In Todesangst
nickte. »In Wahrheit kann ich mir gar keinen neuen Laster leisten.«
»Dachte ich mir schon.«
»Ich hatte einem Bekannten versprochen, eine Fuhre Mist für ihn zu transportieren, aber mein eigener Laster sprang nicht an«, sagte er. »Vierzig Dollar bar auf die Kralle, da konnte ich nicht nein sagen.«
»Verstehe.« Ich nahm noch einen Schluck Bier.
»Na ja, ich weiß selber, dass das nicht ganz astrein war«, sagte Fletcher. »Aber jetzt wissen Sie jedenfalls Bescheid.«
Ich nickte.
»Beim nächsten Mal versuche ich’s vielleicht besser bei Toyota«, fügte er hinzu.
Ich grinste. »Das wäre nett.«
Er erwiderte mein Lächeln. »Na ja, es tut mir wirklich leid. Ich habe echt Scheiße gebaut, aber es war nicht böse gemeint.«
Ich trank noch einen Schluck. »Wie heißt Ihre Tochter?«, fragte ich.
»Sofia«, erwiderte er.
»Hübscher Name«, sagte ich.
»Hmm, jetzt sollte ich aber schleunigst wieder los«, sagte er. »Früher konnte ich so einen Sechserpack problemlos allein wegschlucken, aber inzwischen habe ich schon nach einer Dose genug.«
Ich stand auf und begleitete ihn hinaus. Wir blieben bei meinem CR-V stehen und schüttelten uns die Hand.
»Wenn ich in der Lotterie gewinne, kaufe ich einen Laster bei Ihnen«, sagte er.
»Klingt gut«, sagte ich.
Als ich zum Haus zurückgehen wollte, hörte ich plötzlich Reifen quietschen.
Ein Motor heulte auf. Jemand raste die Straße entlang.
Als ich mich umdrehte, drang ein gedämpfter Knall an meine Ohren. Für einen Sekundenbruchteil erhaschte ich einen Blick auf einen dunklen Van, der die Straße entlangbretterte …
… als Fletcher sich gegen mich warf und von den Beinen riss.
Zusammen landeten wir im kühlen Gras, während weitere gedämpfte Schüsse, zwei oder drei vielleicht, ertönten.
»Los, ducken!«, bellte Fletcher mir ins Ohr.
Als ich den Kopf wandte, sah ich kurz die Rücklichter des Vans, ehe sie im Dunkel verschwanden.
Wir verharrten noch einen Moment auf dem Rasen, bevor wir uns wieder aufrappelten. Ich wandte mich zu meinem Wagen um und sah, dass die Heckscheibe in tausend Scherben zersplittert war.
»Ein Sechserpack warmes Bier ist vielleicht nicht der Oberhammer«, sagte er. »Aber jetzt dürften wir so ziemlich quitt sein, oder?«
ACHTUNDZWANZIG
Ich eilte ins Haus und rief die Polizei. Als ich wieder nach draußen kam, stieg Richard Fletcher gerade in seinen gelben Pinto.
»He«, rief ich. »Wo wollen Sie hin?«
Er ließ das Fenster herunter. »Nach Hause, wohin sonst?«
»Die Polizei ist unterwegs«, sagte ich. »Die werden mit Ihnen reden wollen. Sie sind schließlich Zeuge, dass auf mich geschossen worden ist.«
»Ich habe doch gar nichts gesehen«, gab er zurück. »Ehrlich, ich habe schon genug Probleme als alleinerziehender Vater. Sollten die Bullen bei mir auftauchen, werde ich abstreiten, je hier gewesen zu sein. Noch mehr Scheiße am Hacken kann ich echt nicht gebrauchen, okay?«
Er drehte den Zündschlüssel; beim dritten Versuch sprang die uralte Kiste an. Er nickte mir noch einmal zu und bog nach links auf die Hill Street ein. Der Motor keuchte und röchelte wie ein Lungenkranker, dann entschwand der Pinto meinem Blick.
***
Kurz darauf wimmelte es auf unserer Straße nur so von Polizei. Vor meinem Haus stand ein gutes halbes Dutzend Streifenwagen; der grelle Schein der Blaulichter zuckte über die umliegenden Häuser. Etwas weiter entfernt parkte der Ü-Wagen irgendeiner TV-Crew. Die halbe Nachbarschaft tummelte sich auf dem Bürgersteig gegenüber. Die Leute tuschelten und versuchten sich zusammenzureimen, was passiert war, während die Cops mein Grundstück mit gelbem Absperrband abriegelten.
Ein paar Beamte hatten bereits mein Haus betreten. Inzwischen kannten sie sich dort bestimmt bestens aus.
Kip Jennings und ich standen in der Nähe der Haustür. »Dieser Zeuge«, sagte sie. »Wie war der Name noch mal?«
»Richard Fletcher«, sagte ich. »Er wohnt am Coulter Drive.«
»Und wo ist er hin?«
»Er ist nach Hause gefahren.«
»Wie bitte? Dieser Fletcher rettet Ihnen das Leben und macht sich dann einfach vom Acker?«
»Tja, genau so sieht’s aus«, sagte ich.
»Wieso war er überhaupt hier?«
»Weil er sich bei mir entschuldigen wollte«, sagte ich. »Er hat mir neulich einen Wagen, mit dem er eine Probefahrt gemacht hatte, völlig verdreckt zurückgebracht und kam heute Abend mit einem Sechserpack Bier vorbei – als Wiedergutmachung sozusagen. Die Schüsse fielen, als er
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