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In Tödlicher Mission

In Tödlicher Mission

Titel: In Tödlicher Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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gut«, erwiderte er wütend. »Aber eines kann ich Ihnen versichern: Wenn wir hier lebend rauskommen, werde ich Ihnen dermaßen den Hintern versohlen, dass Sie eine Woche lang nicht sitzen können.« Er zuckte mit den Schultern und fügte resigniert hinzu: »Gehen Sie. Ich kümmere mich um die anderen. Wenn alles nach Plan läuft, treffen wir uns hier wieder. Falls nicht, komme ich zum See und sammle Ihre Einzelteile auf.«
    Die junge Frau ließ die Bogensehne los und sagte gleichgültig: »Ich bin froh, dass Sie Vernunft zeigen. Diese Pfeile lassen sich nur schwer herausziehen. Machen Sie sich um mich keine Sorgen. Aber halten Sie sich versteckt und achten Sie darauf, dass sich das Sonnenlicht nicht in Ihrem Fernrohr spiegelt.« Sie schenkte Bond das knappe, mitleidige, selbstgefällige Lächeln einer Frau, die das letzte Wort hatte, drehte sich um und machte sich auf den Weg.
    Bond beobachtete die geschmeidige dunkelgrüne Gestalt, bis sie zwischen den Baumstämmen verschwunden war. Dann griff er ungeduldig nach seinem Fernrohr und kehrte zu seinem Aussichtspunkt zurück. Zum Teufel mit ihr! Es war an der Zeit, diese dämliche Kuh aus seinem Kopf zu verbannen und sich auf den Auftrag zu konzentrieren. Hätte er sonst noch etwas tun können – irgendwie anders mit der Situation umgehen können? Nun musste er darauf warten, dass sie den ersten Schuss abgab. Das war schlecht. Doch wenn er als Erster schoss, konnte niemand vorhersagen, was dieses hitzköpfige Miststück tun würde. Bond beschäftigte sich kurz mit dem Gedanken daran, was er mit dem Mädchen anstellen würde, sobald das hier vorbei war. Dann bewegte sich etwas vor dem Haus, und er verdrängte diese aufregenden Gedanken und hob sein Fernrohr.
    Das Frühstück wurde von den beiden Hausmädchen abgeräumt. Von den Frauen oder den Handlangern war nichts zu sehen. Von Hammerstein lag zurückgelehnt auf den Kissen einer Außencouch, las eine Zeitung und wandte sich gelegentlich an Major Gonzales, der rittlings auf einem eisernen Gartenstuhl in der Nähe seiner Füße saß. Gonzales rauchte eine Zigarre, hob von Zeit zu Zeit affektiert eine Hand an seinen Mund, lehnte sich zur Seite und spuckte ein Stückchen Tabak auf den Boden. Bond konnte nicht hören, was von Hammerstein sagte, aber seine Kommentare waren Englisch, und Gonzales antwortete auf Englisch. Bond schaute auf seine Uhr. Es war halb elf. Da sich unten auf der Veranda nichts zu tun schien, lehnte sich Bond mit dem Rücken an den Baumstamm und widmete sich mit äußerster Sorgfalt dem Savage. Gleichzeitig dachte er daran, was er in Kürze damit würde tun müssen.
    Bond gefiel diese Vorstellung nicht, und auf dem Weg von England nach Amerika hatte er sich immer wieder daran erinnern müssen, was für Männer seine Zielpersonen waren. Der Mord an den Havelocks war eine besonders schändliche Tat gewesen. Von Hammerstein und seine Handlanger waren besonders schändliche Männer, und viele Menschen auf dieser Welt wären vermutlich sehr froh, wenn sie sie aus persönlicher Rache vernichten könnten, wie diese junge Frau es vorhatte. Doch für Bond was es anders. Er hatte kein persönliches Problem mit ihnen. Das hier war lediglich ein Auftrag – genauso wie es der Auftrag eines Kammerjägers war, Ratten zu töten. Er war der öffentliche Scharfrichter, der von M ernannt worden war, um die Gesellschaft zu repräsentieren. Gewissermaßen, argumentierte Bond im Geiste, waren diese Männer ebenso Feinde seines Landes wie die Agenten von SMERSCH oder anderer feindlicher Geheimdienste. Sie hatten dem britischen Volk den Krieg erklärt und ihn auf britischem Boden geführt, und momentan planten sie einen weiteren Angriff. Bonds Verstand suchte fieberhaft nach zusätzlichen Argumenten, um seine Entschlossenheit zu stärken. Sie hatten das Pony und den Hund der jungen Frau einfach so getötet, als wären sie lästige Fliegen gewesen. Sie …
    Ein Ausbruch von Automatikfeuer unten im Tal ließ Bond hochschnellen. Er riss das Gewehr hoch und zielte, als der zweite Schuss fiel. Dem lauten Knall folgten Gelächter und Applaus. Der Eisvogel, der nur noch eine Handvoll zerzauster blauer und grauer Federn war, klatschte auf den Rasen und lag hilflos flatternd da. Von Hammerstein, aus dessen Maschinenpistole noch Rauch quoll, ging die paar Schritte auf den Vogel zu, stampfte mit der Ferse seines nackten Fußes auf und drehte sie ruckartig. Er zog den Fuß weg und wischte ihn im Gras neben dem Federhaufen ab. Die

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