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In Todesangst

Titel: In Todesangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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verschwand.
    »Das gibt’s doch nicht«, murmelte ich.
    Es war Bert, einer unserer Mechaniker bei Riverside Honda. Meines Wissens verheiratet und Vater zweier mittlerweile erwachsener Töchter. Ich blieb erst einmal im Auto sitzen, da ich mich ihm gegenüber nicht rechtfertigen wollte. Und ehrlich gesagt war ich auch nicht sonderlich scharf darauf zu erfahren, was er in einem Sexshop zu suchen hatte.
    Fünf Minuten später pirschte er wieder heraus, stieg in seinen alten Accord und fuhr davon.
    Eigentlich kam mir die Verzögerung ganz recht. So war mir noch ein wenig Zeit geblieben, mich für mein Unternehmen zu wappnen. Nicht weil es ein Sexshop war, sondern weil ich mir schlicht nicht vorstellen konnte, dass meine Tochter in irgendeiner Verbindung zu einer Wichsbude stehen mochte.
    »Reine Zeitverschwendung«, murmelte ich, als ich aus dem Wagen stieg, die Straße überquerte und hineinging.
    Dutzende von Neonröhren tauchten den Verkaufsraum in gleißendes Licht – die perfekte Beleuchtung, um die Cover der auf den Regalen ausgestellten DVDs zu begutachten. Ein kurzer Blick sagte mir, dass kein noch so ausgefallener Geschmack, keine noch so obskure sexuelle Vorliebe vernachlässigt worden war. Neben Filmen und Magazinen war jede Menge erotisches Zubehör im Angebot, von Handschellen mit Pelzbesatz bis zu lebensgroßen, wenn auch nicht gerade lebensecht nachempfundenen Liebespuppen – zwar wirkten sie eine Spur echter als die aufblasbare Variante, waren aber weit entfernt davon, vor Eltern und Freunden zu bestehen. Ein paar Meter vom Eingang befand sich ein Tresen, hinter dem die Inhaberin des Ladens thronte, eine übergewichtige Frau mit strähnigem Haar, die in einer zerfledderten Taschenbuchausgabe von Atlas wirft die Welt ab las.
    Ich trat zu ihr und räusperte mich. »Pardon.«
    Sie legte das Buch beiseite. »Ja?«
    »Ich hätte eine Frage an Sie«, sagte ich.
    »Schießen Sie los«, gab sie zurück. Als ich einen Moment zögerte, sagte sie: »Machen Sie schon. Es gibt nichts, was ich nicht schon mal gehört hätte.«
    Ich reichte ihr ein Foto von Syd. »Haben Sie dieses Mädchen schon mal gesehen?«
    Sie betrachtete das Bild und gab es mir zurück. »Wenn Sie mir sagen, wie sie heißt, kann ich im Computer nachsehen, in welchen Filmen sie mitgespielt hat.«
    »Das ist keine Schauspielerin. War das Mädchen zufällig schon mal hier? Vor ungefähr drei Wochen? Oder haben Sie sie schon mal hier in der Gegend gesehen?«
    »Frauen kommen hier nur selten rein«, sagte sie.
    »Schon klar. Wahrscheinlich verschwende ich nur meine Zeit …«
    »Und meine gleich mit dazu.«
    »Sehen Sie sich das Bild bitte noch mal an.«
    Seufzend nahm sie das Foto abermals in Augenschein. »Wer ist denn die Kleine?«
    »Meine Tochter«, antwortete ich. »Sie heißt Sydney Blake.«
    »Und Sie glauben, sie treibt sich in Pornoläden rum?«
    »Nein«, erwiderte ich. »Aber wenn ich nur dort suche, wo ich sie vermute, finde ich sie wahrscheinlich nie.«
    Sie reichte mir das Bild zurück. »Tut mir leid.«
    »Sind Sie ganz sicher?«
    Sie musterte mich genervt. »Kann ich sonst was für Sie tun?«
    »Nein, danke«, sagte ich und ließ sie zu ihrer Lektüre zurückkehren.
    Als ich auf die Straße trat, schloss eine weißhaarige Dame gerade den Blumenladen nebenan. Neben ihr stand ein junger Mann, gehorsam bei Fuß wie ein Hund, der auf einen Befehl seines Herrchens wartet. Die Frau sah kurz zu mir herüber, wandte aber sofort den Blick ab. Pornokäufern sieht man nicht so gern in die Augen.
    »Dann bis morgen«, sagte die Frau zu dem jungen Mann.
    »Ja«, sagte er.
    Ich hatte bereits mit der Frau gesprochen, vor etwa einer Woche. Sie hatte Syds Foto eingehend betrachtet und allem Anschein nach aufrichtig bedauert, dass sie mir nicht weiterhelfen konnte.
    »Hallo«, sagte ich.
    Sie reagierte nicht, obwohl ich sicher war, dass sie mich gehört hatte. »Hallo«, sagte ich nochmals. »Wir haben letzte Woche kurz miteinander gesprochen.« Ich kam nicht sofort auf ihren Namen, aber zum Glück stand er auf der Fensterscheibe des Blumenladens. »Mrs Shaw?«
    Argwöhnisch wandte sie sich zu mir, doch als sie das Foto in meiner Hand sah, entspannten sich ihre Gesichtszüge.
    »Oh«, sagte sie. »Ja, natürlich. Ich erinnere mich an Sie.« Ich nickte in Richtung des Sexshops. »Ich frage immer noch in der Gegend rum.« »Du meine Güte«, sagte sie. »Dort haben Sie Ihre Tochter wohl hoffentlich nicht gefunden.«
    »Nein.«
    »Dann ist ja gut«,

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