In Todesangst
verschiedenen Automarken im Wind. »Wir müssen uns dringend unterhalten, Evan.«
»Worüber, verdammt noch mal?«
Ich baute mich vor ihm auf, nahm ihm den Schrubber aus der Hand und warf ihn auf den Asphalt. »Du und Sydney – ihr seid euch also nur beim Abendessen begegnet, ja? Und sonst ist ja nichts zwischen euch gelaufen, stimmt’s?«
»Sie können mich mal. Sie sind nicht mein Vater, kapiert?«
»Nein, aber zufällig Sydneys Vater, mein Freund! Und ich will genau wissen, was zwischen euch abgegangen ist!« Ich trat noch näher, drängte ihn gegen einen blauen Kia.
»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden«, stieß er hervor.
»Tim!« Susanne stand auf den Stufen vor dem Büro. »Tim! Was ist denn los?«
Ich ignorierte sie und hielt Evan den iPod unter die Nase. »Ich habe in den letzten Tagen ein bisschen Musik auf Syds Player gehört, und rate mal, was plötzlich an meine Ohren dringt? Das kleine Liedchen, das du ihr gewidmet hast.«
»Na und?«
»Na und?«, blaffte ich ihn an. »Ist das alles, was du zu sagen hast?«
»Tim!«
Susanne hinkte die Wagenreihe entlang. Sie stützte sich auf ihren Stock; das Gehen fiel ihr sichtlich schwer.
»Susanne!«, rief ich. »Bleib stehen!«
Plötzlich tauchte Bob in der Bürotür auf. Er blinzelte im grellen Sonnenlicht und fragte sich offenbar, was zum Teufel hier los war.
»Mein Dad wird Ihnen die Fresse polieren«, zischte Evan. Er spielte den harten Burschen, aber seine quiekende Stimme und seine hin und her hetzenden Blicke verrieten ihn.
Susanne griff mich am Arm und versuchte mich von Evan wegzuziehen. »Tim, bitte!«, stieß sie schwer atmend hervor.
Ich versuchte ihre Hand abzuschütteln. »Mir hat er erzählt, er und Syd hätten so gut wie nichts miteinander zu tun gehabt. Aber das hier« – ich hielt den iPod hoch – »spricht eine ganz andere Sprache!«
Susanne sah erst Evan, dann mich an. »Wovon redest du?«
»Das musst du dir mal anhören.«
»Das ist doch völlig harmlos!«, sagte Evan.
»Er wollte mir weismachen, er und Sydney hätten praktisch nichts miteinander zu tun gehabt«, sagte ich. »Ich frage mich, was er mir sonst noch an Lügen aufgetischt hat.«
Bob trat mit hochrotem Gesicht zu uns. Er packte mich am Arm und rammte mich gegen einen Nissan, so hart, dass mir einen Moment lang die Luft wegblieb – was mich aber nicht davon abhielt, sofort zum Gegenangriff überzugehen. Ich ergriff ihn am Gürtel und stieß ihn gegen den Kia.
»Hört auf damit!«, rief Susanne.
»Du verdammter Dreckskerl«, zischte Bob. »Hast du nicht verstanden, dass du dich von meinem Sohn fernhalten sollst?«
Er holte zu einem Schwinger aus und erwischte mich am Kopf, aber der Schlag war zu schwach. Er reichte gerade aus, um mich so richtig wütend zu machen; ich ballte die Faust und schlug ihn in den Magen.
Im selben Moment warf sich Evan von hinten auf mich, umklammerte meine Arme und riss mich von seinem Vater weg. Bob ließ sich nicht lange bitten. Als er auf mich losging und mit der Rechten ausholte, trat ich ihm kurzerhand dorthin, wo es seit jeher am schmerzhaftesten ist. Er stieß einen Schrei aus und krümmte sich vornüber.
»Hört auf! Hört endlich auf!«, rief Susanne abermals. Der Stock war ihr entglitten, so dass sie sich an einem der Autos abstützen musste.
Ich versuchte Evan abzuschütteln, doch er klammerte sich mit aller Macht an mich und versuchte mich zu Boden zu reißen. Ich rammte ihm den Ellbogen in den Magen, worauf er von mir abließ, während ich mich schwer atmend an den Nissan lehnte.
Susanne ging zwischen uns. »Schluss jetzt!«
Der iPod lag auf dem Boden. Ich bückte mich und steckte ihn ein.
Einen Augenblick lang herrschte Schweigen.
Bob stützte sich auf die Motorhaube des Kia; sein Gesicht war puterrot.
»Alles okay?«, fragte ich.
»Leck mich«, sagte er.
»Bist du verrückt geworden?«, herrschte mich Susanne an. »Was bildest du dir ein?«
Ich deutete auf Evan. »Er hat einen Song für Sydney geschrieben.«
»Was?«
»Die Aufnahme ist auf Syds Player. Er hat ihr den Song sogar extra gewidmet.«
Susanne sah Evan an. »Ist das wahr?«
Er zuckte mit den Schultern.
»Ich habe dich etwas gefragt«, sagte sie.
»War doch bloß ein Lied«, sagte er.
Bob richtete sich langsam auf; ihm war anzusehen, dass der Schmerz noch nicht ganz nachgelassen hatte. Hasserfüllt blickte er mich an. »Dafür bringe ich dich um, das schwöre ich bei Gott!«
»Es reicht, Bob«, sagte Susanne.
Bob schwieg.
»Dein
Weitere Kostenlose Bücher