In Todesangst
ihr ohnehin klargemacht, dass es nicht in Frage kommt und sie am nächsten Morgen das Feld räumen muss. Vielleicht ist sie deshalb mitten in der Nacht abgehauen.«
»Kann das jemand bestätigen?«, fragte sie.
»Warum?«
»Ich frage bloß.«
Plötzlich fiel mir Kate wieder ein. Ja. Immerhin hatte sie beobachtet, wie ich mit Patty ins Haus gegangen war. Aber wollte ich Kate tatsächlich mit in diese Angelegenheit hineinziehen? Würde ich dadurch womöglich alles nur noch verschlimmern?
»Ja, da wäre schon jemand, der mich mit Patty gesehen hat«, sagte ich. »Aber … nun ja, es ist eine Frau, von der ich mich erst kürzlich getrennt habe.«
»Und wie heißt diese Frau?«, hakte Jennings nach.
»Kate Wood«, sagte ich. »Sie ist hier vorbeigefahren, als ich Patty ins Haus gebracht habe. Ich habe danach mit ihr telefoniert und ihr erklärt, was los war.«
»Bestand denn Erklärungsbedarf?«, fragte Jennings.
»Na ja, ich … Ich wollte nicht, dass sie auf falsche Gedanken kommt«, sagte ich. »Sie wollte wahrscheinlich nur kurz vorbeisehen und mit mir reden, und dann sieht sie mich plötzlich mit einem jungen Mädchen …«
»Mit Ihnen reden? Ich dachte, Sie hätten sich getrennt?«
»Ja«, sagte ich. »Das stimmt auch. Du meine Güte, es ist doch ganz normal, dass man das Bedürfnis hat, noch mal miteinander zu sprechen, wenn eine Beziehung in die Brüche gegangen ist, oder?«
»Haben Sie mir sonst etwas zu sagen?«, fragte Jennings.
»Was? Ja, und ob. Ich würde gern wissen, was Sie eigentlich unternehmen, um Sydney zu finden. Dauernd stellen Sie mir irgendwelche Fragen, aber von Ihnen kommt nie etwas! Ich bin den ganzen Tag unterwegs gewesen, habe Hunderten von Menschen Syds Foto gezeigt. Kann ich mal erfahren, was Sie getan haben – oder ist es Ihnen sowieso scheißegal, was mit meiner Tochter passiert ist?«
Einen Moment lang musterte Jennings mich wortlos. »Bin gleich wieder da«, sagte sie dann.
Als sie die Küche verließ, sah ich, wie sie nach ihrem Handy griff.
Ich lehnte mich an den Kühlschrank und versuchte zu verarbeiten, was in der letzten Stunde geschehen war.
Von Sydney gab es immer noch keine Spur.
Ein Mordanschlag war auf mich verübt worden.
Wo bist du, Syd? Warum meldest du dich nicht? Was geht hier vor?
Kurz darauf kam Jennings wieder herein. Sie steckte ihr Handy in die Tasche. »Also, noch mal von vorn«, sagte sie. »Wann haben Sie Patty abgeholt, und was ist dann passiert? Versuchen Sie sich an jedes Detail zu erinnern.«
»Wieso?«, fragte ich. »Was ist denn so wichtig daran?«
»Tja«, sagte Jennings. »Seit sie bei Ihnen war, ist sie spurlos verschwunden.«
NEUNUNDZWANZIG
Folgendes erfuhr ich von Kip Jennings:
Patty hatte einen Teilzeitjob in einem Modeschmuckladen in der Connecticut Post Mall. Sie hätte dort um zehn Uhr morgens erscheinen sollen, aber niemand hatte sich sonderlich Gedanken gemacht, als sie um halb elf immer noch nicht da gewesen war. In Sachen Pünktlichkeit hatte sich Patty noch nie sonderlich hervorgetan.
Als sie um elf aber immer noch nicht aufgetaucht war, riefen ihre Kolleginnen erst auf ihrem Handy und anschließend bei ihr zu Hause an, aber unter beiden Nummern war niemand zu erreichen.
Eine ihrer Kolleginnen wusste, wo Pattys Mutter arbeitete, und rief sie in ihrem vollverglasten Bürokabuff in der Bridgeport Avenue an. Carol Swain hatte ihre Tochter seit dem Vortag nicht mehr gesehen. Zwar war es nichts Außergewöhnliches, dass Patty erst spät nach Hause kam, doch hatte sie sich bereits gewundert, als sie ihre Tochter am Morgen nicht angetroffen hatte. Zudem war es noch nie vorgekommen, dass Patty nicht zur Arbeit erschienen war.
Als Carol Swain nach Hause kam und Patty immer noch nicht da war, rief sie selbst auf dem Handy ihrer Tochter an und überlegte, als sie Patty nicht erreichen konnte, bei welcher Freundin sie sein könnte – mit dem Ergebnis, dass sie sich eingestehen musste, überhaupt keine Freunde ihrer Tochter zu kennen. Als sie schließlich mit einer Kollegin sprach, mit der sie gelegentlich nach der Arbeit noch etwas trinken ging, hatte diese ihr geraten, die Polizei einzuschalten.
Gegen sechs hatte Pattys Mutter auf dem Revier angerufen. Wahrscheinlich sei gar nichts, hatte sie fast entschuldigend gesagt, so seien die Mädchen von heute eben. Aber ob man ihr sagen könne, ob ihre Tochter vielleicht Opfer eines Unfalls geworden war?
Der Beamte am anderen Ende hatte verneint und Carol Swain gefragt, ob
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