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In Todesangst

Titel: In Todesangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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totaler Verblödung?«
    »Klar. Und?«
    »Ich glaube, da hast du den Nagel auf den Kopf getroffen.«
    Sie lächelte. Ein ehrliches, echtes Lächeln. Es erinnerte mich ein bisschen an Sydney. Ich versuchte den Gedanken zu verdrängen, um den denkwürdigen Augenblick zwischen uns nicht zu verderben.
    »Mein Vater war echt ein Superarschloch«, sagte sie. Es kam aus heiterem Himmel, aber vielleicht auch nicht.
    Ich hakte nicht weiter nach. Es ging mich nichts an.
     
    ***
     
    Ich rief Laura Cantrell an und informierte sie über die neuesten Entwicklungen. Laura war untröstlich über den Einbruch und meinen vergeblichen Ausflug nach Seattle, fragte aber im Gegenzug, wann ich wieder zur Arbeit käme. Ich nahm ihr den Wind aus den Segeln, indem ich erwiderte, dass ich um Punkt drei zur Nachmittagsschicht eintrudeln würde.
    Eigentlich war es Unsinn, wieder zur Arbeit zu gehen. Meine Suche nach Syd hatte nichts ergeben, sondern nur noch mehr Fragen aufgeworfen. Ich hätte gern weitergemacht, wusste aber schlicht nicht, was ich sonst noch unternehmen sollte. Ich war mit den Nerven am Ende, fühlte mich ausgelaugt und kraftlos.
    Aber es brachte auch nichts, weiter zu Hause herumzuhängen. Patty und ich hatten meine Bude wieder halbwegs instand gesetzt, und ich konnte nicht den ganzen Tag darauf warten, ob jemand anrief oder mir eine E-Mail schrieb. Und wer mit mir Kontakt aufnehmen wollte, konnte mich in der Firma erreichen.
    Gegen halb drei machte ich mich auf den Weg. Ich stöpselte Syds iPod ein, während ich die Post Road entlangfuhr.
    Wenigstens war mir die Musik meiner Tochter geblieben – eine bunte Mischung aus Punk, Jazz, Rock und mittlerweile klassischen Popsongs aus den Sechzigern und Siebzigern.
    Ein Schauder lief mir über den Rücken, als ich Janis Ian singen hörte: »It isn ’t all it seems, at seventeen.«
    Als Nächstes folgte eine unbekannte, ziemlich amateurhafte Aufnahme. Die ersten Klänge hörten sich an, als würde eine Gitarre gestimmt. Ein Husten ertönte, dann ein Kichern, gefolgt von einer jungen Frauenstimme: »Also, willst du’s jetzt spielen oder nicht?«
    Syd.
    »Okay, okay«, sagte ein junger Mann. »Warte einen Moment, ich muss hier noch was am Computer einstellen.«
    »Jetzt mach schon«, drängte Syd.
    »Okay, ich hab’s. Also, hier ein kleiner Song aus meiner eigenen Feder, den ich …«
    Sydney unterbrach ihn, indem sie ihn mit Kleinmädchenstimme nachäffte: »Hier ein kleiner Song aus meiner eigenen Feder …«
    »Komm, lass den Scheiß«, sagte der junge Typ. Sydney gab ein abfälliges Prusten von sich, ehe der Typ fortfuhr: »Also, der Song heißt ›Dirty Love‹ und ist meiner süßen Sydney gewidmet.«
    Sie kicherte wieder. »Kannst du dich endlich mal einkriegen?«, fragte der Junge.
    Ich drehte den Lautstärkeregler voll auf, um alles mitzubekommen.
    Der Junge begann zu singen – mehr ein heiseres Flüstern, das kaum die richtigen Noten traf. Er sang: »She came into my life by chance, with a smile that put me in trance.«
    »He, kannst aufhören«, unterbrach Syd. »Ich muss voll ab kotzen.« Sie lachte. »Sag mal, wolltest du nicht eigentlich singen: ›Ihr Höschen stürzte mich in Trance, da witterte ich meine Chance‹?«
    Und nun lachten sie beide. Syd – und Evan Janigan.
     
    ZWANZIG
     
    Um ein Haar hätte ich einen Ford Windstar rasiert, als ich mitten auf der Route I wendete und auf direktem Weg zu Bob’s Motors fuhr.
    Nach der Aufnahme mit Sydney und Evan ging es mit Rocky Raccoon weiter, wieder mal einem Beatles-Song. Ich betätigte die Rücktaste und drückte auf Pause.
    Der CV-R besitzt alles andere als das Fahrverhalten eines Maserati, so dass ich beinahe die Kontrolle über ihn verloren hätte, als ich auf das Gelände von Bob’s Motors bretterte. Am anderen Ende des Parkplatzes erspähte ich Evan mit einem Schrubber in der Hand. Ich fuhr zwischen den Wagenreihen hindurch und hielt mit quietschenden Reifen vor ihm.

Wasser tropfte vom Ende des Schrubbers auf den Boden, während er mich durch die dunklen Locken anstarrte, die ihm vor den Augen hingen.
    Bevor ich ausstieg, griff ich nach Syds metallicgrünem, streichholzschachtelgroßem iPod; ohne Kopfhörer konnte ich ihm seinen tollen Song zwar nicht vorspielen, doch ging ich davon aus, dass ihm schnell aufgehen würde, worauf ich hinauswollte.
    Und genau so war es. Als Evan sah, was ich in der Hand hielt, klappte ihm die Kinnlade herunter.
    Über mir flatterten bunte Wimpel mit den Logos der

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