In Todesangst
schaltete den Motor ab. Dann steckte ich die beiden Pistolen ein, nahm Milt vom Rücksitz und stieg aus.
Ich überlegte, ob ich Bob anrufen und ihn bitten sollte, mich von hier abzuholen. Blieb die Frage, ob er mitspielen würde. Die Cops – womöglich sogar Detective Jennings höchstpersönlich – waren garantiert bei ihm und Susanne vorstellig geworden. Und selbst wenn die beiden im Dunkeln gelassen worden waren, warum nach mir gefahndet wurde, hatten sie garantiert mitbekommen, wie ernst die Lage war.
Ich lief in Richtung Hafen. Bobs Haus lag drüben in Stratford – mit einem Boot konnte ich ans andere Ufer übersetzen und die restliche Strecke zu Fuß zurücklegen. Dann musste ich ihn nur noch überreden, mir einen anständigen fahrbaren Untersatz zu überlassen.
Stowe. Ich musste nach Stowe.
Kurz darauf war ich unten am Hafen angekommen. Es war ein angenehm warmer Abend, und jede Menge Leute waren auf ihren Booten, saßen mit Freunden zusammen und genossen kalte Drinks. Stimmengemurmel wehte zu mir herüber – nicht gerade ideale Bedingungen, um ein Boot zu klauen.
Im Schatten einer Baumreihe stahl ich mich am Rand eines Parkplatzes entlang. Auf Zehenspitzen schlich ich über den Kies und spähte in die Wagen – in der Hoffnung, dass jemand seinen Schlüssel hatte stecken lassen, obwohl die Wahrscheinlichkeit zugegebenermaßen nicht sehr hoch war.
Dann aber fiel mir etwas ganz anderes auf.
Ein Transporter, auf dessen Hecktüren »Shaw Flowers« stand.
Als ich vorsichtig an die Fahrertür trat, sah ich zwei Gestalten, die eng umschlungen auf die Marina hinausblickten.
Mit dem Knauf der einen Pistole klopfte ich ans Fenster. Der Fahrer schrak zusammen; als er zu mir herumfuhr, sackte seine blonde Gefährtin leblos aufs Armaturenbrett.
»Hi, Ian«, sagte ich.
Er ließ das Fenster herunter. »O nein«, stöhnte er. »Sie schon wieder.«
»Alles im grünen Bereich«, sagte ich. »Wie ich sehe, ist das ja nicht meine Tochter neben dir.«
»Meine Tante hat mich gezwungen, bei der Polizei auszusagen«, erklärte er ängstlich. »Aber ich habe ihnen erzählt, es sei eine Verwechslung gewesen.«
»Ich weiß«, antwortete ich. »Und ich habe niemandem etwas von deiner Freundin verraten.«
»Gott sei Dank«, sagte er. »Was wollen Sie? Was haben Sie hier überhaupt zu suchen?«
»Mach die Hecktür auf«, sagte ich. »Ich will, dass du mich ein Stück mitnimmst.«
Ich stieg hinten ein, legte die Waffen auf den Boden und setzte Milt auf den Beifahrersitz.
Argwöhnisch runzelte Ian die Stirn.
»Und Sie halten mich für pervers«, sagte er.
***
Wir sichteten drei Streifenwagen, die das Viertel durchkämmten, ehe wir auf die Route I gelangten.
»Wie? Die suchen alle nach Ihnen?«, fragte Ian, während ich von hinten über die Sitzlehne spähte.
»Je weniger du weißt, desto besser«, sagte ich. »Wieso liegt hier eigentlich ein Blumenstrauß?«
»Sollte ich heute liefern«, erwiderte Ian. »Aber es war niemand zu Hause.«
Ich erklärte ihm den Weg. »Aber erst mal fahren wir einfach die Straße runter, um zu checken, ob Bobs Haus observiert wird«, fügte ich hinzu. »Wenn die Luft rein ist, drehen wir um und parken in der Einfahrt.«
»Okay.« Er runzelte die Stirn. »Um diese Uhrzeit habe ich noch nie Blumen geliefert. Glauben Sie nicht, wir könnten irgendwie auffallen?«
»Ich hoffe nicht«, sagte ich.
Kurz darauf fuhren wir an Bobs Haus vorbei. »Hübsche Gegend«, bemerkte Ian. »Hier habe ich schon öfter Blumen geliefert.« Er wandte sich kurz zu mir um. »Alles ruhig. Ich sehe nichts Verdächtiges.«
»Also los«, erwiderte ich. »Du kannst ja mit deiner Vanessa kurz auf mich warten. Dauert nicht lange.«
»Sie heißt Juanita«, sagte er.
Er bog in die Einfahrt ab und parkte neben Bobs Hummer. Ich schnappte den Blumenstrauß, stieg aus und ging zur Haustür.
Susanne öffnete. Sie sah mich überrascht an – im ersten Moment schien sie tatsächlich zu glauben, einen Blumenboten vor sich zu haben.
»O Gott«, stieß sie hervor. »Was ist denn mit dir passiert?« Bob erschien hinter ihr. Sie nahm mir die Blumen ab und deponierte sie auf einem Beistelltischchen.
Als ich in ihr bestürztes Gesicht sah, ging mir auf, dass sie nicht nur meine lädierte Nase meinte. Ich trat vor den Spiegel über dem Dielentischchen. Es war kein schöner Anblick. Meine Wangen waren übersät von kleinen Schnitten, und auf meiner Stirn prangte ein fetter Bluterguss. Mein Zusammenstoß mit Gary,
Weitere Kostenlose Bücher