In Tödlicher Mission
Doctor Bird genannt wird. Das Männchen dieser Art ist etwa fünfundzwanzig Zentimeter lang, wobei siebzehn Zentimeter davon den Schwanz ausmachen – zwei lange schwarze Federn, die gebogen sind und einander überkreuzen und deren Innenränder eine leicht gewellte Form aufweisen. Der Kopf und der Rücken sind schwarz, die Flügel dunkelgrün, der lange Schnabel leuchtend rot, und die glänzenden, vertrauensseligen Augen sind schwarz. Der Körper schillert in einem so umwerfenden Smaragdgrün, dass es das intensivste Grün in der Natur ist, wenn die Sonne direkt auf die Brust des Vogels scheint. Auf Jamaika erhalten besonders beliebte Vögel Spitznamen. Der
Trochilus polytmus
wird »Doctor Bird« genannt, weil die beiden langen Schwanzfedern die Menschen an die schwarzen Rockschöße eines altmodischen Arztes erinnern.
Mrs Havelock war zwei Familien dieser Vögel besonders zugetan, weil sie sie bei der Nektarsuche, beim Kämpfen, beim Nestbau und beim Liebesspiel beobachtet hatte, seit sie geheiratet hatte und nach Content gezogen war. Sie war mittlerweile über fünfzig und hatte so viele Generationen dieser beiden Familien kommen und gehen sehen, seit die ursprünglichen zwei Paare von ihrer Schwiegermutter die Spitznamen Pyramus und Thisbe sowie Daphnis und Chloe erhalten hatten. Doch die nachfolgenden Paare hatten die Namen behalten, und nun saß Mrs Havelock mit ihrem eleganten Teeservice auf der breiten, kühlen Veranda und beobachtete, wie sich Pyramus mit einem schrillen Schrei auf Daphnis hinunterstürzte, der gerade den letzten Nektar aus seinem eigenen großen Chinahutbusch getrunken und sich dann zwischen die Blüten des Teufelsrückgrats geschlichen hatte, das Pyramus’ Revier war. Die beiden winzigen schwarz-grünen Kometen wirbelten über die vielen Hektar Rasenfläche davon, auf der hier und da Hibiskus- und Bougainvilleasträucher wuchsen, bis sie in den Zitrushainen außer Sichtweite verschwanden. Sie würden schon bald wieder zurück sein. Der ständige Kampf zwischen den beiden Familien war ein Spiel. In diesem großen, üppig bepflanzten Garten gab es genug Nektar für alle.
Mrs Havelock stellte ihre Teetasse ab und nahm sich ein Sandwich mit Anchovipaste. »Sie sind wirklich ganz schreckliche Angeber«, sagte sie.
Colonel Havelock linste über den Rand seines
Daily Gleaners
. »Wer?«
»Pyramus und Daphnis.«
»Oh, ja.« Colonel Havelock fand die Namen albern. »Sieht so aus, als würde Batista schon bald auf der Flucht sein«, entgegnete er. »Castro hält den Druck ordentlich aufrecht. Ein Bursche im Barclay’s hat mir heute Morgen erzählt, dass schon jetzt eine Menge Fluchtgeld hergebracht wird. Angeblich wurde Belair an die Nominierten verkauft. Einhundertfünfzigtausend Pfund für vierhundert Hektar voller Viehzecken und ein Haus, das die Feuerameisen bis Weihnachten aufgefressen haben werden! Und plötzlich hat jemand dieses scheußliche Blue Harbour Hotel gekauft, und es gibt sogar Gerüchte, dass Jimmy Farquharson einen Käufer für sein Grundstück gefunden hat – ich vermute, die Blattfleckenkrankheit und die Fusariose bekommt man gratis dazu.«
»Das würde mich für Ursula freuen. Die Ärmste hält es hier draußen kaum aus. Aber ich kann nicht behaupten, dass mir die Vorstellung gefällt, dass die ganze Insel von diesen Kubanern aufgekauft wird. Aber Tim, wo bekommen sie denn überhaupt das ganze Geld dafür her?«
»Gaunereien, Gewerkschaftsfonds, Regierungsgelder – weiß der Himmel. Dieses Land ist voller Ganoven und Gangster. Sie wollen ihr Geld zweifellos so schnell wie möglich aus Kuba herausschaffen und in etwas anderes investieren. Jamaika ist jetzt, da wir diese Konvertierbarkeit mit dem Dollar haben, ebenso gut dafür geeignet wie jedes andere Land. Der Mann, der Belair gekauft hat, hat das Geld offenbar aus einem Koffer auf den Fußboden von Aschenheims Büro geschaufelt. Ich schätze, er wird das Anwesen ein oder zwei Jahre lang behalten, und wenn der Ärger dann vorbei ist oder Castro es geschafft hat und mit dem Aufräumen fertig ist, wird er es wieder auf den Markt werfen, einen annehmbaren Verlust einstecken und woanders hinziehen. Irgendwie schade. Belair war früher mal so ein schönes Anwesen. Man hätte es wieder zu seinem alten Glanz zurückführen können, wenn es irgendjemandem aus der Familie wichtig gewesen wäre.«
»In den Zeiten von Bills Großvater war es viertausend Hektar groß. Der Verwalter brauchte drei Tage, um die Grenze
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