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In Todesangst

Titel: In Todesangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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›Neue Strategien? Hier hast du ’ne ganze Seite mit neuen Strategien!‹ Für solche Gelegenheiten bewahrt sie extra ein zweites Telefonbuch in ihrem Schreibtisch auf.«
    »He, kann ich Sie mal stören?«, drang eine Stimme zu uns herüber.
    Andy sah über meine Schulter. Als ich mich umwandte, erblickte ich einen stämmigen, breitschultrigen Mann mittleren Alters, der sich beim Rasieren geschnitten hatte. Der Typ sah aus, als habe er sich extra Mühe gegeben, einen vertrauenswürdigen Eindruck zu erwecken. Zwar trug er ein frisches, sauberes Hemd, doch die verschlissenen Jeans und die abgetragenen Schuhe verrieten ihn. Offenbar glaubte er, dass keiner nach unten sehen würde, solange er nur oben herum halbwegs seriös rüberkam.
    Er stand vor einem der Pick-ups in unserem Showroom.
    »Hi.« Ich erhob mich und ging zu ihm hinüber. Aus dem Augenwinkel sah ich Laura, die in ihrer Bürotür stand und Andy zu sich winkte.
    »Tag«, sagte der stämmige Typ. Er hatte eine tiefe, raue Stimme.
    »Der Ridgeline.« Ich nickte in Richtung des blauen Pick-ups. »Hat überall erstklassige Bewertungen bekommen.«
    »Hübscher Laster«, sagte er.
    »Was fahren Sie denn momentan?«, fragte ich.
    »Einen Ford 150«, sagte er. Ebenfalls ein Pick-up, der sich sehen lassen konnte, auch wenn ich das für mich behielt. Ich warf einen Blick aus dem Fenster, wobei mir jedoch nicht sein Wagen ins Auge fiel, sondern ein unauffälliger Chevy, aus dem eine Frau ausstieg.
    Kip Jennings.
    »Ich würde gern mal ’ne Probefahrt machen«, sagte er.
    »Kein Problem«, gab ich zurück. »Ich müsste nur eben eine Kopie von Ihrem Führerschein machen.«
    Er zückte sein Portemonnaie und reichte mir seinen Führerschein. Ich warf einen Blick darauf. Richard Fletcher hieß der Typ.
    »Freut mich, Sie kennenzulernen, Mr Fletcher.« Ich reichte ihm eine meiner Visitenkarten, auf der sich neben meiner Büronummer auch meine Privat- und Handynummer befanden. »Mein Name ist Tim Blake.«
    »Danke«, sagte er und steckte die Karte ein.
    Ich ging zum Empfang, um eine Kopie des Führerscheins machen zu lassen, behielt aber weiter Kip Jennings im Auge. Sie war klein – knapp über 1,50 Meter – und hatte ziemlich markante Gesichtszüge. Eine Frau, die meine Mutter wohl kaum als Schönheit bezeichnet hätte, auch wenn man sie durchaus hübsch nennen konnte. Sie telefonierte gerade auf ihrem Handy; mir blieb also noch ein bisschen Zeit, die Probefahrt für meinen Kunden in die Wege zu leiten.
    Ich beauftragte einen unserer jüngeren Servicemitarbeiter, einen Ridgeline mit Probefahrtkennzeichen zu versehen und vorzufahren.
    »Der Wagen steht gleich bereit«, informierte ich Mr Fletcher. »Normalerweise würde ich Sie begleiten …«
    Fletcher musterte mich irritiert. »Ist das hier so üblich? In anderen Autohäusern lassen sie einen allein Probe fahren – na ja, damit man sich nicht gleich genötigt fühlt, den Wagen kaufen zu müssen.«
    »Gar kein Problem. Da kommt sowieso gerade jemand, mit dem ich sprechen wollte.«
    »Na, wunderbar«, sagte er.
    »Wir sprechen uns dann nach Ihrer Probefahrt«, sagte ich.
    Dann eilte ich nach draußen zu Kip Jennings, die nach wie vor an ihrem Handy hing. Als sie mich erblickte, hob sie den Zeigefinger, um mir zu bedeuten, dass ihr Gespräch gleich beendet sein würde.
    Es hörte sich nicht so an, als würde sie mit einem Kollegen telefonieren. »Na ja, was erwartest du?«, sagte sie. »Für gute Noten musst du was tun. Wer seine Hausaufgaben nicht macht, kriegt eben schlechte Noten. Du meine Güte, Cassie, hier geht’s doch nicht um Atomphysik. Streng dich einfach mal an, dann wird es auch wieder … Ja, okay … Weiß ich noch nicht. Vielleicht Hotdogs. Ich muss jetzt Schluss machen, Schatz. Ciao.«
    Sie klappte das Handy zu und steckte es in ihre Handtasche.
    »Tut mir leid«, sagte ich. »War nicht meine Absicht zu lauschen.«
    »Schon okay«, sagte Kip Jennings. »Das war meine Tochter. Sie findet, es sei nicht fair, dass sie eine Sechs bekommt, wenn sie ihre Hausaufgaben nicht macht.«
    »Wie alt ist sie denn?«
    »Zwölf.«
    Aus dem Augenwinkel registrierte ich, wie Richard Fletcher in den funkelnagelneuen Pick-up stieg und vom Hof fuhr. Nicht, dass es mich weiter interessiert hätte – ich wollte nur wissen, warum Jennings mich aufgesucht hatte.
    Was mir offenbar anzusehen war. Sie trat einen Schritt zurück und räusperte sich.
    »Haben Sie Zeit für einen kleinen Ausflug?«, fragte sie.
    »Wohin?«
    Bitte

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