Sie Patty je davon erzählt?«, fragte ich.
    »Nein, nie«, erwiderte Carol. »Ich wollte nicht, dass sie davon erfährt.«
    »Aber sie muss es herausgefunden haben«, sagte ich. »Warum hat sie sich sonst mit Sydney angefreundet?«
    »Das frage ich mich schon, seit Sie hier sind. Aber Sie kennen bestimmt diese Geschichten, die man manchmal in der Zeitung liest – über zwei Menschen, die sich zufällig begegnen und sich Hals über Kopf ineinander verlieben, dann aber herausfinden, dass sie tatsächlich Bruder und Schwester sind. Solche Dinge passieren eben, so merkwürdig sie auch sein mögen.«
    »Keine Ahnung«, sagte ich. Ich glaubte nicht recht an Zufälle. »In dem Bericht, den Sie damals von dem Detektiv bekommen haben, standen doch sicher auch die Namen meiner Frau und Tochter, oder?«
    »Ja.«
    »Sind Sie nicht hellhörig geworden, als Patty Ihnen erzählt hat, sie hätte eine neue Freundin namens Sydney?«
    »In dem Bericht stand, Ihre Tochter hieße Francine«, sagte Carol Swain.
    Francine war in Sydneys Geburtsurkunde als erster Vorname eingetragen. Aber irgendwie hatte uns ihr zweiter Vorname doch besser gefallen, so dass wir sie schließlich nur noch Syd genannt hatten.
    Ich erklärte es Pattys Mutter.
    »Tja, wie hätte ich da auch nur den geringsten Verdacht schöpfen sollen?«, sagte sie. »Vielleicht wäre mir etwas aufgefallen, wenn Patty ihre neue Freundin mal mit nach Hause gebracht hätte. Aber das hat sie ja nie getan.«
    »Haben Sie den Bericht von dem Privatdetektiv noch?«, fragte ich.
    Sie nickte.
    »Dann hat Patty ihn vielleicht gefunden«, sagte ich.
    »Das glaube ich nicht«, gab sie zurück. »Ich habe ihn versteckt.«
    Sie erhob sich, ging nach oben und kam kurz darauf mit einem DIN-A4-Umschlag zurück, auf dem ihre Adresse stand. Sie legte ihn auf den Wohnzimmertisch. »Bitte sehr. Alles, was Sie schon immer über Timothy Justin Blake wissen wollten. Ich habe den Umschlag all die Jahre in einer alten Reisetasche unter meinem Bett aufbewahrt.«
    Ich zog den Bericht aus dem Umschlag, während Carol sich wieder ihrem Bier widmete.
    Es waren fast zwei Dutzend Seiten. Fotokopien meiner Geburtsurkunde und der Sterbeurkunde meines Vaters, ein Foto, das mich bei der Abschlussfeier der Bridgeport Business School zeigte, Bilder des Hauses, in dem ich aufgewachsen war. Dazu kamen Abagnalls Bericht und eine Kopie seiner Rechnung.
    »Haben Sie diesen Privatdetektiv irgendwann mal wiedergesehen?«, fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. »Er ist vor zwei, drei Jahren ermordet worden. Stand damals in allen Zeitungen. Er hatte Nachforschungen für eine Frau angestellt, die auf der Suche nach ihrer Familie war.«
    Ich meinte mich vage an den Vorfall zu erinnern. »Ihre Tochter weiß also nichts von diesen Unterlagen?«
    »Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen«, erwiderte sie.
    »Wer könnte noch davon gewusst haben?«, hakte ich nach. »Dass Sie jemanden beauftragt hatten, Pattys biologischen Vater aufzuspüren.«
    Abermals schüttelte Carol Swain den Kopf. »Niemand«, sagte sie. »Es sei denn, Abagnall hätte nicht dicht gehalten. Und das glaube ich nicht. Auf mich wirkte er wie ein echter Profi.«
    »Was ist mit Ihrem Exmann?«, sagte ich.
    »Vergessen Sie’s«, erwiderte sie. »Ich wüsste nicht, wie er Wind davon bekommen haben sollte.«
    »Haben Sie noch Kontakt mit ihm?«
    »Ja«, sagte sie. »Ab und an.«
    Ihre Lider zuckten, und das machte mich stutzig. »Ab und an?«, fragte ich. »Was meinen Sie damit?«
    Sie senkte den Blick. »Na ja … Er ist ein echtes Arschloch, aber ab und zu steigen wir eben noch mal in die Kiste.« Sie verdrehte die Augen. »Keine große Sache. Schwanger kann man von ihm ja nicht werden.«
    »Wie oft sehen Sie sich denn?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Nicht besonders oft, und dann auch nur für ein paar Tage.

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