In Todesangst
der Sprache herausrückte.
»Sie … sie meinte, sie wäre überfällig.«
»Überfällig?«, wiederholte ich.
»O nein«, sagte Susanne.
Und dann klappte sie zusammen.
EINUNDZWANZIG
Bob und ich stürzten gleichzeitig zu Susanne. Obwohl ich ihm in die Eier getreten hatte, war er eine Spur schneller als ich. Er zog sein Sportjackett aus, legte es zusammen und bettete Susannes Kopf darauf.
»Suze?«, sagte er. »Alles okay?«
Offenbar hatte ihr verletztes Bein sie im Stich gelassen. Sie war auf den Asphalt gefallen wie eine Marionette, deren Fäden gekappt worden waren. Zum Glück hatte sie instinktiv den Arm ausgestreckt, so dass sie nicht direkt mit dem Kopf aufgeschlagen war.
Bob blickte seinen Sohn an. »Ruf sofort einen Krankenwagen!«, blaffte er.
Evan schien sich nicht entscheiden zu können, ob er einen von uns um sein Handy bitten oder zum Büro rennen sollte. Er wollte gerade losstürmen, als Susanne mit schwacher Stimme sagte: »Nein, nein, es geht schon wieder.«
»Bleib liegen.« Bob beugte sich zu ihr. »Was ist passiert? Hast du dir etwas gebrochen?«
»Nein«, sagte sie. »Ehrlich, es war nur ein kleiner Schwächeanfall. Ich habe mich nicht verletzt.«
Erstaunt beobachtete ich, wie Bob sich um Susanne kümmerte; mich und Evan schien er gar nicht mehr wahrzunehmen. Er hatte sie leicht aufgerichtet und vorsichtig einen Arm um sie gelegt.
»Ganz sicher?« Seine Stimme bebte. »Das sah wirklich schlimm aus.«
»Alles okay«, sagte sie.
Bobs Kinn zitterte. Er schien seine Gefühle nur mühsam kontrollieren zu können.
»Ich hole Suze erst mal ein Glas Wasser«, bot ich mich an.
»Ich geh schon«, sagte Evan und lief los.
»Wie konnte ich nur so blöd sein?«, sagte Susanne. »Ich kann eben noch nicht ohne Stock gehen.«
Bob wiegte sie sanft in den Armen. »Ach was. Es war einfach zu viel für dich.«
»Es tut mir leid«, sagte ich, und meine Entschuldigung war auch an Bob gerichtet. »Ich hätte mich nicht so aufführen dürfen.«
Susanne schüttelte den Kopf. »Vergiss es. Mein Bein hat nicht mitgespielt, das war alles. Und vielleicht könnt ihr beiden mir jetzt mal hochhelfen, statt euch gegenseitig die Köpfe einzuschlagen.«
Mittlerweile war auch Evan mit einer Flasche Wasser unterwegs, die er im Laufen aufschraubte.
Susanne, inzwischen wieder auf den Beinen, trank erst mal einen Schluck.
»Danke«, sagte sie, nahm ihren Stock und stützte sich vorsichtig darauf. »Alles wieder so weit in Ordnung.«
Wir schwiegen einen Moment. »Wir sind noch nicht fertig«, sagte Susanne und sah Evan an. »Ich will jetzt alles wissen.«
Mit gesenktem Kopf stand Evan da, wie ein Hund, der erwartete, gleich mit einer Zeitung eins übergezogen zu bekommen. »Es war bloß das eine Mal«, sagte er.
»Manchmal reicht das schon«, bemerkte Bob.
»Jedenfalls hat sie sich so einen Schwangerschaftstest aus der Apotheke geholt«, sagte Evan. »Zwei oder drei Tage bevor sie verschwunden ist.«
»Und was ist dabei herausgekommen?«, fragte Susanne.
»Ich glaube, er war positiv«, sagte Evan.
»O Gott«, sagte Susanne.
»Oder negativ.« Evan runzelte die Stirn. »Kommt positiv oder negativ raus, wenn man nicht schwanger ist?«
»Negativ«, sagte Susanne.
»Echt?«, fragte er. »Ich dachte, es wäre positiv, wenn man nicht schwanger ist.«
Susanne starrte ihn finster an. »Also, war sie nun schwanger oder nicht?«
»Keine Ahnung«, sagte er. »Ich war nicht dabei, als sie den Test gemacht hat. Man muss so ein Stäbchen in seinen Urin halten, und dann …«
»Ich weiß, wie das funktioniert«, zischte Susanne ihn an.
»Na ja, sie hat gesagt, alles wäre okay, ich bräuchte mir keinen Kopf zu machen. Also kriegst du kein Baby, habe ich gefragt? Und sie meinte, alles wäre bestens, die Sache sei gelaufen.«
»Hat sie definitiv gesagt, dass sie nicht schwanger ist?«, hakte Susanne nach.
Evans Schultern hoben sich einen Zentimeter. »Na, so hat sie’s doch wohl gemeint, oder? Und ehrlich, ich wollte auch nichts anderes hören.«
Susanne und ich wechselten einen Blick. Damit wussten wir immer noch nichts Genaueres.
»Wann ist das passiert?«, fragte ich.
»Kurz bevor sie nach Milford gefahren ist, um den Sommer bei Ihnen zu verbringen«, sagte er.
»Und wo?«, wollte Susanne wissen.
Evan sah immer noch zu Boden. »Bei uns zu Hause. Ihr wart auf einer Party an dem Abend.«
»Ich fasse es nicht«, sagte Bob. »Susanne und ihre Tochter ziehen bei uns ein, und du …«
»Moment«, sagte
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